Niccolò Paganini

1782 - 1840

Mehr noch als auf den Pianisten Franz Liszt trifft auf den Geiger Paganini das Diktum zu: Er war der größte Virtuose, den die Welt je erlebt hat.

Jedenfalls darf Paganini als das Urbild des weltreisenden Violin-Stars gelten, der das Geigenspiel zu einer Attraktion gemacht hat.

Zeitgenössische Karikatur

Seinen ersten Unterricht hatte er von seinem Vater erhalten, dem Sproß einer ligurischen Bauernfamilie.
Über Vermittlung seines ersten professionellen Lehrers musizierte er als Wunderkind in Kirchen der Region. Die Zähigkeit seines Willens, auf dem Instrument alles zu erreichen, faszinierte bald auch Alessandro Rolla, einen Geiger aus Parma, der lange Zeit an der Wiener Oper tätig gewesen war und den Knaben Paganini nun unter seine Fittiche nahm, obwohl er der Ansicht war, daß Niccolò »als Geiger nichts mehr zu lernen hatte«.

Die Familie hatte ihre Vorstellungen: Der begabte Bub könnte als Theatergeiger zum Unterhalt der Familie beitragen.

Auf Rollas Empfehlung begann Paganini aber ein Kompositionsstudium und wurde einige Zeit von Ferdinando Paer unterwiesen, den Paganini lebenslang als den wichtigsten Lehrer bzeichnete.

Im übrigen legte er Wert darauf, Autodidakt gewesen zu sein. Um das Auskommen zu finden, verdingte sich Paganini zunächst als Orchestergeiger und musizierte ab 1808 mit seinem Carlo in einem Streichquartett am Hofe des Prinzen Felix in Lucca, dem er auch Musikunterricht erteilte.

Doch schon 1809 beschloß Paganini, als Solist durch die Welt zu ziehen. Ein Auftritt in Mailand (1813) bescherte ihm den internationalen Durchbruch. Er stieg zu höchstem Ruhm auf und wurde von den Potentaten mit allen Ehren überhäuft.
Wo immer er gastierte, rankten sich nicht nur um das Virtuosentum des »Teufelsgeigers«, sondern auch um sein Privatleben die wildesten Legenden.

Das immer wieder im Zusammenhang mit Paganinis auratischer Wirkung verwendete Wort mephistophelisch wollte Johann Wolfgang von Goethe nicht gelten lassen:
Mephistopheles ist ein viel zu negatives Wesen, das Dämonische aber äußert sich in einer durchaus positiven Tatkraft. Unter den Künstlern findet es sich mehr bei Musikern, weniger bei Malern. Bei Paganini zeigt es sich im hohen Grade, wodurch er denn auch so große Wirkungen hervorbringt.
Das durch lange Krankheit bedingte, abgezehrte Äußere des Künstlers mag zu seinem - von ihm selbst durch schwarze Kleidung geförderten »teuflischen« Image beigetragen haben.

Trister Lebensabend

Spekulationen um ein mit seinen immensen Einnahmen gegründeten Casino Paganini drohten ihn gegen Ende seines Lebens, als er schon von seiner ererbten Tuberkuloseerkrankung gezeichnet war, finanziell zu ruinieren. Daß man ihm krankhaften Geiz andichtete, widerlegte Paganini durch ein großzügiges Geschenk von 20.000 Francs an Hector Berlioz, der für ihn seine konzertante Symphonie Harold in Italien komponiert hatte.

Allerdings weigerte er sich stets, bei Proben ohne Publikum die Kadenzen in Violinkonzerten zu spielen: Im entscheidenden Moment hieß es dann in Richtung Orchester: » Et cetera, Messieurs« . . .

Weil er zuletzt eine Begegnung mit Geistlichen verweigerte, durfte Paganinis Leichnam nicht nach katholischem Ritus begraben werden.

Erst 1896 wurden seine sterblichen Überreste feierlich auf dem Friedhof zu Parma beigesetzt.

Nachruhm

Es war mehr sein Charisma und moderne Präsentationsformen als spieltechnische Neuerungen, die Paganinis Ruhm und Nachruhm begründeten. Immerhin: Neue Stricharten, die Erweiterung des Tonumfangs und die zirkusreife Kombination aus Arco- und Pizzicato-Passagen gehen auf ihn zurück.

Das Mittel der Skordatur wandte Paganini konsequent an: So spielte er sein Erstes Violinkonzert in D-Dur und stimmte die vier Saiten seines Instrument einen Halbton höher. Das Orchester spielte in Es-Dur. Das Soloinstrument bekam dadurch einen besonders strahlenden Klang.

Von seinem Werk überlebte zumindest das erste der Violinkonzerte und die 24 Solo-Capricci, die bis heute als eine der großen Herausforderungen für Geiger gelten. Die Nummer diente überdies wiederholt als Grundlage für Variationszyklen - unter anderem von Brahms, Rachmaninow und Boris Blacher.
Franz Liszt bearbeitete sechs der Capricen für Klavier - und verdankt manche Anregung für seine pianistische Virtuosenkarriere dem Erlebnis, Paganini spielen gehört zu haben.
Ähnliches gilt für Robert Schumann der nach einem Konzert des Geigers in Frankfurt, 1830, wieder konsequent an seiner pianistischen Technik zu arbeiten begann.

Paganini bei Strauß und Lehár

Auf seine Weise reagierte Johann Strauß Vater auf ein Wiener Gastspiel des Geigers: Er verarbeitete das Rondo La Campanella aus dem Zweiten Violinkonzert (h-Moll) in einem Walzer à la Paganini op. 11 (1828). Strauß Sohn stellt dasselbe Motiv in seiner Künstler-Quadrille von 1858 neben Fragmente aus Werken von Mozart, Beethoven, Schubert und Meyerbeer.

Franz Lehár machte den geheimnisumwitterten Geiger zum Helden einer nach ihm benannten Operette, die 1925 im Wiener Johann-Strauß-Theater uraufgeführt wurde.

Die Ehre, als erster eine Gesamtaufnahme der sechs überlieferten Violinkonzerte Paganinis gemacht zu haben, kam Salvatore Accardo zu, der kurz nach der Entdeckung der Partitur des Sechsten Konzerts in e-Moll daran ging, die Werke für die Deutsche Grammophon einzuspielen.

Unter den weniger bekannten Gesamtaufnahmen der 24 Capricen darf jene von Michael Rabin als Geheimtipp gelten.

       

↑DA CAPO