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George GERSHWIN

1898 - 1937

George Gershwin war der Sohn russischer Einwanderer.
Die VorfahrenDie Mutter, Rose Bruskin, war die Tochter eines St. Petersburger Kürschnermeisters, sparsam, geschäftstüchtig, realistisch.
Vater Moritz, eher träumerisch veranlagt, war Enkel eines Rabbiners und Sohn eines Offiziers des Zaren. Den Name Gerschowitz mußte er bei seiner Immigration in die Vereinigten Staaten ein wenig modifizieren.
So kam sein Sohn als George Gershwin zur Welt.
Gemeinsam mit seinem sprachlich talentierten Bruder Ira sollte George Gershwin die Welt der Unterhaltungsmusik um unschätzbare lyrische Kleinodien bereichern
Als er mit zwölf erstmals Klavierunterricht erhielt, hatte er sich bereits auf dem mechanischen Instrument der Nachbarn eine Geläufigkeit beigebracht, die alle in Erstaunen versetzte.

Bald improvisierte er neue Melodien zu perfekten Harmonien.
Erste VorbilderSein Klavierlehrer Charles Hambitzer schulte nicht nur das pianistische Raffinement. AlsParteigänger der Moderne von Arnold Schönberg, der im Exil Gershwins Tennispartner werden sollte, erschloß er dem Schüler auch die Welt eines Maurice Ravel, eines Claude Debussy, eines Franz Liszt - und nahm ihn in Konzerte mit den führenden Pianisten jener Zeit mit: Gershwin studierte das romantische Virtuosentum bei Größen wie Josef Hofmann, Joseph Levine und Ferruccio Busoni.

Zwar hätte Mutter Gershwin es gern gesehen, wenn ihr Sohn den Lehrberuf ergriffen hätte. Doch George wählte die Musik.
Mit 15 wurde er Song-Plugger eines New Yorker Musikverlags. Das heißt: Er zog durch Bars und Kinos, um Songs aus seinem Verlag bekannt zu machen.
Und er brachte Melodien zu Papier, die gut verdienende Komponisten ihm vorpfiffen - weil sie gar keine Noten schreiben konnten.
Begegnung mit Irving BerlinEiner dieser Komponisten war Irving Berlin, der begeistert war, was der junge Song Plugger aus einer seiner gepfiffenen Melodien machte. Gershwin spielte Berlin seine Musik so perfekt arrangiert und harmonisiert vor, daß er sie kaum noch erkannte
Als Gerswin ihn bat, sein Assistent werden zu dürfen, ließ er sich die ersten Lieder des jungen Kollegen vorspielen - und beschied ihm:
Warum, zum Teufel, wollen Sie für jemand andern arbeiten?
Arbeiten Sie für sich selbst!

Dem Ratschlag Irving Berlins folgend, gab Gershwin den Wunsch Konzertpianist zu werden bald auf und widmete sich eigenen Kompositionen.
Die Musik der Afroamerikaner war ihm bei der Suche nach einem eigenständigen amerikanischen Idiom hilfreich. Im Verein mit Bruder Ira schuf er in improvisatorischer Geschwindigkeit neue Songs, darunter innerhalb einer Viertelstunde so dauerhafte Kreationen wie Swanee oder die Vertonung von Iras so prophetischem If You Want 'em, You Can Get 'em.

Die Lieder George Gershwins sollten sich als dauerhafter erweisen als die großen Broadway-Shows, in denen sie die Publikumsmagneten wurden.Kein Mensch kennt mehr die seichte Komödie Lady Be Good, doch die Welt singt immer noch den Titelsong. Und auch The Man I Love aus der selben Show.
Gershwins Erfolgsrezept: Jede seiner Nummern zeichnet einen ganz speziellen Charakter, eine spezielle Situation; und jede wartete daher auch mit Besonderheiten, kleinen harmonischen oder melodischen Überraschungen auf. Es gibt keine Schablone für einen Gershwin-Hit. Jeder ist ein kleines, unverwechselbares Kunstwerk.

Diese Eigenschaft ermöglichte Gershwin auch seinen Traum von der Oper zu realisieren: Porgy and Bess wurde dank der subtilen psychologischen Zeichnung der Figuren durch musikalische Charaktere zum Welterfolg.

Auch die quasi symphonischen Werke, die Gershwin für den Konzertsaal schuf, zeichnen sich durch Originalität und höchste Kunstfertigkeit aus. Die Rhapsody in Blue ist eine vollwertige Tondichtung, kein Arrangement von Melodien für den Konzertgebrauch, das Klavierkonzert stellt eine originelle, handwerklich vollkommen beherrschte Anverwandlung der klassischen dreisätzigen Konzertform dar.

