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Franz von Suppè

1819 - 1895

Was die wienerische Unterhaltungsmusik fürs Theater betrifft, hatte Franz von Suppé die Nase vorn. Etliche Jahre vor dem Platzhirschen Johann Strauß komponierte er im Gefolge der Landnahme von Jacques Offenbachs Stücken die erste autochthone Operette.

Suppès Nachruhm basiert nicht zuletzt auf den zündenden Ouvertüren, die nie aus dem (Neujahrs-)Konzertgebrauch verschwunden sind. Aber auch Werke wie „Die schöne Galathée“ oder „Boccaccio“ kehrten immer wieder zurück in die Spielpläne.

Versuch mit der einst viel gespielten „Fatinitza“, 2019

Im Stadttheater Baden sah man 2019 nach vielen Jahren nun wieder eine einst viel gespielte Suppé-Operette, „Fatinitza“, in einer stimmigen Produktion von Leonard Prinsloo und als gute Ensemble-Leistung. Das ist in diesem Falle von Bedeutung, denn Suppès Partitur ist raffinierter als viele einfacher gestrickte Operetten-Kompositionen, setzt weniger auf simpel harmonisierte Ohrwürmer als auf subtil gebaute, vielstimmige Nummern, die Solostimmen und Chor kleinteilig miteinander verweben. Da klingt es hie und da nach Rossini, manchmal sogar nach einer zündenden Verdi-Stretta.

Das Badener Orchester ist da ganz bei der Sache, sichert unter Franz Josef Brezniks engagierter Leitung den Singstimmen das nötige Fundament und treibt die dramatische Bewegung auch pulsierend voran. Gesungen wird mehrheitlich tadellos. Bea Robein genießt ihre Verwandlung vom Leutnant zur mädchenhaften Fatinitza sichtlich, während die Regie den Geschlechtertausch zuletzt ein wenig überzeichnend zum allgemein gültigen Volksvergnügen erhebt.

Daß die unwahrscheinliche Story durch die wienerische Besiedelung des türkischen Harems noch einen Dreh an Skurrilität gewinnt, garantieren Franz Suhrada und René Rumpold, die in der Rolle des Izzet Pascha alternieren, die Lacher des Publikums, das angesichts des kaum noch bekannten Titels das Haus vielleicht skeptisch betritt, aber sicher animiert-amüsiert verläßt.

 


„Münchhauseniaden“ über sein Leben

Wer dann noch Lust hat, mehr über den Komponisten zu erfahren, greift zu dem Band von Andreas Weigel: „Franz von Suppé. Mensch, Mythos, Musiker, Ehrenbürger von Gars.“ Die Bezüge des vor 200 Jahren in Dalmatien geborenen Komponisten zum Kamptal näher aufzuspüren, war der Autor ausgezogen, Archive zu durchforsten. Er wurde in reichem Ausmaß fündig, sodaß es ihm gelang, ein Gutteil deßen, was in den bisherigen Suppé-Biographien aufgezeichnet war, als zumindest schlecht recherchiert, wo nicht frei erfunden zu erweisen. Mehrere Generationen sind da, so Weigel, den „Münchhauseniaden“ aufgeseßen, die zum Teil vom Komponisten selbst in die Welt gesetzt worden waren.

Von der Genealogie über die Beziehungen zu seinen beiden Ehefrauen bis hin zu Details des Schaffensprozeßes, die kurzen, oft tragischen Lebensläufe der Nachkommen nicht zu vergeßen, läßt sich nun alles nachlesen, was hieb- und stichfest nachzuweisen ist. Das vermittelt ein frisches, unverfälschtes Bild vom Vater der Wiener Operette. Zu sehen ist davon viel auch in der Suppé-Gedenkstätte in Gars, die Musik dazu liefert bis weit in den Jänner hinein noch das Stadttheater Baden.

Die neue Biographie stammt vom Literaturwissenschaftler Andreas Weigel: „Franz von Suppé. Mensch, Mythos, Musiker, Ehrenbürger von Gars“. Erschienen im Verlag des Zeitbrücke-Museums Gars. 426 Seiten. 29 Euro.
→ www.zeitbruecke.at



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