Peer Gynt

Schauspielmusik von Edvard Grieg, 1876

Es war die Idee des Dichters Henrik Ibsen, sein oft surrealistisches, in vielen höchst gesellschaftskritisches Drama Peer Gynt mit Musik zu versehen, um es seinen Zeitgenossen schmackhafter zu machen und für eine szenische Aufführung einzurichten. Seit 1867 waren drei Auflage der Buchausgabe erschienen und Ibsen wollte seine Dichtung auch auf der Bühne sehen.

Er erinnerte sich an den begabten jungen Kapellmeister Edvard Grieg, den er Mitte der 1860erjahre, während der Arbeit an seinem Drama, in Rom kennengelernt hatte. »Ein musikalisches Drama« sollte es werden, so schlug der laut Selbstanalyse völlig unmusikalische Ibsen dem Komponisten vor. Die Musik sollte also eine größere Rolle spielen als sonst im Sprechtheater üblich.

Grieg nahm die Herausforderung an, die ihm innerhalb der von Ibsen gesteckten Grenzen völlige Freiheit bot. Für die musikalischen Passagen stand es ihm sogar frei, genaue szenische Anweisungen nach seiner Vorstellung zu geben. Ibsen wollte Grieg die Hälfte der von ihm als Honorar ausbedungenen 400 Taler gewähren.

→ DIE TEILE DER SCHAUSPIELMUSIK

Die Uraufführung in Oslo, dem damaligen Christiania im Februar 1876 wurde (wider Erwarten) zum Triumph für den Dichter wie für den Komponisten - obwohl beide gar nicht im Theater anwesend waren. Unzufrieden mit dem klanglichen Ergebnis, das die kleine Theaterkapelle von 35 anläßlich der Premiere erzielte, arbeitete Grieg seine Partitur wiederholt um. Zuletzt beschäftigte er ein für Theaterverhältnisse immenses Instrumentalensemble. Allerdings war der Komponist bis an sein Lebensende nicht überzeugt von vielen Details des Gesamtwerks.

Erst lang nach seinem Tod erschien eine kritische Gesamtausgabe der Schauspielmusik, die Neeme Järvi 1987 für DG auf zwei CDs einspielte.

Für den Komponisten und seine Kritiker war die Partitur zu Peer Gynt der Beweis, daß er auch in anderen, größeren Maßstäben meisterliche zu arbeiten verstand als in denen, die seine vielen, vollendeten Miniaturen für Klavier, die sogenannten »Lyrischen Stücke« ahnen ließen.

Für den Konzertgebrauch hat Grieg acht Stücke aus der Schauspielmusik zu Orchestersuiten zusammengestellt, die sich viele Jahrzehnte lang höchster Beliebtheit erfreuten und für viele Musikfreunde - auch solchen, die der sogenannte »Klassik« prinzipiell fern standen - zum Inbegriff der musikalischen Romantik wurden. Nummern wie Morgenstimmung, Åses Tod, Solveigs Lied oder In der Halle des Bergkönigs wurden zu Wunschkonzert-Dauerbrennern.

Die Orchestersuiten

Suite Nr. 1, op. 46

  • Morgenstimmung
  • Åses Tod
  • Anitras Tanz
  • In der Halle des Bergkönigs


  • Suite Nr. 2, op. 55

  • Der Brautraub - Ingrids Klage
  • Arabischer Tanz
  • Peer Gynts Heimkehr. Stürmischer Abend auf dem Meer
  • Solveigs Lied


  • Herbert von Karajans Aufnahmen der beiden Peer Gynt Suiten gehören zu den hörenswertesten Aufnahmen der Berliner Philharmonikern überhaupt. Die Perfektion des Orchesterspiels, die pure Klangschönheit, aber auch die Zuspitzung in den kurzen, aber effektvollen dramatischen Episoden haben kaum Ihresgleichen in der Aufnahmegeschichte.

    Einiges mehr an Musik als in den beiden Orchestersuiten enthalten ist, hat bereits 1958 Sir Thomas Beecham mit seinem Roayl Philharmonic in London aufgenommen. Bis heute eine der besten, farbigsten Aufnahmen im Katalog, wenn auch - wie später bei Karajan - jeglicher groteske oder parodistische Zug ausgespart bleibt. (HMV/Warner)

    DA CAPO