* SINKOTHEK *

"Sehr präzis, das mag ich"

Die Sopranistin im Gespräch

14. März 2003

»Irgendwie muss man sich ganz naiv hineinwerfen«: Soile Isokoski über Cosi fan tutte" und sonstige heikle Opernfragen.

Soile Isokoski ist die Primadonna der ersten Mozart-Premiere Seiji Ozawas

Mit ihrem glockenhellen, leuchtenden Sopran hat sie sich vom ersten Ton an in die Herzen der stimmverliebten Wiener Opernfreunde gesungen: Soile Isokoski, finnische Sopranistin, ist die Fiordiligi in der Übernahme der umjubelten Festwochen-Inszenierung von Mozarts "Cosi fan tutte" an die Staatsoper, die am Sonntag Premiere hat.

Ein heikles Unterfangen, das gibt Isokoski zu: "Das Problem ist, dass das Theater an der Wien einfach viel intimer ist. Das hat gar nicht so viel mit der Größe zu tun. Außerdem hat die Staatsoper eine herrliche Akustik. Aber die Stimmung ist ganz anders. Und wir haben eine Besetzung zur Verfügung, die, glaube ich, besonders stimmig und schön ist. Außerdem dirigiert Seiji Ozawa, was für mich aufregend ist, weil ich noch nie mit ihm Oper gemacht habe. Im Konzertsaal sind wir uns öfters begegnet."

Es ist Ozawas erste Wiener Mozart-Premiere. "Sehr präzis", so charakterisiert Isokoski das Mozart-Dirigat Ozawas: "Das mag ich. Stilistisch wählt er einen Mittelweg zwischen der altbekannten romantischen Gangart und dem neuen, von den Originalinstrumenten geprägten Klangbild."

Ununterbrochen im hohen Bereich

Isokoski, die sehr viel Mozart singt, hat mit beiden ihre Erfahrungen. "Ich habe", erzählt sie, "die ,Cosi' mit Originalinstrumenten für CD aufgenommen. Der Dirigent Sigiswald Kujken hat damals eigene Koloraturen und Übergänge für uns geschrieben. Voriges Jahr habe ich das Werk dann mit Colin Davis in Covent Garden erarbeitet, ganz romantisch, sogar ohne Apoggiaturen und jede neue Kadenz. Ozawa ist nun irgendwo dazwischen angesiedelt, und das scheint mir doch sehr vernünftig."

Die Fiordiligi ist für Isokoski eine der schwierigsten Mozart-Partien, "vor allem", sagt sie, "weil sie sich fast ununterbrochen im hohen Stimmbereich bewegt. Sie ist immer Primadonna, anders als Donna Elvira im ,Giovanni' oder die Figaro-Gräfin, denen doch Erholungspassagen gegönnt sind."

Auch darstellerisch bewege man sich in "Cosi fan tutte" auf dünnerem Eis als in anderen Mozart-Opern: "Nehmen Sie den ,Figaro'-Schluss, da gibt es doch mit der Bitte des Grafen um Verzeihung eine tiefe, menschliche Lösung des Konflikts. In ,Cosi fan tutte' bleibt alles offen. Kommen die Paare in der alten Konstellation wieder zusammen? Finden sie sich in der neuen? Das glaubwürdig zu spielen ist sehr schwierig. Irgendwie muss man sich in dieses Werk ganz naiv hineinwerfen. Sonst sind ja auch manche dramaturgische Dinge völlig unmöglich, dass die Mädchen etwa nicht sofort merken, dass da Theater gespielt wird."

Die Staatsoper ist für Isokoski jenes Haus, "in dem ich mich von der puren Mozart-Zuordnung befreit habe. Hier habe ich die Agathe im ,Freischütz' gesungen, Puccinis Mimi und Liu. Umso lieber singe ich jetzt hier natürlich auch Mozart, demnächst, ebenfalls unter Ozawa, die Elvira im ,Don Giovanni', der auch aus dem Theater an der Wien übernommen wird."

In den kommenden Jahren wird Isokoski in Wien interessante Pläne verwirklichen: Mit den Philharmonikern gestaltet sie unter Michael Boder zu Ostern 2004 Frank Martins Oratorium "Golgotha" und wird im Mai jene Partie singen, mit der sie einst in die Welt gezogen ist: die Micaela in "Carmen". Bei den Salzburger Festspielen ist sie die Antonia in der Neuinszenierung von Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" unter Nagano, an der Met singt sie demnächst in einem Remake der Wiener Inszenierung von Halevys "Jüdin" mit Neil Shicoff.

Und die weitere Zukunft? "Irgendwann möchte ich die Tatjana in Tschaikowskys ,Onegin' singen, die mir ganz früh in meiner Karriere schon angeboten wurde. Jetzt fühle ich mich reif dafür. Ich freue mich auf Dresdner Premieren von Strauss' ,Capriccio' und Bittens ,Peter Grimes'. Und dann reden wir über Arabella . . .


↑DA CAPO