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Daß die heroischste unter den Sopranistinnen ihrer Generation einst als hoher Koloratursopran debütiert hat, mag man kaum glauben. Und doch: Nach einem ersten Bühnenauftritt als Kate Pinkteron in einer sommerlichen Budapester
Madame Butterfly auf der Margarethen-Insel war Eva Marton in der Budapester Staatsoper zunächst als Königin Schermacha in Rimskij-Korsakows
Der goldene Hahn erfolgreich. Ihre internationale Karriere machte die als Eva Hermann geborene ungarische Künstlerin zunächst in lyrischen Partien wie Tschaikowskys Tatjana, wobei das Opernhaus Frankfurt und die Wiener Staatsoper ihre ersten wichtigen Stützpunkte im Westen waren.
In Götz Friedrichs legendärer Bayreuther
Tannhäuser-Produktion sang sie Venus und Elisabeth am selben Abend.
Premierenbesetzung war sie in Wien zunächst für Tatjana (
Eugen Onegin, 1973), dann aber für großkalibrige Aufgaben wie die
Turandot (1983 unter Lorin Maazel) und die
Elektra (1989). Bei den Salzburger Festspielen war sie die Kaiserin in der
Frau ohne Schatten unter Sir Georg Solti in der ersten ungekürzten Einstudierung dieser Strauss-Oper nach 1945. Puccinis
Turandot wurde zu Martons Schicksalspartie.
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Doch ist das CD-Repertoire der Künstlerin dank einiger Mitschnitte von Raritäten aus ihrer Zeit in Budpest, wohin sie immer wieder zurückgekehrt ist, besonders reich. Zu den wichtigsten Zugängen zum Katalog gehören etwa die Aufnahmen von Opern Ottorino Respighis für Hungaroton.
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Die ungarische Firma veröffentlichte eine Szenen-Folge von frühen Aufnahmen der Marton aus den Siebzigerjahren, die von Verdis
Macht des Schicksals bis zu Wagners
Tristan und Isolde reicht. In Budapest nahm sie - mit etwas überreifer Stimme, aber imposant - einige Orchesterieder aus der Ära der Umwälzunge von der
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Spätromantik zur Moderne auf, darunter die wohl eindrucksvollste Wiedergabe von Arnold Schönbergs nachwagnerischem Liederzyklus op. 8, die auf CD greifbar ist.