Teresa Stratas
* 1938
Teresa Stratas war eine der vielseitigsten Opern-Diven, die sich denken lassen. In Toronto geboren, sang sie zunächst in Nachtlokalen, ehe Freunde sie mit der Oper in Berührung brachten. In Toronto debütierte sie als Zwanzigjährige in der Rolle der Mimi in Puccinis Bohème und absolvierte in der Folge eine gründliche »Lehre«: Nach einem Vorsingen wurde sie Mitglied des Ensembles der New Yorker Metropolitan Opera und gab an der Seite der großen Stars der frühen Sechzigerjahre zunächst einmal kleine und kleinste Partien.Aufnahmen
vDank der wöchentlichen Live-Mitschnitte der Met-Matineen ist die Karriere der Teresa Stratas quasi vom ersten Ton an konsequent dokumentiert. Man hört sie als Poussette neben Victoria de los Angeles und Nicolai Gedda in Massenetes Manon von 1959 oder als Ines an der Seite von Leontyne Price und Franco Corelli im Trovatore von 1961.Das eminente darstellerische Talent der Künstlerin blieb nicht unentdeckt. Bald setzte man sie in großen Partien ein. In München war sie in der sensationellen ersten italienischsprachigen Einstudierung von Verdis Traviata die Violetta neben Fritz Wunderlich und Hermann Prey - es sollte die Generalprobe für Wunderlichs geplantes Met-Debüt werden, das dann nicht mehr stattfinden konnte. Was der Stratas für die Traviata an gesangstechnischem Schliff und souveräner Stimmbeherrschung fehlen mag, ersetzt sie durch vokale Charakterisierungskünste, die ihrer optischen Gestaltungskunst durchaus ebenbürtig waren. Unter Zubin Mehta erwies sich die Sängerein 1968 in einer Rundfunkproduktion von Mozarts Figaros Hochzeit für die RAI Rom - als spritzig-witzige, geistreiche Susanna und besteht immerhin neben einer Gräfin vom Format der Sena Jurinac und einem Cherubin von Teresa Berganza!
Die Stratas war in der Folge immer eine bedeutende Interpretin - das dramaturgische Ganze ihrer vokal-sprachlichen Gestaltung siegte über gelegentliche technische Mängel. Einen Höhepunkt an Identifikation mit einer Rolle erreichte sie in der Uraufführung der von Friedrich Cerha vervollständigten dreiaktigen Version von Alban Bergs Lulu unter Pierre Boulez in Paris, 1979.
Die Vergangenheit als Diseuse holte die Stratas spätestens dann ein, als sie daran ging, Musik von Kurt Weill für Schallplatten aufnzunehmen. Bei den ersten Proben zu ihren Aufnahmesitzungen war die große Lotte Lenya zugegen, jene Frau also, für die Brecht und Weill ihre Piecen gedichtet und komponiert hatten. Legendär ist die Tatsache, daß Lenya tagelang kein Wort sagte außer:
Machen Sie nur so weiter.Am Ende der Sitzungen bekam die Stratas von der Frau, die es wissen mußte, ein wertvolles Präsent: Die Lenya war sicher, ihre würdige Nachfolgerin gefunden zu haben.
Im übrigen wurde Teresa Stratas auch jenseits des Opern- und Konzertlebens populär, denn sie verschloß sich auch der sogenannten »Leichten Muse« nicht. Zahlreiche Operetten-Querschnitte - aber auch die Gesamtaufnahme der Lustigen Witwe mit einem illustren Ensemble unter Herbert von Karajan, nennen ihren Namen. Anfang der Siebzigerjahre entstanden auch zahlreiche Operettenverfilmungen von Werken Lehárs (Giuditta, der Zarewitsch, Paganini) oder Leo Falls (Die Dubarry).
Videoproduktionen von Opern folgten, allen voran die La Traviata (Zeffirelli) und die Pariser Lulu (Chéreau).
Nachdem sich Teresa Stratas einige Jahre von den internationalen Bühnen zurückgezogen hatte, um sich Sozialprojekten zu widmen, kehrte sie mit der Broadway-Produktion Rags in New York zurück, um 1991 noch einmal in einer viel beachteten zeitgenössischen Opern-Uraufführung eine tragende Rolle zu spielen: In John Coriglianos The Ghosts of Versailles, die ebenfalls verfilmt wurde.