Janet Baker
* 1933
Am Beginn ihrer großen Karriere steht der Name einer bedeutenden Kollegin: Janet Baker gewann 1956 in London den Kathleen Ferrier Preis. Dieses »Mozartjahr« markierte auch in ihrem Studium eine Zäsur: Aus ihrer englischen Heimat übersiedelte die junge Künstlerin nach Salzburg, um ihre Ausbildung am Mozarteum abzuschließen. Ihren ersten professionellen Opernauftritt absolvierte Baker 1959 beim Glyndebourne Festival. Im selben Jahr gab man zum Gedenken an Georg Friedrich Händels 200. Todestag drei Händel-Opern in London, ein Startschuß zu einer veritablen Händel-Renaissance. Von diesen drei Vorstellungen war jene der Rodelinda mit Joan Sutherland, die als Donizettis Lucia schon Furore gemacht hatte, und der noch weitgehend unbekannten Janet Baker die eigentliche Sensation. Danach war Baker bald der singende Nationalstolz der Briten, sang in allen bedeutenden Opern- und Konzerthäusern der Insel und spezialisierte sich rasch im Barock- und Klassik-Repertoire.Herausragende Leistungen gelangen der jungen Sängerin bereits mit Interpretationen von Werken Glucks, Händels oder Mozarts, wobei die Oper über weite Strecken ihrer Karriere hinter einer bemerkenswerten Laufbahn als Konzertsängerin zurückstehen mußte: Oratorien schienen das wichtigste Betätigungsfeld für Janet Baker zu sein. Auch im Liedrepertoire reüssierte sie glänzend, hier standen zu Beginn Berlioz' Nuits d'ete und die Lieder Gustav Mahlers im Fokus, von denen sie legendäre Aufnahmen machte. Von der Opernbühne verabschiedete sich die Künstlerin kurz vor ihrem 50. Geburtstag mit einer Vorstellung von Glucks Orpheus in Glyndebourne.
Die Stimme der Baker war charakteristisch dunkel, doch farbenreich und klangsatt und neigte in der Höhe zu ein wenig, aber charmant-metallischer Herbheit. Die Ausdruckspalette, die der stets in mustergültiger Diktion singenden Künstlein zu Gebote stand, konnte innerhalb von Sekunden seelische Wandlungen hörbar machen. In Schumanns Frauenliebe und -leben gibt sie den jeweiligen Gesängen Bangigkeit, Euphorie, kindliche Unschuld, aber auch ein Gefühl unsäglichen Schmerzes. In der grandiosen Aufnahme von Elgars Oratorium Der Traum des Gerontius unter Sir John Barbirolli verleiht sie der Stimme des Engels wahrlich himmlischen Glanz in jubelnden Lobpreisungen.