Maria Israilewna Grinberg

1908 - 1978

Das eminente Talent Maria Grinbergs erkannte man bereits während ihrer Ausbildung in der legendären Klavierklasse Felix Blumenfelds in Moskau. Doch schien Blumenfelds Nachfolger Ignumow ihr Spiel zu schlicht - später sollten Kenner sie genau dafür rühmen - bald nachdem sie 1934 beim Allunionswettbewerb den zweiten Preis gewonnen hatte, hörte sie Artur Schnabel anläßlich eines Gastspiels in Moskau. Das entschied ihr künstlerisches Schicksal. In Ihren Meomoiren schreibt sie:
An diesem Tag ... hat sich mein Schicksal entschieden. Schnabel spielte Beethoven. Und seither bildeten die Werke deutscher Komponisten den Mittelpunkt meines Repertoires ... Schnabel hat mir jene Größe und geistige Tiefe von Beethovens Musik eröffnet. Sie blieb mir bis heute unerschöpflich.
Ihr Leben lang sei sie nach diesem Schlüsselerlebnis auf der Such nach »ihrem eigenen Beethoven« gewesen. Im Sinne der mitteleuroöäische Tradition trachtete Gringberg als Mitglied der sowjetischen Kommission, die das musikalische Repertoire nach den Doktrinen der kommunistischen Partei im Sinn der »Volksnähe« zu durchforsten hatte, die wichetigsten musikalischen Schätze zu bewahren.

Doch hemmte der vehemente Antisemitismus im stalinistischen Rußland bald ihre Karriere. Grinbergs Vater und ihr Ehemann kamen bei den landesweiten Verfolgungen ums Leben. Sie selbst durfte die Sowjetunion nicht verlassen.

Erst nach Stalins Tod konnte Maria Grinberg wirklich frei konzertieren und eroberte sich - nicht zuletzt mit ihrer → Gesamtaufnahme der Beethoven-Sonaten - als sensible Klassiker-Interpretin einen hohen Rang unter Kennern. Ihr Spiel, niemals auftrumpfend, stets fein geschliffen war immer auch stilistisch behutsam ausbalanciert: Für Beethovens Viertes Klavierkonzert wählte sie beisielsweise Carl Reineckes Kadenz, selten gespielt, doch subtil dem eigenwilligen Duktus dieses Werks angepaßt. Ein bezeichnendes Details.

Obwohl man 1955 einen Gehirntumor bei Grinberg diagnostizierte und sie operiert werden mußte, konzertierte sie bis zu ihrem Tod, 1978, in Tallinn.

Seit 1961 war sie zur Professorin für Klavier am Gnessin-Institut.

Unter ihren Interpretationen genießen die Beethoven-Aufnahmen international bei Kennern höchste Reputation. Sie spielte aber auch Ravel, Bartók und vor allem die 24 Präludien und Fugen Dmitri Schostakowitschs.

↑DA CAPO