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Reynaldo HAHN

1874 - 1947

Er war der Darling der Pariser Salons um die Jahrhundertwende. Marcel Proust verliebte sich in ihn und wählte ihn für einige Jahre zu seinem Lebenspartner. Außerdem rührte er kräftig die Werbetrommel für die feinsinnig-psychologisierenden Lied-Kompositionen seines Partners: Reynaldo Hahn wurde als einer der wichtigsten Meister der französischen mélodie zumindest zu Lebzeiten gerühmt.
Heute schätzen ihn nur noch Sänger, die sich für die spezielle Spielart des Sologesangs im Paris des fin de siècle interessieren.
Neben Liedern Faurés oder Massenets, der sein Lehrer war, können Hahns mélodies freilich bestehen. Sie zeichnen sich durch sensible Wort-Tonbalance aus und ein gutes Gespür für die Erfordernisse der Singstimmen.

Hahn war ein Wunderkind, komponierte schon mit 13 eine Vertonung eines Victor-Hugo-Gedichts, Si mes vers avient des ailes, das sogleich zum Schlager wurde.

Schon in der Studienzeit bei Jules Massenet schrieb Hahn eine poetische Südsee-Oper namens Lìle du reve, eine Art positiv gepolter Madame Butterfly, bei der das Opfer der Soldatenliebe ungeschoren davonkommt.
Die Musik balanciert zwischen zarter Emotionalität und unaufdringlich verarbeiteter Südsee-Folklore. Das knapp einstündige Werk kam 1898 an der Pariser Opéra Comique heraus.
Damals hätte niemand geahnt, daß Reynaldo Hahn als erster Pariser Operndirektor nach Ende des Zweiten Weltkriegs in die Annalen eingehen würde.
Sechs Opern und ebensviele Operetten hatte er bis dahin bereits komponiert. Als er zwei Jahre später starb, begann bereits der langsame Verdrängungsprozeß; für feinsinnige Spätestromantiker war im Paris der zukunftssüchtigen Avantgarde kein Platz mehr. Hahns Mentor Proust war schon 1922 gestorben. Auch nach der Trennung waren die beiden einander freundschaftlich verbunden geblieben.



↑DA CAPO

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