Welche Sprache sprach Mahler?
Mahler, der tschechische Meister
Böse Untertöne bei Ehrungen in des Komponisten mährischer Heimatgemeinde
Juni 1996
Deutsch ist verpönt, wenn in Mähren Gustav Mahler geehrt wird: In Kalischt feierte man mit Unterstützung eines deutschen Autokonzerns die Renovierung von Mahlers Geburtshaus - und verwehrte dem Präsidenten der Internationalen Gustav-Mahler-Gesellschaft eine Rede in des Komponisten Muttersprache.
Just am Tag der tschechischen Parlamentswahlen lud man in der kleinen Ortschaft Kaliste-Kalischt - in der Nähe von Iglau - zum Volksfest: Gefeiert wurde mit einem kleinen Konzert von Mitgliedern der Tschechischen Philharmonie der Beginn der Renovierungsarbeiten an einem im Moment beinahe baufällig wirkenden Haus, in dem bis vor kurzem ein Wirtshaus untergebracht war. Heute haust dort ein einsamer Mann und hütet die im Hinterhof lebenden Hühner und Schafe.
Dort, so erfuhren die Festgäste, kam 1860 der "tschechische Komponist" Gustav Mahler zur Welt. Nun wurde eine Gesellschaft gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, das desolate Geburtshaus zu revitalisieren.
Die Mahlers waren zwar schon wenige Wochen nach der Geburt Gustavs nach Iglau gezogen, wo der sensible Knabe aufwuchs und das "Deutsche Gymnasium" besuchte.
Die Redner aber - nicht zuletzt Zdenek Mahler, ein weitschichtiger Verwandter des Komponisten (und Drehbuchautor des ORF) - gaben sich überzeugt, daß nichts im Leben eines Menschen so bedeutend sei wie der Ort, an dem er das Licht der Welt erblickt hat.
So sei Mahler, "von der Landschaft um Kalischt geprägt" worden.
Daß der Komponist etwas mit der österreichischen Musikgeschichte zu schaffen gehabt hätte, wurde in Kalischt geradezu schamhaft verschwiegen. Nur Österreichs Botschafter sprach nach dem tschechischen Kulturminister und einigen Honoratioren Grußworte - aber in englischer Sprache.
Er sagte seine Rede jedoch im letzten Moment ab, weil man ihm bedeutete, daß eine deutschsprachige Rede "nicht möglich" sei.
Bischof wollte, wie die "Presse" erfuhr, über die Schwierigkeiten sprechen, mit denen die Mahler-Interpretation bis heute zu kämpfen habe. Denn Mahler sei "alles, nur bestimmt kein tschechischer Komponist" gewesen.
Eben die Mixtur aus "böhmischem Musikanten, österreichischer Musiziertradition und jüdischer Geisteswelt" sei das Bezeichnende, so Bischof, und mache bis heute den Zugang schwer.
Das in Mahlers Sprache zu sagen, war in Kalischt "nicht möglich".
Möglich war ein französischer Vortrag des Mahler-Forschers Henry-Louis La Grange. Möglich war zuvor gottlob auch, daß Dagmar Peckova - übrigens höchst ausdrucksstark - die "Lieder eines fahrenden Gesellen" in jener Sprache sang, in der Mahler den Text selbst gedichtet hatte: Deutsch.
Die Ehrengäste trugen, auch das war möglich, Ansteckfähnchen mit dem Namen der deutschen Autofirma, die für die Kosten der Feier aufgekommen ist und gleichzeitig ihre Produkte bewarb.
Dieses harrt nun seiner Revitalisierung.
Vis a vis findet sich ab sofort vor dem ehemaligen Schulgebäude ein "Mahler-Rosarium", das am vergangenen Samstag neu angelegt wurde.
Zwei Rosenstöcke stehen schon darin - zum Andenken an die Dirigenten Vaclav Neumann und Zdenek Kosler.
