John Abraham Fisher

1744 - 1806

Joseph Haydn ging einst nach London und machte dort Furore. Das weiß die Musikwelt. Aber, fragt man sich, was war in der englischen Metropole los, bevor Haydn kam?

Eine der zahlreichen Antworten darauf gibt eine CD-Aufnahme aus Pardubitz (Naxos), die sechs Symphonien aus der Feder John Abraham Fishers enthält. Der war lange vor Haydns Engagement eine der führenden Figuren im Londoner Musikleben. Vor allem als Theater-Komponist und Opernkapellmeister war der 1744 geborene Fisher geschätzt, ehe er Ende der Siebzigerjahre zu einer Europa-Tournee aufbrach, die ihn unter anderem auch nach Wien führte, wo er sich nachweislich 1784 aufhielt und Schlagzeilen machte, weil er die prominente Primadonna (und Mozart-Interpretin) Nancy Storace heiratete, aber so schlecht behandelte, daß die Ehe sogleich wieder geschieden und Fisher des Landes verwiesen wurde.

Da waren seine Symphonien schon geschrieben – sie entstanden etwa gleichzeitig mit den sogenannten »Sturm und Drang«-Symphonien Haydns und zeigen einen Meister auf der Höhe seiner Zeit.

Gewiß, den gewissen Ton, der eine simple Melodie zum Ohrwurm macht, die spezielle Modulation, die eine Harmonie bezaubernd wirken läßt und ihren Schöpfer zum Genie stempelt, diese »fernen Klänge« hat Fisher nie gefunden. Aber seine Musik kennt alle technischen Raffinements, die in jener Ära von Mannheim, der Residenz des allerbesten Orchesters, in die Welt gingen. Sie spricht die lingua franca der frühen Klassik und ist architektonisch durchwegs wohlgebaut.

Im übrigen ist Fisher als jener Mann eingegangen, der die Vortragsbezeichnung ppp erfand: Seine Zweiten Symphonie verklingt quasi im Nichts. Ein in dieser Form unerhörter Effekt, der ihn als ersten das besagte dreifache Piano vorschreiben - und drucken - ließ.

Als Geigenvirtuose war Fisher den Zeitgenossen beinah zu raffiniert. Manche Rezensenten ziehen ihn er Scharlatanerie, weil ihm auffällige Spielweisen vor inhaltlichem Reichtum gingen.

Dennoch gelangen ihm als Komponist große Erfolge. Sein Oratoriums Providence, 1777 im Jahr seiner Graduierung zu Doktor der Musik in Oxford entstanden, erfuhr in London etliche Wiederholungen in den folgenden Jahren.

Was aus Fisher im Gefolge seiner Europa-Tour und seiner Flucht nach der gescheiterten Ehe mit der Storace geworden ist, verschweigt die Historie jedoch. In den Erinnerungen Sydney, Lady Morgan, der Tochter des Dramatikers Robert Owenson, spielt er eine Rolle. Er war also in der Zeit um die Jahrhundertwende in Dublin aktiv. The Gentleman's Magazine meldet im Juni 1806, Fisher sei in Irland gestorben.

Die Erstaufanhame der Symphonien Nr. 1 bis 6 aus der Reihe von nur sieben Symphonien aus Fishers Feder entstand in Pardubitz durch das Tschechische Kammerorchester unter Michael Halász, eine Wiedergabe im Stil des mittleren XX. Jahrhundert, ungestört von Überlegungen der »Originalklang«-Ästhetik.




DA CAPO