Wenzel Müller
1767 -1835
Der aus dem mährischen Tyrnau gebürtige Komponist wurde im Stift Raigern, südlich von Brünn ausgebildet und wurde danach Schüler von Carl Ditters von Dittersdorf. Seine ersten Theaterdienste absolvierte er in Brünn, bevor ihn die Brüder Marinelli ans Leopoldstädter Theater nach Wien holten. Dort wirkte Müller fast ein halbes Jahrhundert lang als Kapellmeister und war mit seinen unzähligen Vertonungen von Komödien, Pantomimen und vor allem mit seinen Schauspielmusiken einer der Gründerväter der unverwechselbar wienerischen Unterhaltungsmusik. Die Couplets aus Müllers Feder waren in der Regel Ohrwürmer einfachster Machart, melodisch an der Wiener Volksmusik orientiert und sofort nachzusingen. Müller bediente sich immer wieder bekannter Melodiefragmente, die er mit enormer Fantasie immer neu zu verarbeiten wußte. Etliche seiner Nummern sind volkstümlich geworden. So sangen Kinder vieler Generationen das Lied Es geht ein Bi-Ba-Butzemann auf die Melodie von Müllers Ich hab' den ganzen Vormittag/in einem fort studiert. Wobei dieser Text (mit der etwas variierten Schlußwendung »in meiner Kneip' studiert«) im deutschen Sprachraum seit langem auf eine etwas andere Melodie gesungen worden war, die ebenfalls ungemein populär war und - apropos Wiener Unterhaltungsmusik - von Joseph Strauß in seinem Walzer Mein Lebenslauf ist Lieb' und Lust zitiert wird...
Beethoven wählte um 1803 Müllers Ich bin der Schneider Kakadu aus dem Singspiel Die Schwestern von Prag (1794) als Thema für seine Variationen op. 121a.
Die »Zauberzither«
Mit seiner Komödie Kaspar, der Fagottist - oder: Die Zauberzither auf ein Libretto von Joachim Perinet griff Müller unwissentlich möglicherweise stark in die »große« Musikgeschichte ein: Das Stück kam am Leopoldstädter Theater im Juni 1791 heraus und war ein eminenter Erfolg - wegen einiger Ähnlichkeiten in der Handlung sollen sich Mozart und Emanuel Schikaneder gezwungen gesehen haben, die Geschichte ihrer Zauberflöte ein wenig anders zu erzählen als im ursprünglichen Entwurf geplant, um allzu große Parallelen zu vermeiden. Wie weit diese Eingriffe gingen und ob tatsächlich, wie manchmal vermutet, im zweiten Akt der Zauberflöte nach der Premiere der Zauberzither die Charaktere von Königin der Nacht und Sarastro noch rasch in ihr Gegenteil verkehrt wurden, wie vielfach vermutet, ist allerdings völlig ungeklärt.Das Tagebuch
Mehr als drei Jahrzehnte lang führte Müller Tagebuch, womit das Wiener Theaterleben anschaulich dokumentiert ist. In den Anfängen ihrer Karrieren waren die großen Theatermänner Johann Nestroy und Ferdinand Raimund dankbar für Rat und Tat Müllers, der seine reiche Erfahrung in die Erneuerung des Wiener Theaters einbrachte.Alle bedeutenden Künstler jener Epoche, die in Wien lebten und arbeiteten, wurden Zeugen von Müllers Erfolgen. Von Franz Schubert weiß man, daß er mit seinem Freund Anselm Hüttenbrenner einer Aufführung von Müllers Aline - oder: Wien in einem andern Erdteil beiwohnte und in seiner zu jener Zeit entstandenen Wandererfantasie ein Thema aus einem Duett aus dieser Komödie verwendet haben soll - das dort auf die Worte Was macht den der Peterl, sag' blüht er recht schön? gesungen wurde.
Auch Müllers Posse Herr Josef und Frau Baberl (1826) liebte Schubert und bezeichnete sie einmal als unübertrefflich.
Zweimal lassen sich in Schuberts Werkkatalog auch ähnliche Sujets nachweisen, wie sie Müller bereits vertont hatte: