Helmut Walcha
1907 - 1991
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Walcha war als Sohn eines Postbeamten in Leipzig zur Welt gekommen und erblindete als Sechzehnhjähriger. Dennoch wurde er einer der Meisterschüler Günther Ramins und avancierte zum Organisten der Frankfurter Friedenskirche, ehe er 1938 die Orgelprofessur an der Frankfurter Musikhochschule übernahm, wo er nach 1945 das Institut für Kirchenmusik aufbaute.
Als ausgebildeter Komponist hat Walcha auch eigene Choralvorspiele verfaßt, hat Notenausgaben von Werken Bachs und Händels (die Orgelkonzerte) ediert und eine eigene, vollständige Version des unvollendeten, abschließenden Contrapunctus aus Bachs Kunst der Fuge erarbeitet und auf Schallplatten festgehalten.
Walchas Ausgabe von Bachs Die Kunst der Fuge (»Übertragung für Orgel mit Weiterführung und Beendigung der Schlussfuge«) erschien bei Peters 1967 in Druck.
Die Bach-Aufnahmen
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Die ersten Aufnahmen dieser Edition erschienen noch auf Schellackplatten. Während der Aufnahmeserie hob die Ära der Langspielplatte an, was die Produzenten vor ungeahnte Probleme stellte, denn ab sofort liefen Schallplatten um vieles ruhiger und plötzlich wurde man beim Abhören der Tatsache gewahr, daß an der Lübcker Jakobi-Kirche der Verkehr mit viel zu hohem Geräuschpegel vorbeirollte. Daher wechselte man den Aufnahmeort: In der Kirche von Cappell am Wattenmeer fand man eine Arp Schnittger Orgel, die ursprünglich im Hamburger Johanniskloster aufgestellt war, von dort aber 1816 in die kleine Ortschaft zwischen Cuxhaven und Bremerhaven überstellt worden war.
Dort entstanden die späteren Einspielungen der legendären ersten Bach-Serie Walchas. 18 Langspielplatten füllte die Edition anläßlich ihrer integralen Erstveröffentlichung. Walchas Interpretationen waren bahnbrechend und markieren einen wichtigen Punkt auf der Strecke, die zur Objektivierung und einem völlig neuen Verständnis barocker Musik führen sollte: Statt subjektivistischem Mystizismus herrscht vollkommene Klarheit: Der »Fanatiker des Staccato, Portato, Leggiero«, wie Walcha von einem Kritiker einmal genannt wurde setzt auch in seiner Registrierungskunst auf differenzierteste Klanggebung, um die kontrapunktischen Strukturen der Musik zu verdeutlichen.
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