Nr 1: Symphonie classique

Als Symphoniker hat Sergej Prokofieff - ganz anders als mit seinen stürmischen frühen Klavierkonzerten - überraschenderweise retrospektiv begonnen:

Wie Haydn komponieren würde, wenn er noch am Leben wäre.
So lautete der Kommentar zur sogenannten »klassischen Symphonie« von 1917. Prokofieff arbeitete mitten in den revolutionären Ereignissen in seiner Heimat in Stille und Abgeschiedenheit in der Nähe von St. Petersburg. Er, der sein Publikum durch rhythmisch und harmonische Attacken in Schrecken versetzt hatte, der zwei Symphonien und eine Sinfonietta geschrieben, aber nicht veröffentlicht hatte, lotete nun die ironisch-humorige Seite seiner Künstlerpersönlichkeit aus. Während der die Werke Kants las, skizzierte er eine hintergründige Stilstudie in klassischer Form, unverkennbar in seiner Zeit komponiert, aber die formalen Muster auf geistreiche Weise neu belebend.

Der bedeutende Pianist Prokofieff zog es zu Studienzwecken vor, dieses Werk nicht am Klavier zu komponieren, sondern seine Imagination ganz durch die Möglichkeiten der Orchesterklänge inspirieren zu lassen.

Die Erste wurde unter dem Titel Symphonie classique denn auch in ihrer spritzigen, brillant-neoklassizistischen Machart, seine populärste Symphonie. Dank wahrhaft klassizistischer Formgebung: knapp, klar konturiert, dabei höchst melodisch und von mitreißendem rhythmischem Elan. Tänzerische Beschwingheit herrscht auch noch im wunderbar melodiösen langsamen Satz. Und die Gavotte, die an Stelle des gewohnten Menuetts erklingt, verwertete Prokofieff später für eine der Repräsentationsszenen im Ballett Romeo und Julia.

↑DA CAPO