Van Cliburn

1934 - 2013

Van Cliburn ist die amerikanische Pianistenlegende schlechthin. Ausgebildet bei Rosina Lhévinne an der Juilliard School of Music in New York, galt er schon Mitte der Fünfzigerjahre als Zukuftshofnung. New York Philharmonic engagierte ihn bereits 1954. Doch die Sensation war perfekt, als Van Cliburn mitten im kalten Krieg, 1958, als US-Kandidat den Ersten Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb gewann. Bei der Rückkehr wurde er mit einer Confetti-Parade in Manhattan geehrt. Van Cliburns Schallplatten erzielten Verkaufszahlen wie sonst nur die meistgesuchten Schlager-LPs jener Ära.
Allen voran die beim Moskauer Wettbewerb entstandene Aufnahme des Tschaikowsky-Konzerts unter Kirill Kondrashin, deren Verkaufszahlen erstmals im Klassikbereich die Millionengrenze sprengte.
Vom Orchester in der damals in der Sowjetunion üblichen Hochdruckmanier mit schwerem Blechpanzer exekutiert, aber auch mit großem melodischem Pathos, auf das Van Cliburn raffiniert reagiert, indem er jede Möglichkeit nutzt, aus dem dick aufgetragenen Klang in lyrische Regionen zu modulieren. Wobei er höchste Klarheit - oft geradezu kontrapunktischen Geist - herrschen läßt. Daß er bei alledem in den virtuosen Passagen eine bewundernswerte Leichtigkeit bewahrt und vieles mit geradezu légèrem Understatement bewältigt, trug ihm die Bewunderung des Publikums ein - und machte es für die politisch durchaus unter Druck stehende Jury unmöglich, dem Amerikaner nicht den Preis zuzuerkennen.
Seit 1962 gibt es in Fort Worth den Internationalen Van Cliburn Klavier-Wettbewerb. Von den Konzertpodien zog sich Van Cliburn in den späten Siebzigerjahren zurück, um 1987 ein Comeback zu starten, das ihm erneut Erfolge bescherte. Die New York Times titelte:

A Celebrity returns. Undimmed.

Von den Schallplatten-Aufnahmen der ersten Jahre nach dem Wettbewerbs-Sieg stürmten vor allem die Einspielungen der beiden Brahms-Klavierkonzerte unter Fritz Reiner mit Chicago Symphony die Charts, aber auch Rachmaninows Konzerte Nr. 2 (unter Reiner) und Nr. 3 (unter Kondrashin).
Die Sammlung von Live-Aufnahmen vom legendären Tschaikowsky-Wettbewerb enthält auch die Dokumentationen der Solo-Auftritte Van Cliburns, darunter eine grandiose, in ihrer Deutlichkeit und formaler Beherrschung bemerkenswerte Darstellung von Franz Liszts H-Moll-Sonate.

↑DA CAPO