BACHS MOTETTEN

Die Beiträge des Kantors Johann Sebastian Bachs zur Kirchenmusik in Leipzig waren vielschichtiger als man gemeinhin denkt. Gewiß, im Zentrum standen die Kanten, mit denen der Komponist seit seinem Dienstantritt am 30. Mai 1723 seine Hörer - oder jedenfalls die Kenner unter ihnen - Woche für Woche beeindrucken konnte. Außerdem die grandiosen Vertonungen der Passionstexte für die Karfreitagsliturgie - von denen sich leider nur zwei erhalten haben.

Doch im Rahmen der Sonntags-Gottesdienste in St. Nikolai und St. Thomae, die Bach beide musikalisch zu betreuen hatte, wurden nicht nur Kantaten gesungen. Thomaskantor Bach hatte im Rahmen der Ausgestaltung der Messen auch Orgel zu spielen und mag dabei in aller Regel improvisiert haben. Wie das klang, können wir anhand jener Präludien, Toccaten und Fantasien ermessen, die er freundlicherweise niedergeschrieben hat, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Zusätzlich zum Gemeindegesang gab es in Leipzig, vom professionellen Chor gesungen, auch Motetten, die sich in reich bestückten Druckwerken wie dem Florilegium Portense fanden, das basierend auf Vorarbeiten von Erhard Bodenschatz seit 1618 das Standardwerk für den wöchentlichen Gebrauch in deutschlands protestantischen Kirchen war.

Von Johann Sebastian Bachs Hand haben sich sechs große Motetten erhalten, formal durchaus den Vorlagen im Florilegium nachempfunden, musikalisch aber so reich und tief empfunden wie die Kantaten oder die Passionen.