Trompetenkonzert
1796
Das Trompetenkonzert (Es-dur Hob. VII/1) ist nicht nur Joseph Haydns letztes Konzert, sondern zugleich sein allerletztes Orchesterwerk, entstanden nach der zweiten Gruppe der »Londoner Symphonien« für den Wiener Hoftrompeter Anton Weidlinger. Die Gelegenheitskomposition wurde zu Haydns meistgespieltem Konzert - und zu dem Trompetenkonzert schlechthin.Konertantes Experimentierfeld
Es verdankt sich dem Ehrgeiz Weidlingers, der um die Jahrhundertwende die erste Klappentrompete bauen sollte und zuvor - in jener Phase, als Haydns Werk entstand, Experimente unterschiedlichster Art anstellte, um zu ermöglichen, auf seinem Instrumen chromatische Halbtöne blasen zu können. Haydn schrieb sein Konzert für einen der Versuche Weidlingers, die Trompete mit Grifflödiern zu versehen. Das Instrument, das Weidlinger zu diesem Zweck bauen ließ, war eine Es-Trompete. Daher die Tonart des Konzerts, in dessen Klangsprache chromatische Wendungen eine entscheidende Rolle spielen - namentlich in der Melodieführung des dreiteiligen lyrischen Mittelsatzes, der eine Art Arie für Trompete und Orchester darstellt.Die Revolution
Für die Zeitgenossen muß das revolutionär geklungen haben, nachdem Trompeten bis dahin vor allem Dreiklangsmotive zu blasen hatten und nicht zu weitgespannten Melodien mit Zwischentönen fähig waren.Bei den Aufführungen »seines« Konzerts hat Weidlinger offenbar öfter als gewohnt kadenzartige Demonstrationen der neuen Möglichkeiten ausgeführt - weshalb Haydn ihm im Finale - halb Rondo, halb »Sonatensatz« nicht nur am üblichen Ort - also vor der Schlußcoda Raum dafür gewährt, sondern auch bereits am Beginn des zentralen durchführungsartigen Abschnitts (eine Möglichkeit, von der spätere Solisten kaum noch Gebrauch gemacht haben, denn mittlerweile muß die moderne Trompete ihre Kunstfertigkeiten nicht mehr eigens zur Schau stellen.)
Formbeherrschung
Daß es sich bei der Komposition um das Werk eines reifen Meisters handelt, wird bei aller Knappheit der Formgebung vom ersten Ton an klar: Das Trompetenkonzert verrät den symphonisch geschulten, souveränen Umgang mit der musikalischen Architektur, sei es in der auskomponierten, variierten Wiederholung der Exposition im Kopfsatz, sei es in der völlig unaufdringlichen »Präsentation« der neuen Spieltechniken, die vollkommen aus der melodischen Struktur der Musik resultieren und nirgends zum Selbstzweck werden, was dem Werk auch vom ersten Moment an Erfolg garantierte. Das Trompetenkonzert ist eines der beliebtesten Konzert-Werke der Wiener Klassik.Eine der zündendsten Aufnahmen dieses späten, brillanten Konzerts stammt aus Wien: Anton Heiller dirigierte, den Solopart übernahm mit Esprit und Virtuosität Helmut Wobisch. Der satte Klang dieser Aufnahme bleibt erinnernswert, denn in späteren Jahren hat die Originalklang-Bewegung solche Sinnlichkeit (und letztlich auch das, was man in Wien früher einen natürlichen Zugang zum Musizieren nannte - wie er hier hörbar wird) gründlich ausgemerzt.