Kein Wunder, daß Maurice Ravel, als Gershwin ihn um Privatstunden bat, ablehnte, angeblich mit der Begründung
Warum wollen Sie ein zweitklassiger Ravel werden, wo Sie doch ein erstklassiger Gershwin sind?
Angeblich soll Ravel den Kollegen bei jener Begegnung nach seinen jährlichen Einkünften gefragt haben. Auf Gershwins Schätzung - 250.000 Dollar - hätte Ravel entgegnet: Da sollte eher ich bei Ihnen Unterricht nehmen.

Das Klavierkonzert

Gershwins ehrgeizigstes »symphonisches« Projekt war zweifellos das Concerto in F, sein Klavierkonzert, das seine Entstehung der Uraufführung der Rhapsody in Blue verdankt. Bei dem Konzert in der New Yorker Aeolian Hall am 12. Februar 1924 war ein illustres Publikum zugegen, darunter derDirigent Walter Damrosch. Er sorgte schon am folgenden Tag für einen Kompositionsauftrag der »Symphonic Society of New York«. Gershwin sollte seine in der Rhapsody bewiesene Geschicklichkeit an einem waschechten Klavierkonzert demonstrieren. 500 Dollar stellte man dem Komponisten dafür in Aussicht. Doch Gershwin hatte zunächst andere Aufträge abzuarbeiten und ging auf Torunee. Daher konnte er sich erst eineinhalb Jahre später dem Gedanken zuwenden, ein dreisätziges Konzert klassischen Zuschnitts zu komponieren. Wobei er sich in einem Internview mit der »New York Tribune« durchaus skeptisch gab, was das Ansinnen betraf:

Damrosch hat mit großes Vertrauen entgegengebracht. ... Ich hatte ja noch nie etwas Symphonisches geschrieben! In London habe ich nun begonnen das Konzert zu komponieren, aber erst, nachdem ich vier oder fünf Bücher über musikalische Formemlehrer erworben hatte, um herauszufinden, wie so ein Konzert tatsächlich aufgebaut ist. Glauben Sie mir, ich mußte da durch, ganz einfach weil ich bereits einen Vertrag unterschrieben hatte, mein neues Stück selbst sieben Mal aufzuführen.

Ende 1925, zurück in Amerika, begann Gershwin fieberhaft, seine Entwürfe für das Concerto auszuarbeiten. Einen Titel hatte er bereits gefunden: New York Concerto sollte das Werk heißen, eine Idee, die Gershwin später wieder verworfen hat.

Gleichzeitig mit dem symphonischen Versuch hatte der Komponist die Partituren des Broadway-Musicals Tip-Toes und des Soundtracks zum Film Song of the Flame zu vollenden. Am 10. November 1925 konnte er aber den Schlußstrich hinter die Konzert-Partitur ziehen. Das Werk hieß nun simpel Concerto in F.

Gershwin war sich in Sachen Formgebung und Instrumentation nicht sicher. So arrangierte er zwei Wochen vor der offiziellen Uraufführung zu Probezwecken ein Orchester aus 55 Musikern, um das Konzert im Globe Theatre selbst einmal durchzuspielen. Damrosch und etliche Freunde waren dabei. Und waren so freudig überrascht wie der Komponist selbst:

Sie können sich meine Erleichterung denken, als die Musik tatsächlich klang, wie ich sie mir vorsgestellt hatte.

Noch Jahre später erklärte er, der Moment dieser Probe-Auffürung sei der gewaltigste Nervenkitzel seines Lebens gewesen.

Die eigentliche Premiere ging am Nachmittag des 4. Dezember 1925 in der Carnegie Hall über die Bühne. Leider hat sich keine Aufnahme erhalten, in der Gershwin den Solopart selbst spielt. Lediglich eine gekürzte Version des Final-Satzes erklang mit dem Komponisten am Flügel anläßlich einer TV-Show im November 1933. Davon gibt es ein → Video-Dokument, das hören läßt, daß Gershwin angesichts der heiklen selbstgestellten Aufgaben pianistisch keineswegs vollkommen sicher agiert, aber diese Musik naturgemäß »sparkling« wie kein Zweiter »über die Bühne bringt«.

Folgt man Gershwins eigenem Urteil, war Oscar Levant der kundigste Interpret des Solo-Parts. Er hat das Konzert - nebst den beiden Rhapsodien und einigen Solo-Piecen - in den frühen Vierzigerjahren (unter Alfred Wallenstein) für Schallplatten aufgenommen. Ein Klassiker - hörenswert nicht nur wegen Levants lässig-punkgenauer Rhythmik, sondern auch wegen des traumverloren-quasi-improvisatorisch geblasenen Trompetensolos im Mittelsatz . . .

Levant spielte das Concerto auch 1944, als Arturo Toscanini sich entschlossen hatte, das Werk in seinen NBC-Konzerten aufzuführen. Dabei entstand die berühmteste Aufnahme des Werks, gewiß nicht die besste, aber jene, die das Concerto endgültig für den Konzertbetrieb zu »adelte«.

↑DA CAPO

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