SINKOTHEK              ☰ 

Johann Nepomuk Hummel

1778 - 1837

Prägende Begegnungen mit allen drei Wiener Klassikern stehen am Beginn von Johann Nepomuk Hummels Karriere.

Mozart nahm den talentierten Knaben aus dem ungarischen (heute slowakischen) Wartberg in sein Wiener Haus auf und gab ihm kostenlos Unterricht.
Und Haydn empfahl ihn dann 1804 dem Fürsten Esterházy als seinen Nachfolger im Amt des Hofkapellmeisters. (Hummel schied nach sieben Jahren in Unfrieden aus dem fürstlichen Dienst.)

Beethoven wiederum betrachtete Hummel offenkundig als ebenbürtigen Gesprächspartner und unterzeichnete einen Brief mit »Dein Freund Beethoven«.

Geld für Beethoven

Angeblich hat Hummel später auch das eine oder andere Mal Beethoven finanziell unterstützt. Jedenfall beschreiben ihn die Zeitgenossen als großziügigen Mann. Mit Geld konnte er jedenfalls umgehen. In seiner Zeit als Kapellmeister in Stuttgart (1816-1818) kämpfte er für die Einführung von Urheberrechtsgesetzen für Komponisten, was damals einer ideellen Revolution gleichkam.

Der Klavier-Virtuose

Weniger revolutionär, aber wirkungsmächtig war Hummels pianistische Tätigkeit: Als Virtuose wie als Komponist von Klavierwerken wurde er zu einem der Vorreiter der romantischen Klavierschule und repräsentiert den Übergang von der Wiener Klassik und der von Beethoven geprägten Pianistik seiner Jugend in die musikalische Romantik.

Die Zeitgenossen empfanden ihn als Beethovens Konkurrenten - er selbst wußte durchaus um den qualitativen Abstand zwischen ihm und dem Giganten; und durfte auf Beethovens Wunsch bei einem Gedenkkonzert nach dessen Tod über den zweiten Satz von Beethovens Siebenter improvisieren.

Als Lehrer und Vorbild prägte er eine ganze Generation von Pianisten. Ferdinand Hiller, Adolf henselt, vor allem aber Sigismund Thalberg waren seine Schüler. Eine Zeitlang nahm sogar Felix Mendelssohn-Bartholdy bei ihm Unterricht.

Für die internationale Durchsetzung von Beethovens Schaffen hat Hummel beinah ebenso zäh gekämpft wie Franz Liszt. Davon Zeugen etliche Arrangements größerer Beethoven-Kompositionen für den kammermusikalischen Gebrauch.

Beethoven-Symphonien, arrangiert

Eine CD-Einspielung Hummelscher Trio-Versionen von Beethoven-Symphonien läßt hören wie die Zeitgenossen Beethovens Musik kennenlernen konnten.

Sieben der neun Werke hat Hummel für Flöte und Klaviertrio arrangiert, eine damals beliebte Besetzung, die ideal fürs häusliche Musizieren im Biedermeier war. Die Hummel'schen Ausgaben (nicht nur Beethoven'scher Werke) sind in vielerlei Hinsicht interessant, unter anderem auch, weil sie etwa im Fall der späten Mozart-Symphonien Metronomangaben überliefern, die uns die Tempo-Gebräuche der Musizierpraxis jener Ära nach des Komponisten Tod verraten.

Dank solcher Überlieferungen lassen sich auch mit hochmögenden Vertretern der Originalklangbewegung muntere Diskussionen führen. Was Beethoven betrifft, haben wir mit des Meisters originalen Geschwindigkeitsangaben schon genug zu tun. Aber die Aufnahmen von Hummels symphonischen Einrichtungen lehren uns einiges über die Musiziergewohnheiten zur Beethoven-Zeit. Wer damals eine der viel diskutierten, hoch modernen Beethoven-Symphonien hören wollte, musste ja zur Selbsthilfe greifen. Ein eigenes Orchester konnte sich bestenfalls Fürst Lobkowitz leisten, dem die „Eroica“ gewidmet ist, die auf der ersten CD der Gesamtaufnahme durch den Flötisten Uwe Grodd und das Gould Piano Trio zu hören ist, wie die Zeitgenossen des Komponisten sie selbst musizieren konnten.

Freilich können vier Spieler nicht die überwältigende Wirkung des Beethoven-Orchesters simulieren. Doch kommen im kammermusikalischen Kontext manche Schärfen und Eigenwilligkeiten von Beethovens Harmonik zur Geltung, die sich im großen Klang immer wieder verlieren.

Von der Lyrik im Heroischen

So ballen sich die Dissonanzen an den Höhepunkten der Durchführung im Kopfsatz der „Eroica“ eindringlich und ersetzen so mühelos die Schlagkraft eines orchestralen Fortissimos. Andererseits hört man hier ebenso, wie viel Lyrismus, wie viel Sensibilität auch in dieser „heroischen“ Musik steckt. Zumal der Pianist des Gould-Trios, Benjamin Frith, dank subtiler Anschlagkultur und rhythmischer Akkuratesse als eloquenter Spielmacher fungiert. Er treibt die dramaturgische Entwicklung stets mit Elan voran.

↑DA CAPO