Heinrich Ludwig Egmont Dorn
1804 - 1892
Dorn ist in die Musikgeschichtsschreibung eingegangen, weil niemand Geringerer als Richard Wagner sein Nachfolger im Amt des Kapellmeisters der Oper von Riga wurde - und weil er in dieses Amt wieder zurückkehrte, nachdem Wagner klammheimlich aus der Stadt verschwand.
Mit Wagner ergab sich noch eine weitere »Kollision«: Nachdem durchgesickert war, daß der Konkurrent ein großes musikdramatisches Projekt über die Nibelungen-Sage in Arbeit hatte, brachte Dorn 1854 in Weimar seine Oper »Die Nibelungen« heraus, zu einem Zeitpunkt, da Wagner zwar bereits die Dichtung seines Rings lanciert hatte, aber als Komposition erst dessen »Vorabend«, Das Rheingold, vollendet war. Am Dirigentenpult stand bei der Uraufführung Wagners Förderer und späterer Schwiegervater Franz Liszt - die Partitur muß also von einiger Qualität gewesen sein, daß der Komponisten-»Kollege« sich dafür erwärmen konnte! Die Zeitgenossen bescheinigen einigen Passagen den rechten »Tafelmusik-Charakter«, sodaß Männergesangvereine Ausschnitte aus diesen Nibelungen noch im Repertoire hatten, als die gesamte Oper nach Aufführungen in einigen deutschen Hoftheatern längst von den Spielplänen verschwunden war.
Das Libretto Eduard Gerbers nach Ernst Raupachs 1828 publizierter Tragödie Der Nibelungen Hort enthält allerdings etliche bemerkenswerte Stilblüten. Etwa:
Soweit des Wächters Blicke reichen –
der Strand bedeckt mit Trümmern und mit Leichen
Die Abneigung gegen Wagner behielt Dorn noch lange nach dem Tod des so weit überlegenen Meisters: Noch 1892, 20 Jahre nach der Erstausgabe seiner Memoiren, publiziert er eine Schmähschrift unter dem Titel Gesetzgebung und Operntext.