Johann Joachim Quantz

1697-1773

Flötisten kennen seinen Namen als Autor des Versuchs einer Anweisung, die Flöte traversiere zu spielen (Berlin, 1752). Johann Joachim Quantz hat für sein Instrument an die zweihundert Sonaten, drei Dutzend Triosonaten und nicht an die 300 Konzerte komponiert. Mehrheitlich entstanden diese Stücke in seiner Dienstzeit beim flötespielenden Prinzen Friedrich von Preußen, der seiner musikalischen Leidenschaft noch frönte, als er König geworden war und den Kontinent als »Friedrich der Große« in gehörige Unruhe versetzte.

Quantz blieb in seinen Diensten und betreute die Hausmusik in Sanssouci, die dem König so wichtig war. Quantz durfte den komponierenden König auch im Tonsatz unterweisen und entwickelte für seinen Herrscher auch eigene Instrumente.

Dabei war Quantz nach seinen Gesellenjahre als Stadtpfeifer in Radeberg und Pirna als Oboist am sächsischen Hof engagiert gewesen und musizierte in der Kapelle von August II.

Bald wechselte er jedoch zur Flöte und war an grundlegenden Veränderungen des Spielstils und der Technik beteiligt, federführend etwa bei der Hinzufügung der zweiten Klappe, die der Querflöte ermöglichte, in vielen Tonarten eingesetzt zu werden. Auch der sogenannte Stimmzug, der das Stimmen des Instruments erleichtert, geht auf seine Initiative zurück.

Durch fortwährende Experimente wurde der Klang der Flöte, wie Quantz ihn sich erträumte:

dick, rund und männlich.

Der von ihm bevorzugte französische Stimmton, der tiefer lag als der damals in deutschen Landen gebräuchliche, sicherte dem Klang der Quantz'schen Musik ihre dunkle, kraftvolle Farbe, den auch die Verwendung des modernen Hammerflügels begünstigte, der am Hof Friedrichs II. bald dem Cembalo vorgezogen wurde.

Die Musik von Quantz ist vielseitiger als der berühmte Bericht ahnen läßt, den der umtriebige Musikschriftsteller Charles Burney über eines der Privatkonzerte des Königs verfaßt hat. Er stellte mit Hochachtung fest, daß der Komponist großen Einfluß auf Friedrich II. hatte - er, und nur er durfte es sich herausnehmen, den König zu loben oder gegebenenfalls auch zu tadeln.

Doch schreibt Burney über die Kompositionen - man spielte ausschließlich Werke aus der Feder des Königs oder seines Hofkomponisten - eher abschätzig, sie bedienten sich durchwegs des etwas oberflächlichen galanten Tonfalls der Zeit.

Ein Blick auf die Partituren lehrt, daß Quantz, anders als sein musizierender Herrscher, über eine breite Ausdruckspalette verfügte und durchaus empfindsame Momente und Nachklänge barocker Tänze und kontrapunktischer Formen kannte, daß er ausdrucksstarke, chromatische »Szenen« liebte und hie und da sogar Kammermusik schrieb, die opernhafte Deklamationen imitierte. Der unangefochtene Meister des Concertos, Vivaldi, und der gefragteste deutschen Opernkomponist, Hasse, gehörten durchaus auch zu den Vorbildern des preußischen Hofkomponisten, dessen revolutionäre Taten für die Flöte sogar Johann Sebastian Bach beeindruckt haben.

Dessen Sohn Carl Philipp Emanuel kam als Kammermusiker Friedrichs II. in die Einflußsphäre des älteren Kollegen - er gilt als Meister des sogenannten »empfindsamen Stils«, der einen Gegenpol zur »galanten« Musik jener Epoche bildete, die Burney für Quantz beansprucht.

Doch finden sich in Quantz' Sonaten und Konzerten genügend Beispiele für ausdrucksvolle Phrasen, an denen der Bach-Sohn Maßgenommen haben könnte. Man höre den Beginn des langsamen Satzes der Sonate in e-Moll (Quantz-Verzeichnis I:71) - der von Carl Philipp Emmanuel stammen könnte, aber viel früher entstanden ist.


↑DA CAPO