Friedrich Gulda
Das wohltemperierte Klavier

Die legendären Bach-Aufnahmen Friedrich Guldas wurden neu ediert.

Rechtzeitig zu Friedrich Guldas 85. Geburtstag kam es zu einer Neu-Auflage der legendären Aufnahme von Bachs Wohltemperiertem Klavier. Und zwar nicht nur auf CD, sondern auch – ganz zeitgemäß – in Form von Download-Files, aber ebenso auf Vinyl, als originalgetreues Remake der 1977 erschienen Schallplatten-Kassette.

Auf fünf LPs, exquisit gepreßt auf 180-Gramm-Vinyl, kann der Musikfreund dank des Lackfolienschnitts von den originalen Masterbändern des Pianisten interpretatorische Leistung völlig unverfälscht nachvollziehen. Auch in den digitalen Vertriebsformenhat man versucht, der analogen Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen; also ohne die dynamischen Korrekturen, die bei früheren CD-Auflagen des Zyklus vorgenommen wurden.

Was Gulda wirklich wollte

Das ist doppelt bedeutsam, denn Friedrich Gulda hatte sehre genaue Vorstellungen, wie sein Klavierspiel zu konservieren sei. Die Bach-Aufnahmen bildeten den Höhe- und Schlusspunkt seiner Zusammenarbeit mit dem Bayerischen High-Fidelity-Fanatiker Hans Georg Brunner-Schwer, auf dessen Label MPS unter anderem auch die ungewöhnlichen Konzept-Alben Guldas erschienen waren.

Wie bei diesen wählte man auch für das „Wohltemperierte Klavier“ eine Mikrophonierung, die den Klang quasi direkt abrief, also kaum Luftdistanz zwischen Mikro und den Klaviersaiten zuließ.
Das lässt den Hall gegen Null sinken, gibt aber vollkommen verlustfrei die unglaubliche Nuancierungskunst von Guldas Spiel wieder. Der Komponist und Interpret hatte sich ja ausgiebig nicht nur mit dem modernen Konzertflügel, sondern auch mit dem zu Bachs Zeiten für intime Stücke wie diese Folge von 48 Präludien und Fugen in allen Dur- und Moll-Tonarten beliebten Clavichord befasst.
Seine liebevolle Aneignung der gesanglichen Möglichkeiten dieses Instruments ist in vielen Passagen der Aufnahme zu spüren.
Andererseits scheut der Künstler auch nicht davor zurück, uns hie und da spüren zu lassen, dass Bach auch der bedeutendste Organist seiner Zeit war.

Wer in kürze erleben möchte, wie man ein Klavier im wahrsten Sinne des Wortes zum Singen bringen kann, muss nur das es-Moll-Präludium aus dem ersten Band hören – um dann bei der Fuge vollends zu staunen: Das ist Vokalpolyphonie subtilster Schattierung, was da erklingt.
Vollendet gespielt; und endlich wieder adäquat auf Tonträgern in Umlauf gebracht.

↑DA CAPO