Streichquartett Es-Dur op. 74
1809
Dieses sogenannte Harfenquartett ist wie die Sechserserie op. 18 dem Fürsten Franz Joseph von Lobkowitz zugeeignet. Seinen kuriosen Beinamen hat das Werk von den Pizzicato-Passagen am Ende der Durchführung des Kopfsatzes, die als prägnantes Element gegen Ende dieses Satzes nochmals iwederkehren. Vor alles der Finalsatz - eine lichte Folge von Variationen über ein freundlich gestimmtes Thema - verleiht dieser Komposition ihr freundliches Antlitz und setzt sie vom folgenden Quartett in f-Moll ab, das eines der grimmigsten Werke Beethovens ist.
I. Poco Adagio - Allegro
II. Adagio ma non tropoo
III.Presto - più presto, quasi prestissimo
IV. Allegretto con variazioni
Das Adagio ma non troppo zählt zu den tiefgründigsten langsamen Sätzen Beethovens und läßt in seiner breit strömenden melodischen Anlage bereits eine Architektur wie den dritten Satz der Neunten Symphonie ahnen. Formal balanciert der Satz zwischen der geläufigen Dreiteiligen Anlage, dem Variations- und einer Annäherung an das Sonatenprinzip. Die in sich wiederum dreiteilige Exposition verläßt den Grundton As nicht, verdunkelt sich aber zwischendrin nach Moll. Dieser Prozeß wird im letzten Teil des Satzes dann zwar nur noch angedeutet, ist aber dennoch formbildend als eine Art Repriseerlebbar. Der eigentliche Mittelteil des Satzes (als Variation III deutbar) wendet sich nach Es-Dur - eingebettet erscheint hier das Thema des Satzbeginns in einer Moll-Variante, wodurch dieser Abschnitt Durchführungscharakter erhält. Der sprachlich umständliche Versuch einer analytischen Beschreibung camoufliert freilich den fließenden melodischen Charakter dieser Komposition, die sich dem Hörer als eine große Eingebung wie aus einem Guß offenbart - und Kommentatoren noch im sachlichen XX. Jahrhunderts ins Schwärmen geraten ließ: Die Sprache versagt angehörs der puren musikalischen Schönheit.II. Adagio ma non tropoo
III.Presto - più presto, quasi prestissimo
IV. Allegretto con variazioni
Beethoven konterkariert die Ruhe dieses Adagios durch das folgende c-Moll-Scherzo, das zwar ausdrücklich leggiermente, also mit großer Leichtigkeit gespielt werden soll, präsentiert sein rhythmisch am berühmten Beginn der Fünften Symphonie orientiertes Thema doch in recht derb-ländliche Ton. Auch in diesem Satz ist Beethovens Kompositionstechnik aufs raffinierteste verfeinert: Das Trio, das in seinem lichten C-Dur so ganz anders tönt als das Scherzo, schöpft seinen motivisches Material aus den Mittelstimmen des Scherzo-Teils!
Das Finale wiederum ist nun schon vom Titel her ganz eindeutig ein Variationssatz, der den Tonfall des schlichten Themas mit Ausnahme der heroisch getönten Variation Nr. 5 fast durchwegs beibehält und das Werk in heiterer Ruhe, wenn auch harmonisch und melodisch fantasievoll ausschweifend ausklingen läßt.