Schmidts G-Dur-Quartett
Das Küchl-Quartett nahm die Herausforderung an
6. Februar 1995
Kühne Harmonien
im jüngsten Abonnementkonzert des Küchlquartetts im Brahmssaal: Auf ein frühes Schubert-Werk folgte Zwölfgetöntes von Webern und nicht minder Kompliziertes von Franz Schmidt - ein philharmonisches Wagnis mit fulminantem Ausgang.
Es ist schon so: Dem Küchlquartett haftet ein wenig der Ruf des großzügig=wienerischen Musikantentums an. Man weiß, die vier Herren spielen meist animiert auf, wissen um die Geheimnisse, die "zwischen den Noten" stehen und verzichten folgerichtig darauf, das tatsächlich Notierte ernster zu nehmen als unbedingt nötig.
Aber, und das macht ihren Rang aus, sie verstehen sich diesbezüglich auch auf die ideale Grenzziehung. Diesmal hatten sie Franz Schmidts G-Dur-Quartett im Programm, ein Werk, das so dicht gesetzt ist, daß es den Analytiker beim Anblick der Partitur schwindelt.
Wie viel mehr muß die klangliche Realisierung der oft von Viertelnote zu Viertelnote changierenden harmonischen Wechselbäder den Hörer irritieren. Da ist mit augenzwinkernder Attitüde nichts auszurichten, das will akribisch austariert sein, soll das Stück nicht rettungslos zum akustischen Scherbenhaufen zertrümmert in sich zusammenfallen.
Beim Küchlquartett lichtete sich dem Hörer nicht nur das dichte Stimmengeflecht, traten nicht nur alle solistischen Passagen in goldrichtiger Balance aus der perfekt gewebten Harmonie. Die sorgfältig gearbeiteten Details vereinigten sich auch spürbar zur großen, sinnvoll gegliederten Gesamtheit, zum berührenden Stimmungszauber im Adagio, zum launigen Treiben im Scherzo.
Nirgends schien Schmidts die Tonalität bis zur Unkenntlichkeit ausreizende Experimentierfreude Selbstzweck. Wo über viele Takte hin der harmonische Grund schwankt, leitete schwungvolle melodische Entwicklung das Ohr sicher zum nächsten Ruhepunkt. Ein Lehrstück? Das auch, vor allem aber: ungetrübter musikalischer Genuß, als wär's die Begegnung mit einem alten Bekannten des Repertoires.
Das mußte dem Kenner schon dank der technischen Meisterschaft als Ereignis gelten, das konnte dem unvorbereiteten Hörer den Eindruck verschaffen, dieses zweite Schmidt-Quartett sei eine der schönen Eingebungen der spätesten Romantik, an der Seite von Schönbergs "Verklärter Nacht" vielleicht oder Zemlinskys Zweitem Quartett.
Und eben das ist es auch, wenn auch wegen großer Kompliziertheit im Normalfall nicht als solches zu erkennen; nicht einmal auf Schallplatten.
Musikantischer Geist, der bei Schubert selbstverständlich geherrscht hatte, brachte an diesem Abend auch die ätherischen künstlerischen Vorstellungen in Anton von Weberns spätem Streichquartett inmitten des Abends auf den Boden der Musikvereins-Realität.
Man kann, lernte man bei Küchl und Co., auch die miniaturisierten, oft nur auf ein, zwei Töne reduzierten Erben Brahms'scher Symphonieteile so servieren, daß der Hörer solche historischen Zusammenhänge ahnen könnte: Legt man nur entsprechend viel Ausdruck in den Einzelton, wird er vielleicht als später Abkömmling eines lyrischen Themas verständlich - und damit Weberns Verwurzelung in der Musikgeschichte.
Erstaunlich viele Überraschungen also für einen einzigen Quartettabend.
Es ist schon so: Dem Küchlquartett haftet ein wenig der Ruf des großzügig=wienerischen Musikantentums an. Man weiß, die vier Herren spielen meist animiert auf, wissen um die Geheimnisse, die "zwischen den Noten" stehen und verzichten folgerichtig darauf, das tatsächlich Notierte ernster zu nehmen als unbedingt nötig.
Aber, und das macht ihren Rang aus, sie verstehen sich diesbezüglich auch auf die ideale Grenzziehung. Diesmal hatten sie Franz Schmidts G-Dur-Quartett im Programm, ein Werk, das so dicht gesetzt ist, daß es den Analytiker beim Anblick der Partitur schwindelt.
Wie viel mehr muß die klangliche Realisierung der oft von Viertelnote zu Viertelnote changierenden harmonischen Wechselbäder den Hörer irritieren. Da ist mit augenzwinkernder Attitüde nichts auszurichten, das will akribisch austariert sein, soll das Stück nicht rettungslos zum akustischen Scherbenhaufen zertrümmert in sich zusammenfallen.
Beim Küchlquartett lichtete sich dem Hörer nicht nur das dichte Stimmengeflecht, traten nicht nur alle solistischen Passagen in goldrichtiger Balance aus der perfekt gewebten Harmonie. Die sorgfältig gearbeiteten Details vereinigten sich auch spürbar zur großen, sinnvoll gegliederten Gesamtheit, zum berührenden Stimmungszauber im Adagio, zum launigen Treiben im Scherzo.
Nirgends schien Schmidts die Tonalität bis zur Unkenntlichkeit ausreizende Experimentierfreude Selbstzweck. Wo über viele Takte hin der harmonische Grund schwankt, leitete schwungvolle melodische Entwicklung das Ohr sicher zum nächsten Ruhepunkt. Ein Lehrstück? Das auch, vor allem aber: ungetrübter musikalischer Genuß, als wär's die Begegnung mit einem alten Bekannten des Repertoires.
Das mußte dem Kenner schon dank der technischen Meisterschaft als Ereignis gelten, das konnte dem unvorbereiteten Hörer den Eindruck verschaffen, dieses zweite Schmidt-Quartett sei eine der schönen Eingebungen der spätesten Romantik, an der Seite von Schönbergs "Verklärter Nacht" vielleicht oder Zemlinskys Zweitem Quartett.
Und eben das ist es auch, wenn auch wegen großer Kompliziertheit im Normalfall nicht als solches zu erkennen; nicht einmal auf Schallplatten.
Musikantischer Geist, der bei Schubert selbstverständlich geherrscht hatte, brachte an diesem Abend auch die ätherischen künstlerischen Vorstellungen in Anton von Weberns spätem Streichquartett inmitten des Abends auf den Boden der Musikvereins-Realität.
Man kann, lernte man bei Küchl und Co., auch die miniaturisierten, oft nur auf ein, zwei Töne reduzierten Erben Brahms'scher Symphonieteile so servieren, daß der Hörer solche historischen Zusammenhänge ahnen könnte: Legt man nur entsprechend viel Ausdruck in den Einzelton, wird er vielleicht als später Abkömmling eines lyrischen Themas verständlich - und damit Weberns Verwurzelung in der Musikgeschichte.
Erstaunlich viele Überraschungen also für einen einzigen Quartettabend.