Chick Corea
1999
Chick Corea hat für das Festival "Osterklang" ein neues Stück komponiert: milde Meditationsmusik eines ehemaligen Revoluzzers. Außerdem spielte der Künstler Mozart im Musikverein. Das war ein Fehler.
Chick Corea hat anläßlich seiner Zusammenarbeit mit Friedrich Gulda die Klassiker lieben gelernt. Seit einiger Zeit hat er auch Mozarts d-Moll-Klavierkonzert im Repertoire. Für das "Osterklang"-Festival setzte sich der Pianist wieder einmal an den Flügel, um auch dieser Leidenschaft zu frönen. Es war kein guter Abend für Mozart.
Obwohl die Kombination Klassiker-Jazzpianist eine spannende sein könnte. Denn auch Mozart hat seine Musik improvisatorisch nach Lust und Laune verändert, wenn er am Flügel saß. Das weiß man, weil manches Konzert bei voll ausgeschriebenen Orchesterstimmen nur mit einer skizzenhaften Klavierstimme überliefert ist.
Chick Corea tut nun mit Mozart, was er gewöhnt ist: Er swingt sich, ehe das Werk beginnt, mit einem kleinen improvisatorischen Solo ein, das hübsch die Synkopen der ersten Mozart-Takte vorbereitet. Das ist so originell wie die Tatsache, daß Corea selbstverständlich auch eigene Kadenzen zu musizieren imstande ist.
Daß er aber mehrmals während der Aufführung aussteigt, daß er viele filigrane Passagen schlampig absolviert und Läufe verschmiert, das läuft weniger unter Spontaneität denn unter der Rubrik Nachlässigkeit. Die dürfte man Mozart bei einem Wiener Festival nicht angedeihen lassen.
Natürlich paßt Coreas lässiges Spiel viel eher zu seinen eigenen Kompositionen. Für den "Osterklang" hat er ein "Easter Offering" geschrieben, sanfte Meditationsmusik, zwischen Jazz, Korngold und Hindemith angesiedelt, von Coreas Gruppe und Solisten des London Philharmonic behutsam musiziert.
Apropos London Philharmonic: Mit Mozart gab dieses Orchester diesmal eine bedenkliche Visitenkarte ab _ wie prachtvoll hat dieses Ensemble noch im Brucknerjahr geklungen, wie disparat tönen jetzt die Bläserharmonien!