Jehan Alain

Jehan Alain kam 1911 in Saint-Germain-en-Laye, dem Geburtsort Claude Debussys zur Welt. Er war das älteste von vier musisch talentierten Kindern, die in einem Haus aufwuchsen, in dessen Wohnzimmer der Vater Albert, ein Komponist und Organist, eine raumgreifende dreimanualige Pfeifenorgel gebaut hatte. Nach einigen Jahren Klavierunterricht durfte Jehan unter Anleitung des Vaters auch an dieser Orgel spielen. Das veränderte sein Leben. Wiewohl ebenso als Zeichner und Schriftsteller begabt, trat er mit 16 Jahren ins Pariser Konservatorium ein, gewann mit 22 den ersten Preis für Harmonielehre und Fugenkomposition und beendete 1939 sein Orgelstudium bei Marcel Dupré ebenfalls mit der höchsten Auszeichnung.

Komposition studierte Alain unter anderem bei → André Bloch und → Paul Dukas. 1936 schloß er sich mit André Jolivet und Olivier Messiaen zur Gruppe Jeune France zusammen. In der Pariser Kirche St. Trinité, wo Messiaen Organist war, kamen Alains Jardin suspendu, Variationen über ein Thema von Jannequin, und der zweite der Trois Danse zur Uraufführung - worauf sich ein Kritiker erfreut über die »hohe Spiritualität der jungen Schule französischer Orgelkomponisten« äußerte. Das war 1938. Der Name Jehan Alain hatte bei französischen Musikkennern bald einen guten Klang. Erste Werke erschienen in Druck. Als der Zweite Weltkrieg begann, wurde Alain zur Armee eingezogen. Er nahm an der Schlacht von Flandern und der Evakuierung bei Dünkirchen teil. Nach einigen Tagen in England kehrte er zurück und fiel am 20. Juni 1940 während einer Erkundungsmission, für die er sich freiwillig gemeldet hatte.

Verloren ging eine Aktentasche, in der Alain eine Orchesterfassung seines Orgelwerks Trois Danses und sämtliche Stücke aufbewahrte, die er während seines Militärdienstes skizziert hatte.

In seinem kurzen Leben hat der dreifache Vater Alain über 100 Kompositionen geschrieben. Den Großteil davon für seine Instrumente Klavier und - vor allem - die Orgel. Sein berühmtestes Stück – Litanies gehört zu den beeindruckendsten Orgelwerken des XX. Jahrhunderts, das - nicht unähnlich der Technik des frühen Messiaen - modale Skalen in ungewöhnliche harmonische Gewänder kleidet.

Eine der wichtigsten Vorkämpferinnen für Alains Werk war die Schwester des Komponisten, Marie-Claire Alain (1926-2013), eine der großen Persönlichkeiten unter den Organisten ihrer Generation.

Die bekanntesten Werke Alains versammelt Toas Trotter auf einer CD mit den Litanies, den Troi Danses und der Suite op. 69. (argo)

DA CAPO