Starke Oper über einen Schwachen
Stefan Zweig, ein großer Geist, zu schwach für seine Zeit, treibt in der Kammeroper durch sein Leben. Oper oder nicht Oper ist nicht die Frage: Christoph Cechs Komposition ist ein Wurf, zur Uraufführung kongenial in Szene gesetzt.
Herbst 1996
Alfredo Bauers Libretto zu "Aus allen Blüten Bitternis", sprachlich kein Meisterwerk, zeigt in 19 Dialogszenen Stationen der Vita Stefan Zweigs - von den Anfängen in den Kreisen der wienerischen Kaffeehausliteratur über die Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung bis zum Selbstmord im brasilianischen Exil.
Christoph Cech hat den Getriebenen mit einem somnambulen musikalischen Kosmos umgeben.
Zweig selbst, eine Sprechrolle, ist umringt von mehr oder weniger exaltiert singenden Zeitgenossen und einem Orchesterklang, der - vom Janus-Ensemble unter Johannes Wildner suggestiv realisiert - den traumwandlerischen Charakter der biographischen Erfahrungen eines kultivierten Menschen, der mit den brutalen Zeitumständen nicht zurecht kommt, symbolisiert: poetisch, von Gitarrengeklimper und Ziehharmonikavibrato, dann wieder von unbarmherzigen Schlagzeugrepetitionen durchzogen - je nachdem, ob der Dichter von seiner Liebe zu Friderike Winternitz träumt oder die widrigen, allen zartbesaitet-kultivierten Ambitionen im Keim erstickenden Zeitläufte ihren Tribut fordern.
Cech balanciert souverän zwischen subtilen, zuweilen sogar spritzigen Jazzanklängen und weitausholenden, den tonalen Raum phantastisch ausweitenden Melismen.
Ob späterhin in dem brillant arrangierten Amalgam ein persönlicher Stil auszumachen sein wird, tut nichts zur Sache: Die Partitur dieser neuen Oper kennt viele faszinierende, dramaturgisch unmittelbar wirksame Szenen und erweist sich insgesamt als packende Energiequelle für einen anregenden Theaterabend.
Den hat Regisseur Stephan Bruckmeier in dem ebenso simplen wie feinfühlig auf die jeweilige Situation abgestimmten Bühnenbild von Ingrid Leibezeder inszeniert. Keine falsche Bewegung trübt den Gesamteindruck. Jeder Moment der Handlung wird unmittelbar sinnfällig. Die gegängelte, an Marionettenfäden geführte Antisemitin, die Zweigs Mutter von der Parkbank prügeln will, der naive Zwischenvorhang mit Kaffeeböhnchen und Äffchen, vor dessen Hintergrund Zweigs Blauäugigkeit angesichts seiner Wahlheimat Brasilien spürbar wird, oder das einfach arrangierte Schlußtableau mit dem seinem Freitod entgegendämmernden Ehepaar: Hier glaubt ein Regisseur nicht nur an die Kraft seiner Bilder, sondern auch an jene der Musik, die zuletzt als immer undurchdringlicher wuchernder Organismus das Bühnengeschehen "aufsaugt".
Alfons Noventa als "negativer Held" Zweig durchzieht das Stück schlafwandlerisch, umkreist von singenden Trabanten, aus deren vokal nicht umwerfend virtuosem Ensemble Martin und Roland Winkler, Beatrice Petitet und Helene Le Corre ein wenig herausragen. Nur hier blieben Wünsche offen: Diese Produktion, ein wenig schöner gesungen, dürfte nicht nach vier Aufführungen schon wieder vom Spielplan verschwinden. Sie ist ein starkes Lebenszeichen neueren, nota bene österreichischen Musiktheaters.
Christoph Cech hat den Getriebenen mit einem somnambulen musikalischen Kosmos umgeben.
Zweig selbst, eine Sprechrolle, ist umringt von mehr oder weniger exaltiert singenden Zeitgenossen und einem Orchesterklang, der - vom Janus-Ensemble unter Johannes Wildner suggestiv realisiert - den traumwandlerischen Charakter der biographischen Erfahrungen eines kultivierten Menschen, der mit den brutalen Zeitumständen nicht zurecht kommt, symbolisiert: poetisch, von Gitarrengeklimper und Ziehharmonikavibrato, dann wieder von unbarmherzigen Schlagzeugrepetitionen durchzogen - je nachdem, ob der Dichter von seiner Liebe zu Friderike Winternitz träumt oder die widrigen, allen zartbesaitet-kultivierten Ambitionen im Keim erstickenden Zeitläufte ihren Tribut fordern.
Cech balanciert souverän zwischen subtilen, zuweilen sogar spritzigen Jazzanklängen und weitausholenden, den tonalen Raum phantastisch ausweitenden Melismen.
Ob späterhin in dem brillant arrangierten Amalgam ein persönlicher Stil auszumachen sein wird, tut nichts zur Sache: Die Partitur dieser neuen Oper kennt viele faszinierende, dramaturgisch unmittelbar wirksame Szenen und erweist sich insgesamt als packende Energiequelle für einen anregenden Theaterabend.
Den hat Regisseur Stephan Bruckmeier in dem ebenso simplen wie feinfühlig auf die jeweilige Situation abgestimmten Bühnenbild von Ingrid Leibezeder inszeniert. Keine falsche Bewegung trübt den Gesamteindruck. Jeder Moment der Handlung wird unmittelbar sinnfällig. Die gegängelte, an Marionettenfäden geführte Antisemitin, die Zweigs Mutter von der Parkbank prügeln will, der naive Zwischenvorhang mit Kaffeeböhnchen und Äffchen, vor dessen Hintergrund Zweigs Blauäugigkeit angesichts seiner Wahlheimat Brasilien spürbar wird, oder das einfach arrangierte Schlußtableau mit dem seinem Freitod entgegendämmernden Ehepaar: Hier glaubt ein Regisseur nicht nur an die Kraft seiner Bilder, sondern auch an jene der Musik, die zuletzt als immer undurchdringlicher wuchernder Organismus das Bühnengeschehen "aufsaugt".
Alfons Noventa als "negativer Held" Zweig durchzieht das Stück schlafwandlerisch, umkreist von singenden Trabanten, aus deren vokal nicht umwerfend virtuosem Ensemble Martin und Roland Winkler, Beatrice Petitet und Helene Le Corre ein wenig herausragen. Nur hier blieben Wünsche offen: Diese Produktion, ein wenig schöner gesungen, dürfte nicht nach vier Aufführungen schon wieder vom Spielplan verschwinden. Sie ist ein starkes Lebenszeichen neueren, nota bene österreichischen Musiktheaters.