Die Streichquartette
Das Quartett in a-Moll op. 41/1 könnte man auch eine Fantasie für Streichquartett nennen, die mit einem unverkennbaren Zitat aus Beethovens a-Moll-Quartett op. 132 beginnt und im Adagio auch die Neunte Symphonie anklingen läßt - doch hier bereits wie eine von Ferne herüberklingende Erinnerung an Vergangenes. Originell-eigensinnig zeigt sich Schumann bereits in der Kontraswirkung zwischen der polyphonen langsamen Einleitung seines ersten Quartetts und dem folgenden Allegro, das - ungewöhnlich genug - in F-Dur beginng und dessen lyrisch-gesangliches Haupthema nicht ahnen läßt, welch kunstvollen Verarbeitungen es in der Folge unterzogen werden wird.
Im zweiten der Streichquartette, F-Dur (op. 41/2) hören wir dann noch das auch in der Klavier-Fantasie zitierte Nimm sie hin denn, diese Lieder aus Beethovens Liederzyklus »An die ferne Geliebte«. Das abschließende Quartett in A-Dur ist dann bereits durch und durch im lyrischen Schumann-Ton gehalten und verwandelt diese die klassischen Formmuster unverkrampft an. Wie bei Mendelssohns einschlägigen Werken aus dessen Opus 44 finden sich auch bei Schumann nun Lieder ohne Worte deren poetischer Inhalt sich paßgenau in klassische Formgewänder zu hüllen weiß, Papillons in Sonatenform, sozusagen. Auch der Symphoniker Schumann arbeitet auf diese Weise und überwindet damit das »Beethoven-Problem« seiner Generation subjektiv-originell. Er schiebt es quasi auf die lange Bank, an deren anderem Ende es später Johannes Brahms aufnehmen wird müssen...
Aufnahmen
Die Schumann-Quartette standen denn auch nicht unbedingt weit oben auf der Wunschliste der großen Streichquartett-Ensembles, wenn es um Schallplattenaufnahmen ging. Alle drei Werke haben in jüngerer Vergangenheit etwa das Hagenquartett und das Emersonquartett (beide für DG) eingespielt.
Bedeutende Aufnahmen findet man freilich eher als Solitäre - etwa die Einspielung des a-Moll-Quartetts durch das von Rudolf Kolisch geführte Pro-Arte-Quartett, Mitte der Vierzigerjahre. Die karg-knappe, durchwegs von großer Innenspannung, ja Nervosität getriebene Spielweise dieses für seinen analytischen Zugang hochgerühmten Ensembles läßt - bei aller technischen Mangelhaft des alten Rundfunkmitschnitts - einen Zugang zur musikalischen Romantik hören, der auf einer langen Spieltradition aufbaut und sensibel vor allem die kontrapunktischen Strukturen der Musik herausarbeitet. (Archiphon)
In einem klug programmierten Spannungsbogen setzte das Münchner Koeckertquartett das F-dur-Quartett in einem Konzert zwischen Mendelssohns Opus 12 und die subjektivistische Programm-Musik von Smetanas e-Moll-Quartett »Aus meinem Leben«. Drei höchst unterschiedliche Versuche, die klassische Form zu persönlichen Ausdrucks-Botschaften zu nutzen (Der Livemitschnitt erschien bei Orfeo auf CD).
Wunderbar entspannt und strömend spielt das Quartetto italiano das A-Dur-Quartett in einem Livemitschnitt aus dem Jahr 1977 aus Berlin - wo, selten genug, dieses Stück als Hauptwerk des Abends am Ende des Programms zu hören war - und diesen Rang neben Fugen-Kompositionen von Mozart, Beethoven (op. 133) und Strawinsky durchaus behaupten konnte.