Theo ADAM
Wotan, aber auch Baal - die künstlerische Spannweite dieses Sängers war bemerkenswert.
Es sind die weltweit aktiven Darsteller der Wagnerschen Götterfiguren, denen man in der Regel Stimmgewalt, großes Pathos und äußersten Ernst zubilligt, die ihre Zuhörerschaft aber immer wieder in Erstaunen versetzen, wenn sie komödiantischere Saiten aufziehen. Bei Theo Adam war das immer wieder der Fall. Ihn kannte und liebte man als Inkarnation großer tragischer Helden - und er erntete Ovationen, als er bei der Uraufführung von Friedrich Cerhas Brecht-Vertonung Baal eine Menge sonst verhüllter Facetten aufleuchten ließ.
Die Baal-Gesänge hat Adam noch in DDR-Zeiten für Eterna mit dem Gewandhausorchester Leipzig unter Kurt Masur aufgenommen.
Vor allem der freche, zynische Ton der Kabarett-Szene enthüllte einen ganz anderen Theo Adam, einen Künstler, der verschmitzt und humorvoll agieren konnte und seiner Stimme erstaunliche Farben und Nuancen abzutrotzen vermochte, wie nur Komponisten des ausgehenden 20. Jahrhunderts sie von ihren Sängern verlangen. Das war ein Meilenstein in der österreichischen Musikgeschichte und die Vervollständigung eines Künstler-Images, das sich schon zuvor besonders reich und vielseitig präsentiert hatte.
Hans Sachs
Theo Adam, das war nicht nur der machtvolle Wotan, dessen Grimm wirklich fürchten machen konnte, der aber im Dialog mit seiner Lieblingstochter Brünnhilde menschlich-allzumenschliche Züge entwickelte, die uns die Figur sympathisch erscheinen lassen.
Als Inkarnation feierte man Adams Darstellung des Hans Sachs in den Meistersingern von Nürnberg, den er in einer längst legendären Schallplattenaufnahme unter der Leitung Herbert von Karajans auch verewigt hat.
Adams Platten-Repertoire ist reichhaltig, reicht von der Christus-Partie in Bachs Matthäuspassion über den Wotan, dessen Gestaltung in einer der besten Ring-Gesamtaufnahmen dokumentiert ist (Karl Böhm, Bayreuth - Philips) bis zu Wiedergaben komplizierter zeitgenössischer Werke, vor denen der Künstler nie zurückgeschreckt ist. Komponisten wie Penderecki oder Berio haben neue Partien auf Adam zugeschnitten.
Daß er seine Heimat auch nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes nie verleugnet hat, rechnet man ihm in Dresden hoch an. Seit 1994 war Adam Ehrenmitglied der Sächsischen Staatsoper. Und er trat noch in hohem Alter als Sänger in Erscheinung, auch wenn ihm zuletzt das Bücherschreiben viel Spaß gemacht zu haben schien. In etlichen launig verfaßten Essays hat Theo Adam über seine Erfahrungen auf den internationalen Opern- und Festspielbühnen referiert und damit auch schriftlich dokumentiert, was seine Verehrer seit langem wußten: Er war seinem Weltruhm zum Trotz stets ein charmanter Plauderer geblieben.