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Ossy Renardy

1920 - 1953

Ossy Renardy schaffte seinen Durchbruch zum international begehrten Violin-Virtuosen mit einem Auftritt in einem Konzert Wiener Philharmoniker unter Victor de Sabata Mitte der Dreißigerjahre. Der Pfade, die den geborenen Wiener dorthin führten, verliefen reichlich verschlungen. Renardy hießt eigentlich Oscar Reiss und kam in Wien am 26. April 1920 in Wien zur Welt. Ein Leben als Musiker war nicht vorgezeichnet, zwar nahm sich eine Nachbarin des offenkundigen musikalischen Talents an, doch eine Ausbildung an einem Konservatorium oder einer Hochschule hat Renardy, wie er sich auf Anraten eines Konzertagenten später nannte, nie erfahren. Als Autodidakt konnte er im Alter von elf Jahren zwar erstmals auf sich aufmerksam machen und wurde 1933 als »zwölfjähriger Wundergeiger« im Vorprogramm der Erstaufführung des neuen Films Ein Königreich für ein Herz im Wiener »Schwedenkino« angekündigt. Im Mai 1935 gab ihm Radio Wien die Gelegenheit in einer Sendung namens »Wir stellen vor« zu musizieren. Doch blieb es weiterhin bei ungewöhnlichen Schauplätzen für seine Auftritt. Renardy reiste als Teenager mit einer Varieté-Truppe durch Italien. Victor de Sabata hörte ihn 1934 in Mailand spielen. Er engagierte ihn vom Fleck weg für besagtes »Philharmonisches Konzert« in Wien.

In der Folge verbreitete sich sein Ruf rasch. Dem US-Debüt im Jänner 1938 folgten sogleich Studio-Aufnahmen für Columbia. Renardy war noch nicht einmal 18, als seine ersten Schellackplatten erschienen.

Paganini in Carnegie Hall

Im Oktober machte seine Aufführung sämtlicher Capricen von Paganini - in der Version Ferdinand Davids für Violine und Klaver - Furore. Seine Interpretation dieser Fassung hat Renardy zweimal aufgenommen, schon 1940 für das Label Victor, die zweite kurz vor seinem frühen Tod im Gefolge eines Autounfalls für Remington.

Aufnahmen

Kurzzeitig hatte Renardy einen Exklusivvertrag mit der englischen Decca, für die er unter anderem einige Bach-Solowerke aufnahm und das einzige Dokument, das ihn mit Orchester hören läßt, das Brahms-Violinkonzert mit Charles Munch und dem Amsterdamer Concertgebouw Orchester.

Nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg musizierte Renardy als amerikanischer Staatsbürger und Soldat fast 500 Konzerte für Armeeangehörige.

Neben dem Brahms-Konzert mit Munch, das Renardy in all seiner unaufgeregten Lockerheit mit Charme und Esprit - vor allem auch meisterhaft modellierten Übergängen zwischen den Formteilen - meistert, faszinieren die bei Testament wieder aufgelegten, sehr klaren, luftig-leichten Einspielungen der Sonaten von César Franck und Maurice Ravel (mit dem durchaus kongenialen Eugene List für Remington), aber auch die Paganini-Aufnahmen mit Eugene Helmer, die klingen, als wäre der Geigenpart ein Kinderspiel. Renardy absolviert sie mit hörbarer Lust an der eigenen technischen Meisterschaft - und sichert manchen sonst gern etüdenhaft klingenden Passagen dadurch geradezu Witz, andere (etwa Nr. 3) zäumt er zur beeindruckenden dramatischen Szene auf.

↑DA CAPO