Un ballo in maschera

Die früheste Studio-Gesamtaufnahme des Maskenballs stammt aus dem Jahr 1943. Sie entstand unter Tullio Serafins Leitung in Rom und vereint Maria Caniglia und Beiamino Gigli - zwei große Gestalter im Herbst ihrer Karriere; und doch: Giglis Elean und Attacke war zu diesem Zeitpunkt ungebrochen, einige wenig elegante Phrasen und Einzeltöne offenbaren freilich, daß die Stimme zu diesem Zeitpunkt bereits kräftig beansprucht war. Gehört haben muß man den Tenor jedenfalls in dieser Partie.

Vom Dirigat her unübertroffen ist der Livemischnitt einer Met-Produktion unter der Leitung von Dimitri Mitropoulos von 1955, der Richard Tucker in Hochform hören läßt, Zinka Milanov als nach wie vor souveräne Primadonna und - nicht zuletzt - Roberta Peters mit einer brillanten Koloraturstudie des Oscar, die kaum je übertroffen worden ist. Kuriosität am Rande: Die Miniaturpartie des Richters singt am Beginn einer großen Karriere James McCracken!

Was die Amelia betrifft kommt man um die Callas nicht herum, die - bis in die Ensembles hinein mit Schwung führend - an der Seite von Giuseppe di Stefano, gerade auf dem Höhepunkt seiner Karriere, eine hinreißend eloquente und dramatisch packende Aufnahme unter Antonino Votto gemacht hat. Hier ist auch Fedora Barbieri als Ulrica in epochaler Verfassung zu hören. Tito Gobbi dazu als drängender unnachgiebiger Renato - im Studio kaum mehr übertroffen.

Die bedeutendste Interpretation des Riccardo/Gustavo nach 1945 legte mit Sicherheit Carlo Bergonzi vor, dessen Differenzierungs- und Moduationskunst vom ersten bis zum letzten Auftritt alle dramaturgisch-seelischen Imponderabilien hörbar machen, ohne je auf die makellose Vokallinie verzichten zu müssen - ein einsame Höhepunkt: Die verschmitzt-amüsierte Gestaltung des »Lach-Ensembles« im Ulrica-Bild, bei dem auch Georg Solti am Pult zur Hochform aufläuft.


Freilich: Birgit Nilsson ist nicht die Amelia, die sich Verdianer erträumen, eine mit strahlenden Tönen und überwältigenden Phrasen ist sie allemal, während Cornell MacNeils Renato nur braven Metropolitan-Durchschnitt liefert. Bergonzi hört man freilich auch - nicht minder brillant - bei Erich Leinsdorf an der Seite von Leontyne Price und Robert Merrill im Zenit von deren Laufbahnen; eine der fesselndsten Darstellungen dieses Werks auf Tonträgern. Dazu noch Reri Grist als quirlig-perfekter, jugendfrischer Oscar.

Freunde von Luciano Pavarotti müssen sich ihre ideale Aufnahme am besten aus verschiedenen Möglichkeiten selbst zusammenflicken - der Riccardo war eine der echten Glanzpartien dieses Tenors, den Übergang vom vorletzten Bild in die Ballszene hat er mit einem Aplomb und einer Strahlkraft gesungen wie keiner vor und schon gar nach ihm.


Aber keine seiner Aufnahmen entstand mit gleichwertigen Partnern und/oder adäquaten Dirigenten . . .



↑DA CAPO