Ma mere l'oye
Ravels Märchen-Suite entstand aus einer launigen musikalischen Gabe für den Nachwuchs einer befreundetn Familie im Jahr 1908: Da schenkte der Komponist den musizierenden Kindern eine illustrative Fantasie für Klavier zu vier Händen über das Märchen La belle au bois dormant (zu Deutsch: »Dornröschen«). Der Erfolg war durchschlagend, nicht nur die Freunde, auch der Verleger Durand bestürmten Ravel, die Idee fortzusetzen und eine ganze Märchensuite zu schreiben.
So entstand der Zyklus Ma mère l’oye, inspiriert durch den in Frankreich geläufigen Untertitel zu Charles Perraults Märchensammlung.
Die vierhändige Fassung von Ma mère l’oye erklang erstmals 1910 in Paris. Wegen des großen Erfolgs drängte man Ravel bald dazu, auch eine Orchesterversion herzustellen - und aus dieser schließlich auch noch eine veritable Ballett-Musik zu machen, in der die verschiedenen Szenen durch Zwischenspiele miteinander verbunden sind.
Das Ballett erlebte im Jänner 1911 im Théâtre des Arts in Paris seine Uraufführung.
Aufbau
- Pavane de la belle au bois dormant
- Petit poucet (Der kleine Däumling)
- Laideronnette, impératrice des pagodes (Le serpentin vert, dt. Die grüne Schlange)
- Les entretiens de la belle et de la bête (Die Schöne und das Biest)
- Le jardin féerique (Der Märchengarten) – ein zauberisch-schönes Adagio, das aus geheimnisvoll-raunendem Beginn langsam und stetig in ein großes, rauschhaftes Finale mündet; vermutlich nicht auf einer Szene aus einem bestimmten Märchen basierend, sondern als stimmungsvoll abschließendes » . . .und wenn sie nicht gestorben sind . . .« erdacht. Die »Handlungen« der übrigen Sätze der Suite erschließen sich dank ihrer programmatischen Titel mühellos.