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MARTHA MOEDL

Sie war eigentlich ein Mezzosopran. Die Eroberung des hochdramatischen Repertoires war ein Wagnis für Sie. Doch ein Wagnis, das sie mit voller Hingabe einging. Tatsächlich waren die Spitzentöne niemals die Domäne der Martha Mödl. Dafür schuf sie singend Charaktere, formte Schicksale, wie sie keine andere Sopranistin auf der Bühne in jener Ära zu gestalten vermochte. Es waren die psychologischen Zwischentöne, es war die Wahrhaftigkeit des Ausdrucks, die Martha Mödl zur unvergleichlichen Bühnengestalterin machten. Isolde, Brünnhilde, Kundry sah und hörte man als vollblütige Frauengestalten. Ein paar gequält klingende Töne fielen niemals ins Gewicht, wenn die Seelenqualen so realistisch, so berührend zum musikalischen Ereignis wurden. Eine interessante Parallele ergab sich zwischen zwei höchst ungleichen Primadonnen: Martha Mödl war ebenso kurzsichtig wie Maria Callas! Heldentenöre an ihrer Seite wußten zu berichten, wie sie während des Liebesduetts in Wagners Tristan und Isolde zwischendurch den Mantel über die Geliebte breiten mußten, damit sich diese unbemerkt vom Publikum die Augen eintropfen konnte... Atemberaubende Dokumente von Mödls Kunst sind ihre Kundry in dem von Hans Knappertsbusch dirigierten Parsifal bei den Bayreuther Festspielen 1951, ihre Brünnhilde in Furtwänglers römischer Rundfunk-Produktion des Rings des Nibelungen, ihre Isolde in Herbert von Karajans Bayreuther Tristan (1952) und die Antigonae sowie die Iokaste in Carl Orffs Antiken-Tragödien Antigonae und Oedipus, der Tyrann.

↑DA CAPO

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