Ingrid BJONER

1927 - 2006

Ingrid Bjoner stammte aus Krågstad /Norwegen und war eine jener großen, dramatischen Sopranstimmen, die Skandinavien dem internationalen Opernbetrieb geschenkt hat. Sie machte neben ihrer pharmazeutischen Ausbildung zur Apothekerin früh auch musikalisch Karriere und beherrschte ihre Stimme gut genug, daß sie noch in den Achtzigerjahren die Isolde in Bayreuth singen konnt.

Wagner und Richard Strauss standen im Zentrum ihres Wirkens, doch hat die Bjoner vom Beginn ihrer Karriere an ein breites Repertoire gepflegt und auch Musik von Gluck und Händel gesungen. Sehr zum Wohle der Gesangskultur und der Haltbarkeit der Stimme, die über eine leuchtend sichere Höhe verfügte und auch über eine erstaunlich differenzierte Farbenpalette - so sang sie Richard Strauss' Kaiserin (Die Frau ohne Schatten) nicht nur in den heldisch-eruptiven Szenen, sondern etwa auch in der lyrisch verhaltenen, koloraturverzierten Auftrittsszene makellos - und konnte sie als groß gewachsene, schlanke Blondine auch filmreif darstellen!

In den ersten Jahren ihrer Laufbahn an die Bayerische Staatsoper sang sie Partien von Händels Rodelinda und der Donna Anna in Mozarts Don Giovanni (Bühnendebüt in Oslo) bis zu Verdis Desdemona (Otello) und Wagners Elsa (Lohengrin). Wobei sie als Rodelinda - apropos Besetzungspolitik - blutjung und gerade der Hochschule entkommen - beim Drotningholm-Festival 1957 für die Wagner-Heroine Kirsten Flagstad einsprang.

Deutsche Häuser interessierten sich sofort für die neue Stimme. Auf Wuppertal folgte 1959 die Deutsche Oper am Rhein. 1960 debütierte Bjoner als Freia, Helmwige und Gutrune in Bayreuth. Den Debüts an Häuser wie der Wiener und der Hamburgischen Staatsoper folgte das Festengagement an der Bayerische Staatsoper. Diesem Haus blieb sie treu.

1963 war sie anläßlich der Eröffnung des renovierten Nationaltheaters unter Keilberth die Kaiserin in der Festpremiere der Frau ohne Schatten.

Ab 1965 sang sie beginngend mit der Isolde konsequent - aber nie exklusiv - auch das hochdramatische Fach. Die Stimme blieb stets beweglich genug, daß auch eine Capriccio-Gräfin oder die Aida in Reichweite waren. Hier kultivierte sie eine Piano- und Phrasierungs-Kultur, die ihr auch bei der Gestaltung heikler Partien des Zwischenfachs zunutze kamen: Die Fidelio-Leonore überstand sie beispielsweise ohne jede Blessur - was nicht von vielen Kolleginnen behauptet werden konnte; auch in dieser Ära nicht mehr...

Nach ihrem Bühnenabschied hat Ingrid Bjoner an den Musikhochschulen von Oslo und Kopenhagen Gesangsklassen geführt.

Aufnahmen

Von der Eröffnungsvorstellung des Nationaltheaters in München, 1963, hat sich der Livemitschnitt in technische exzellenter Qualität (DG) erhalten.

Die technische Meisterschaft Ingrid Bjoners erweisen bemerkenswerte Details wie die Tatsache, daß sie für ihr Arien-Recital an ein und demselben Tag die Legatobögen der Desdemona und die emotionellen Ausbrüche der Turandot bewältigte.



↑DA CAPO