Just am Tag der tschechischen Parlamentswahlen lud man in der kleinen Ortschaft Kaliste-Kalischt - in der Nähe von Iglau - zum Volksfest: Gefeiert wurde mit einem kleinen Konzert von Mitgliedern der Tschechischen Philharmonie der Beginn der Renovierungsarbeiten an einem im Moment beinahe baufällig wirkenden Haus, in dem bis vor kurzem ein Wirtshaus untergebracht war. Heute haust dort ein einsamer Mann und hütet die im Hinterhof lebenden Hühner und Schafe.
Dort, so erfuhren die Festgäste, kam 1860 der "tschechische Komponist" Gustav Mahler zur Welt. Nun wurde eine Gesellschaft gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, das desolate Geburtshaus zu revitalisieren.
Die Mahlers waren zwar schon wenige Wochen nach der Geburt Gustavs nach Iglau gezogen, wo der sensible Knabe aufwuchs und das "Deutsche Gymnasium" besuchte.
Die Redner aber - nicht zuletzt Zdenek Mahler, ein weitschichtiger Verwandter des Komponisten (und Drehbuchautor des ORF) - gaben sich überzeugt, daß nichts im Leben eines Menschen so bedeutend sei wie der Ort, an dem er das Licht der Welt erblickt hat.
So sei Mahler, "von der Landschaft um Kalischt geprägt" worden.
Daß der Komponist etwas mit der österreichischen Musikgeschichte zu schaffen gehabt hätte, wurde in Kalischt geradezu schamhaft verschwiegen. Nur Österreichs Botschafter sprach nach dem tschechischen Kulturminister und einigen Honoratioren Grußworte - aber in englischer Sprache.
Nur gesungen wurde Deutsch
Das war für die angereisten Wiener Interessenten pikant, denn auch der Wiener Komponist Rainer Bischof, seines Zeichens immerhin Präsident der Gustav-Mahler-Gesellschaft, war erschienen, um programmgemäß ein paar Worte zu sprechen.Er sagte seine Rede jedoch im letzten Moment ab, weil man ihm bedeutete, daß eine deutschsprachige Rede "nicht möglich" sei.
Bischof wollte, wie die "Presse" erfuhr, über die Schwierigkeiten sprechen, mit denen die Mahler-Interpretation bis heute zu kämpfen habe. Denn Mahler sei "alles, nur bestimmt kein tschechischer Komponist" gewesen.
Eben die Mixtur aus "böhmischem Musikanten, österreichischer Musiziertradition und jüdischer Geisteswelt" sei das Bezeichnende, so Bischof, und mache bis heute den Zugang schwer.
Das in Mahlers Sprache zu sagen, war in Kalischt "nicht möglich".
Möglich war ein französischer Vortrag des Mahler-Forschers Henry-Louis La Grange. Möglich war zuvor gottlob auch, daß Dagmar Peckova - übrigens höchst ausdrucksstark - die "Lieder eines fahrenden Gesellen" in jener Sprache sang, in der Mahler den Text selbst gedichtet hatte: Deutsch.
Die Ehrengäste trugen, auch das war möglich, Ansteckfähnchen mit dem Namen der deutschen Autofirma, die für die Kosten der Feier aufgekommen ist und gleichzeitig ihre Produkte bewarb.
Blitzschlag
Kuriosum am Rande: Die angebliche Mahler-Geburtstätte, an der noch kein Quadratzentimeter instand gesetzt ist, ja, in der zur Feier des Tages nicht einmal die Fenster geputzt wurden, hat nichts mehr zu tun mit jenem Haus, in dem der Komponist 1860 zur Welt gekommen ist: Das Original war 1933 einem Blitzschlag zum Opfer gefallen und wurde in der Zwischenkriegszeit durch ein neues, architektonisch ganz anderes Gebäude ersetzt.Dieses harrt nun seiner Revitalisierung.
Vis a vis findet sich ab sofort vor dem ehemaligen Schulgebäude ein "Mahler-Rosarium", das am vergangenen Samstag neu angelegt wurde.
Zwei Rosenstöcke stehen schon darin - zum Andenken an die Dirigenten Vaclav Neumann und Zdenek Kosler.