Julius Bürger
1897 - 1995
Der geborene Wiener, der in den Dreißigerjahren in die USA emigrieren mußte, wäre als Rundfunkpionier gern ständig für die Londoner BBC tätig gewesen, der es jedoch nie gelungen ist, dem »Ausländer« eine Aufenthaltsgenehmigung für England zu verschaffen.
Bürger, der bei Franz Schreker zunächst in Wien, dann in Berlin studiert hatte, war als Assistent Artur Bodanzky bereits in den späten Zwanzigerjahren erstmals an der Metropolitan Opera in New York tätig gewesen, ehe er Assistent Otto Klemperers an der Berliner Krolloper wurde. Deutschland mußte er nach der Machtübernahme Hitlers verlassen, über Wien und London ging er mit seiner Frau dann in die USA - viele seiner Familienmitglieder wurden zu Opfern des Holocaust: Fünf seiner Brüder starben in Auschwitz, die Mutter wurde bereits auf der Fahrt dorthin erschossen.
»Potpourris« für London
Bürger hatte nach der Flucht aus Deutschland zunächst den Londoner Sender als wichtigstes Betätigungsfeld gefunden: Für die BBC schuf er das sogenannten Potpourri, das anders als die musikalische Kleinform einer Mixtur verschiedener Musikstücke eine einstündige Sendung war, die melodramatisch von einem Erzähler moderiert wurde - eine Art musikalisches Hörspiel. Dieser Vorläufer der später allseits beliebten moderierten Radiosendung (wie sie ein halbes Jahrhundert später in Österreich etwa vom Sender Ö1 mit dem Pasticcio etabliert wurde), war Bürgers Erfindung. Allerdings hatte er sie nicht für die englische Station gemacht, sondern für den Berliner Rundfunk. Dort ging 1933 ein Potpourri unter dem Titel »Wien« mit Musik von Lanner und der Strauß-Dynastie auf Sendung, das man in London hörte und nach der Machtübernahme Hitlers als ideale Werbung für da »freie« Österreich empfand. Man holte Bürger nach England, um das Radio-Feature für die BBC auf Englisch neu zu gestalten. Die Nachricht hörte man in Bürgers Heimatstadt gern:Der »Wiener Tag« berichtete in der Silvester-Ausgabe 1933 ausführlich.
Wieder um »Wiener Tag« erläuterte der Komponist seine »Erfindung« nunmehr selbst in einem launigen Feuilleton.
In New York wirkte der Emigrant später bis in die frühen Sechzigerjahre als Korrepetitor an der Metropolitan Opera. Die durchaus erfolgreich begonnene Komponistenkarriere Bürgers war durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten unterbrochen worden. Der Nachlaß Bürgers liegt zum Teil in der Sammlung der Wiener Institution → »Exil.Arte« und harrt noch der gründlichen Aufarbeitung.
Allein die Themenwahl für seine Potpourris wäre eine Studie wert. So gab es neben einfachen, einstündigen Lieder-Potpourris, bei denen der Komponist verschiedene Sänger am Flügel begleitete, Bürger-Sendungen über die Hochzeitsreise eines jungen Paares, über Geographie, es gab Städteportraits oder ein Feature zur Geschichte des britischen Empire. Stets musizierten Solisten und ein Orchester, um die Erzählung akustisch zu illustrieren. 1945 schrieb Bürger sogar das Libretto für eine veritables Victory Rhapsody.
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eher von seinem Können als von der Kraft seiner Inspiration.
1927 heißt es von den Kompositionen, sie seien
von gefälliger Erfindung in der Struktur der Spätromantiker.