Sonate g-Moll op. 49/1

1792/1805

  • Andante
  • Rondo. Allegro


  • Die beiden Sonaten des Opus 49 stiften auf den ersten Blick Verwirrung, denn sie scheinen in ihrer klassisch-schlichten Haltung und simplen Faktur nicht in die Reifezeit Beethovens zu passen.

    Tatsächlich sind sie bereits während der Arbeit an den ersten Klaviersonaten (op. 2, resp. 7) komponiert worden, aber erst 1805 vom „Bureau des Arts et d’Industrie“ in Wien veröffentlicht worden.

    Ohne Widmung gedruckt, stellen sie wohl eine Verbeugung vor den Wiener Dilettanten dar, die jede Veröffentlichung eines neuen Beethoven-Werks mit Spannung erwarteten und die Bereitstellung zweier verhältnismäßig einfach zu exekutierender Stücke im beliebten Sonatinenton der Zeit wohl höchst erfreut zur Kenntnis genommen haben.

    Im Sonatenwerk Beethovens bleiben die beiden Stücke Fremdkörper. Anders als bei dem von den Kommentatoren ähnlich geringgeschätzten Opus 54 finden wir hier wirklich kaum widerspenstige Facetten im architektonischen Gefüge.

    Die erste der beiden Sonaten beginnt zwar in trübem g-Moll und erinnert nicht selten an die Stimmungswelt, die der späte Mozart in seiner berühmten Symphonie KV 550 beschwört, ohne daß sich Beethovens Musik zu vergleichbarer artifzieller Verdichtung aufschwänge. Es bleibt beim Stimmungsbild: Dem traurigen Eröffnungsgedanken folgt ein B-Dur-Gegenthema, dessen wichtigstes Element die Figur aus fallender Quart (oder Tritonus) samt zweimaliger Tonrepetition ist. Mit dieser Figur beginnt in auch die Durchführung. Sie führt auch die modulatorischen Veränderungen und die Rückführung in die Reprise herbei. Sie läuft regelgerecht ab, wendet also auch das Seitenthema nach Moll und wird von einer verträumten Coda abgelöst, die sich noch einmal zu einem leidenschaftlichen Höhepunkt aufschwingt, dann aber resignierend das Repetitionsthema im Baß verklingen läßt.

    Die Schlußtakte führen eine Wendung nach G-Dur herbei und sorgen damit für den nahtlosen Übergang zum lebhaften Finale, das wirkt wie eine Antwort auf die aufgeworfenen Fragen: Ein Rondo unkompliziertester Bauart, dessen springlebendiges Thema auf seine Weise den lamentierenden Beginn des Andantes paraphrasiert, ihn ins Heitere, Verspielte wendet. Allerdings führt der erste Zwischensatz zurück nach g-Moll. Eine heftig bewegte Passage leitet über zum heller getönte Seitentehma, das in der zu g-Moll parallelen Tonart B-Dur steht und daherkommt wie ein munteres Schäferlied. Die g-Moll-Passage kehrt wieder, ehe Rondothema und Seitenthema, diesmal beide in G-Dur, wieder aufgenommen werden. Eine lebendige Verarbeitung des Kopfmotivs beendet den Satz launig.

    ↑DA CAPO