Vollendung der Avantgarde
Über die Vollendung, mit der das Alban Berg Quartett Lutoslawski spielt
10. März 1993
Das Alban Berg Quartett absolviert schon ein wenig länger als die Philharmoniker eine Art "Euro"-Zyklus. Davon profitieren auch die Wiener Stammgäste des Ensembles. Zurückgekehrt von ihrer ausgiebigen Tournee präsentierten sich die vier Musiker im Mozartsaal auf atemberaubende Weise: Mit Ravel, Haydn und dem Quartett von Lutoslawski, für das sie primadonnengleich Ovationen ernteten.
Das muß man können: Ein wirklich avantgardistisches Stück Musik so vor den Zuhörern auszubreiten, daß an den richtigen Stellen atemlose Stille sich breit macht. Stille, die beweist, daß die Interpreten die Dramaturgie eines modernen Werkes goldrichtig "über die Rampe" bringen.
Man erfuhr und verstand Lutoslawskis kompositorischen Willen, als hätte sein Quartett die Struktur einer Verdi-Oper. Da waren Rede, Gegenrede, Schürzung des Knotens, Kulmination und abschließende Resignation. Und das Alban Berg Quartett ließ uns all dessen mit jener Beredsamkeit teilhaftig werden, mit der uns ein wahrer Künstler auf der Opernbühne Liebesgeständnisse oder Verzweiflungsgesten musikalisch glaubhaft machen kann: mit flüsternder Pianokultur, koloristischem Reichtum, hundertfach schattierten Möglichkeiten, einen Ton zu realisieren.
Als wär's kein Problem, die impressionistischen Valeurs, die hernach bei Ravel zum Ereignis wurden, die klassische Formstrenge, die zuvor das Haydn-Quartett bei aller nervösen Detailarbeit eisern disziplinierte, auf den Lutoslawski zu übertragen. Als hätte der nicht aus all diesen Tugenden sozusagen die Quadratwurzel gezogen, als verlangte der nicht ähnliche Klangsinnlichkeit, ähnliche formale Disziplin, über drei, vier Ecken, geistige Umwege (auch: Bereicherungen) herzustellen.
Das Alban Berg Quartett bewältigt solche Gravitationsübung mit einer Hingabe und Selbstverständlichkeit, die ans Unglaubliche grenzt, fokussiert noch Weitabliegendes, Weitauseinanderdriftendes minutiös auf einen, den rechten Schwerpunkt.
Die Lobesworte sind noch nicht erfunden, man müßte die, welche man etwa über das Beethoven-Spiel dieses Ensembles schon gefunden hat analog dem obigen mathematischen Vergleich - zur Potenz erheben. Und das geht halt nicht.
Das muß man können: Ein wirklich avantgardistisches Stück Musik so vor den Zuhörern auszubreiten, daß an den richtigen Stellen atemlose Stille sich breit macht. Stille, die beweist, daß die Interpreten die Dramaturgie eines modernen Werkes goldrichtig "über die Rampe" bringen.
Man erfuhr und verstand Lutoslawskis kompositorischen Willen, als hätte sein Quartett die Struktur einer Verdi-Oper. Da waren Rede, Gegenrede, Schürzung des Knotens, Kulmination und abschließende Resignation. Und das Alban Berg Quartett ließ uns all dessen mit jener Beredsamkeit teilhaftig werden, mit der uns ein wahrer Künstler auf der Opernbühne Liebesgeständnisse oder Verzweiflungsgesten musikalisch glaubhaft machen kann: mit flüsternder Pianokultur, koloristischem Reichtum, hundertfach schattierten Möglichkeiten, einen Ton zu realisieren.
Als wär's kein Problem, die impressionistischen Valeurs, die hernach bei Ravel zum Ereignis wurden, die klassische Formstrenge, die zuvor das Haydn-Quartett bei aller nervösen Detailarbeit eisern disziplinierte, auf den Lutoslawski zu übertragen. Als hätte der nicht aus all diesen Tugenden sozusagen die Quadratwurzel gezogen, als verlangte der nicht ähnliche Klangsinnlichkeit, ähnliche formale Disziplin, über drei, vier Ecken, geistige Umwege (auch: Bereicherungen) herzustellen.
Das Alban Berg Quartett bewältigt solche Gravitationsübung mit einer Hingabe und Selbstverständlichkeit, die ans Unglaubliche grenzt, fokussiert noch Weitabliegendes, Weitauseinanderdriftendes minutiös auf einen, den rechten Schwerpunkt.
Die Lobesworte sind noch nicht erfunden, man müßte die, welche man etwa über das Beethoven-Spiel dieses Ensembles schon gefunden hat analog dem obigen mathematischen Vergleich - zur Potenz erheben. Und das geht halt nicht.