Francesca da Rimini

Riccardo Zandonai
Text von Tito Ricordi nach Gabriele D'Annunzio (1901)



BESETZUNG


Francesca (Sopran), Samaritana (Sopran), Ostasio (Bariton), Töchter und Sohn des Guido Minore da Polenta – Gianciotto lo Sciancato / Der Lahme (Bariton), Paolo il Bello / Der Schöne (Tenor), Malatestino dall'occhio / Der Einäugige (Tenor), Söhne des Malatesta da Verrucchio – Biancofiore (Sopran), Garsenda (Sopran), Altichiara (Mezzosopran), Adonella (Mezzosopran), Francescas Frauen – Smaragdi (Alt) – Ser Toldo Berardengo (Tenor) – Ein Spielmann (Baß) – Ein Armbrustschütze (Tenor) – Ein Fackelträger (Bariton) – Ein Gefangener (Tenor)

Ravenna und Rimini, um 1275

HANDLUNG



Erster Akt


Im Palast Guidos, des Herrschers von Ravenna, amüsieren sich die Hofdamen Francescas mit einem fahrenden Spielmann. Ostasio offenbart dem Notar Ser Toldo seine Zweifel an Francescas Einwilligung zur politisch wünschenswerten Hochzeit mit Gianciotto Malatesta. Der Bräutigam ist lahm. Francesca soll in dem Glauben bleiben, der schöne jüngere Bruder Gianciottos, Paolo, sei ihr zugedacht.
Francesca verliebt sich sofort in den schönen Jüngling, der im Hof erscheint. Nur die Zofe Samaragdi ahnt Schlimmes.

Zweiter Akt


Fehde zwischen den Malatesta und den Parcitadi in Rimini. Francesca beobachtet aus einem Turmzimmer die Kämpfe. Hier ist sie auch Paolo nahe, dem sie den Betrug verziehen hat. Gianciotto kehrt als Sieger zurück und spricht einen Toast auf seine schöne Frau aus. Auch der schwer verwundete Malatestino wird auf den Turm gebracht, stürzt aber, kaum erwacht, wieder zum Kampf, der unter Sturmgeläute erneut aufflammt.

Dritter Akt


Francesca träumt während Gianciottos Abwesenheit von Paolo, während ihre Dienerinnen sie durch Tänze und Gesänge zu zerstreuen versuchen. Paolo erscheint nach längerer Abwesenheit. Die beiden lesen sie die Geschichte von Lanzelot: Wie Ginevra den Galeotto, küßt Francesca nun Paolo.

Vierter Akt


Francesca wehrt den zudringlichen Malatestino ab, der in der Schlacht ein Auge verloren hat. Schreie eines Gefangenen dringen aus dem unterirdischen Verlies. Malatestino steigt hinab und bringt ihn für immer zum Schweigen. Währenddessen beklagt sich Francesca bei Gianciotto über die Zudringlichkeit seines Bruders. Als der mit dem abgeschlagenen Kopf des Gefangenen zurückkehrt, flieht sie aus dem Zimmer. Gianciotto stellt den Bruder zur Rede. Da berichtet Malatestino von der verbotenen Liebe Francescas zu Paolo und rät, zum Schein auf Reisen zu gehen, um das Paar in flagranti zu ertappen.

Francesca findet keinen Schlaf. Paolo erscheint. Jäh unterbricht Gianciotto die Liebesszene. Als sich Francesca schützend vor den Geliebten wirft, tötet Gianciotto beide. Danach zerbricht er sein blutbesudeltes Schwert.

Enstehungsgeschichte

Zandonai hatte die Geschichte von Paolo und Francesca bereits 1899/1900 komponiert - als Kantate für Tenor und Orchester nach dem Fünften Gesang aus dem »Inferno« der Divina Commedia.

Dieselbe Episode hat auch Gabriele D'Annunzio als Grundlage seiner Verstragödie Francesca da Rimini gewählt, ließ sich aber auch von Boccaccio Erzählung anregen, in der behauptet wird, der schöne Paolo hätte bereits in der Hochzeitsnacht die Stelle Gianciottos eingenommen.

Jahre später ließ Zandonai D'Annunzios Tragödie von Tito Ricordi einkürzen und zu einem Opernlibretto kondensieren. D'Annunzios Anspielungen auf das höfische Leben im Mittelalter reflektiert manches Instrumentationsdetail in Zandonais Partitur, vor allem die Verwendung alter Instrumente wie Schalmeien, Lauten und der »Viola pomposa«.; Der Gesang von Francescas Dienerinnen ist auch melodisch von antikisierendem Zuschnitt. Im übrigen entspricht er dem Gehalt des Stücks, das D'Annunzio als »Poem aus Blut und Leidenschaft« bezeichnet hatte, durch einen reichen, spätromantisch aufrauschenden Orchestersatz, in dem sich die zeittypische Koloristik der Zeitgenossen Richard Strauss und Claude Debussy spiegelt, wobei die wilden, ungezügelten Klänge, die Zandonai für die kriegerischen Szenen des zweiten und den Auftritt Malatestinos im vierten Akt durchaus an die Grenzen der Tonalität streifen. Den Stimmen werden trotz vieler melodiöser Abschnitte auch veristische, ja expressionistische Ausdrucksgesten abverlangt.

Italienische Opernhäuser hielten das Werk lange in den Spielplänen. Stars von Magada Olivero, Ilva Ligabue oder Leyla Gencer bis Renata Scotto liebten die Titelpartie. Die Scotto sang die Francesca an der Seite von Placido Domingo unter James Levine 1984 auch an der New Yorker Metropolitan Opera (auf DVD bei DG); Mara Zampieri war nach Aufführungen in Karslruhe die Titeheldin in einer viel beachteten Festspielproduktion 1994 in Bregenz.

↑DA CAPO