LUIGI CHERUBINI
(1760 - 1842)
Luigi Cherubini war zu Lebzeiten einer der meistgeachteten Komponisten. Kollege Étienne-Nicolas Mehul bezeichnete ihn als den »bedeutendsten Komponisten Frankreichs«. Tatsächlich hatte sich der geborene Italiener 1786 - noch zu Zeiten des Ancien régime - in Paris angesiedelt, dann alle Unbilden der Zeit erlebt. Er wurde 1894 französischer Staatsbürger und war als Komponist, Kapellmeister, Lehrer (zeitweiliger Direktor des Conservatoire) und Musikverleger das Zentralgestirn im Pariser Musikleben.
Seine Hauptbeschäftigung als Komponist galt dem Musiktheater. Einige seiner an die 30 Opernpartituren galten Kollegen von Beethoven bis Schumann und Brahms als vorbildliche Meisterwerke.
Cherubinis→ Medea überdauerte die Zeiten, weil hin und wieder große Singschauspielerinnen sie als Vehikel zur Demonstration ihre vokalen und darstellerischen Künste nutzen, Maria Callas vor allem, aber auch Leonie Rysanek, Star einer unvergeßlichen Wiener Staatsopern-Premiere in pittoresken Bühnenbildern des Wiener phantastischen Realisten Arik Brauer.
Beethovens Wertschätzung
Bemerkenswert bleibt, dass Ludwig van Beethoven nicht nur die Opern Cherubinis besonders geschätzt hat. Ausdrücklich hat sich der große Klassiker gewünscht, man möge bei seinem Begräbnis Cherubinis Requiem in c-Moll erklingen lassen, was dann 1827 auch in die Tat umgesetzt wurde.Wenn auch vieles an dieser Partitur (zur Gedenkfeier anlässlich des 20. Jahrestages der Hinrichtung Ludwigs XVI. entstanden) handwerklich geschickt, aber vielleicht nicht genial inspiriert wirken mag - die nämlichen Klang-Topoi nutzt etwas später ein Giuseppe Verdi mit mehr Freiheit und Souveränität - kann eine Aufführung von Cherubinis Requiem auch jenseits der Fanfaren und Tamtam-Schläge des Jüngsten Gerichts doch beeindrucken. Carlo Maria Giulini war ein hervorragender Anwalt dieser Musik, die durchwegs den Opernkomponisten verrät.
Beinahe noch eindrucksvoller kann eine Aufführung der zweiten Requiem-Vertonung Cherubnis wirken, die (in d-Moll) nur für Männerstimmen gesetzt ist - und von der Igor Markevitch eine fantastische Aufnahme (für DG) in Prag gemacht hat.
Im Beeethoven-Jahr 2020 hat Riccardo Chailly (bei Decca) eine CD vorgelegt, auf der er neun Erstaufnahmen von Werken Cherubinis mit den Kräften der mailänder Scala eingespielt präsentiert, darunter eine energetische Symphonie in D-Dur für die Londoner Philharmonische Gesellschaft aus dem Jahr 1824, die heutige Musikfreunde vermutlich am ehesten an die Symphonien des frühen Schubert erinnern könnte.
Vor allem läßt diese CD Gelegenheitskompositionen hören, die Cherubinis Wendigkeit erweisen: Er schrieb selbstverständlich den Trauermarsch für Napoleons General Hoche (1797) ebenso wie den Krönungsmarsch für den Bourbonen Karl X. nach der Restauration der Königsherrschaft (1825), der von einem riesigen Orchester aus 200 Spielern aus der Taufe gehoben wurde.
Das Melosquartett hat (auf DG) 1976 die erste Gesamtaufnahme der Streichquartette Cherubinis vorgelegt.