Jascha Horenstein

geb. 1898 - 1973

Jascha Horenstein war als Sohn eines russischen Unternehmers und einer musischen Österreicherin, von der er den ersten Klavierunterricht erhielt, in Kiew zur Welt gekommen. Im Teenageralter übersiedelte er mit seiner Familie nach Wien und studierte hier indische Philosophie, vor allem aber auch Musik bei den Komponisten Joseph Marx und Franz Schreker. Mit Schreker ging Horenstein nach Berlin, wo er rasch zum Assistenten Wilhelm Furtwängler aufstieg, für den er unter anderem eine Aufführung von Bachs H-Moll-Messe einstudierte.

Früh engagierte sich Horenstein für das Schaffen Gustav Mahlers. Für sein Debüt am Pult der Wiener Symphoniker wählte er 1924 dessen damals noch kaum gespielte und noch viel weniger geschätzte Erste Symphonie als Hauptwerk. Für die musikalische Moderne interessierte er sich brennend - mit Arnold Schönberg war er in seinen Berliner Jahren ebenso in Kontakt wie mit anderen führenden Meistern wie Anton von Webern, aber auch Igor Strawinsky - über alle stilistischen Grenzen hinweg engagierte er sich für Neue Musik. Alban Bergs Drei Stücke aus der Lyrischen Suite für Streichorchester kamen unter Horenstein 1929 zu ihrer Berliner Erstaufführung.

Furtwängler empfahl seinen Assistenten der Düsseldorfer Oper, wo Horenstein von 1929 an bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten als Generalmusikdirektor fungierte. Er mußte fliehen und nahm nie wieder eine fixe Stelle an. Als reisender Dirigent, bald amerikanischer Staatsbürger, agierte er in aller Welt, auch in Australien. Er war einer der ersten Dirigent des neu gegründeten Orchesters von Palästina, aus dem später Israel Philhamonic werden sollte.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg setzt er sein Engagement für die Moderne fort. Er war der Dirigent der Pariser Erstaufführung von Bergs Wozzeck, 1950.

Für Schallplatten spielte er noch in der Schellack-Ära lange Werke wie Bruckners Siebente Symphonie und Mahler ein, doch wollte er nicht als Spezialist für diese beiden Komponisten kategorisiert werden. Sein Repertoire war allumfassend. Seine Aufnahmen von Mahlers Erster, Dritter und Neunter Symphonie gelten ebenso als maßstabsetzend wie seine Pioniertaten für die Musik von Leoš Janáček, dessen Taras Bulba und Sinfonietta er in kraftvoll pulsierenden, leidenschaftlichen Ersteinspielungen vorlegte.

Exzellent ist auch der Livemitschnitt der französischen Erstaufführung von Janáčeks Aus einem Totenhaus, mit den Kräften des französischen Rundfunks.



↑DA CAPO