Der Trompeter von Säckingen

Victor Nessler
(1841-1890)

Inbegriff der rührseligen Spätphase der deutschen Spieloper.

INHALT DER OPER

Wunschkonzerthörer älteren Semesters erinnern sich noch an die »Kennmelodie« dieses Werks, Behüt' dich Gott, es wär' so schön gewesen, die eine Zeitlang ungemein populär war.


Die populäre Vorlage

Joseph Victor von Scheffel, als Landschaftsmaler nach Italien gezogen, skizzierte ausgerechnet in Capri und Sorrent sein poetisches Hauptwerk, das ursprünglich Werner und Margaretha heißen sollte und als Der Trompeter von Säckingen Furore machen sollte.
Paul Heyse hielt als erster kritischer Leser Scheffels Versdichtung in Händen und lobte sie. In Druck erschien das Buch zu Weihnachten 1853. Es wurde in Deutschland ungemein populär.
Die Hauptfiguren, deren Geschichte man sich in Säckingen erzählte, hatten tatsächlich gelebt: Franz Werner Kirchhofer (»Jung Werner«), ein Säckinger Bürger (1633 - 1690), der allerdings nicht Trompete spielte, aber gegen alle Widerstände als Bürgerlicher die adelige Maria Ursula von Schönau (»Margaretha«) (1632 - 1691) ehelichte.

Doch floß viel Biographisches aus Scheffels Leben in die Dichtung ein, vor allem die Tatsache, daß man ihm verwehrte, die Liebe seines Lebens, seine Cousine Emma, zu heiraten, weil sie einem anderen versprochen war.

Die Verse
Das ist im Leben häßlich eingerichtet,
Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn
wurden in Deutschland sprichwörtlich, das Buch zum Bestseller, wohl gerade deshalb, weil Scheffel keinen klaren Handlungsverlauf skizziert, sondern seine Geschichte aus einzelnen, mehr oder wenige lose aneinandergereihten anekdotischen Kapiteln aufbau, in denen Nebensächliches - etwa die ironisch-kritischen Lieder des Katers Hidigeigei - manchmal ins Zentrum rückt.

Die Lieder
des Katers Hidigeigei

I.
Ich, Hidigeigei, die alte Katz',
Bin eine Person von Erfahrung,
Erwisch' ich die Maus nicht, so fress' ich die Katz',
Auch die gibt erkleckliche Nahrung.

Ich, Hidigeigei, die alte Katz',
Ich hass' die empfindsame Richtung,
Ich finde, die Welt ist kein passender Platz
Zu beschreiten die Pfade der Dichtung.

Ich, Hidigeigei, die alle Katz', Ich singe nicht klagend vom Dache,

Verloren, geraubt ist mein süßer Schatz,
Mir bleibt nur Tod oder Rache.

Ich, Hidigeigei, die alte Katz',
Ich lieb' in der Liebe den Wechsel,
Es wäre sonst immer die selbige Hatz
Und das selbige Liedergedrechsel.

II.
Wie diese Menschen sich im Wahn versteigen, Ein Kater faßt ihr falsches Reden kaum —

Statt sich mit bravem Raubtier zu vergleichen,
Spricht man von »Blüten an der Menschheit Baum«.

O Baum der Menschheit — Stamm, der schlank gehoben,
Mit seinen Wipfeln stolz den Himmel sucht:
Dein Blattwerk ist aus Dummheit nur gewoben,
Und kürbisschwer hängt drin des Unsinns Frucht.


Scheffel wurde zu einem gefeierten Künstler Deutschlands, vom Großherzog von Baden geadelt, vom Leseverein der deutschen Studenten in Wien zum 50. Geburstag mit einer Festschrift geehrt.

Die Oper

Bis aus der Muster-Dichtung der »Deutschen Innerlichkeit« eine Oper wurde, war es nur eine Frage der Zeit.

Von den Versuchen, den Trompeter auf die Musiktheaterbühne zu bringen, war jener von Victor Nessler mit Abstand am erfolgreichsten. Der Chefdirigent des Leipziger Stadttheater verstand die »deutsche Seele« jener Ära offenbar am besten. Er hatte 1879 schon einen Rattenfänger von Hameln komponiert, bevor er mit dem Trompeter von Säckingen das Werk schuf, mit dem er zumindest für eine Generation wirklich populär werden sollte.

Nessler entstammte einem Pastoren-Haushalt und sollte nach dem Willen des Vaters ebenfalls Theologie studieren. Als er nach sechs Semestern entschied, sich lieber der Musik zuzuwenden, meinte der Vater
Wenn du es nicht schaffst, wirst du eben einfacher Organist in der Kirche, in der du auf der Kanzel hättest stehen können.


An Breitenwirkung übertroffen wurde Nesslers Oper später nur durch den Stummfilm, den Franz Porten nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs mit örtlichen Statisten in Säckingen drehte.


Die Oper


INHALT

VORSPIEL
Ein Fest im Hof des Heidelberger Schloßes, Werner Kirchdorfer, ein junger Mann, der von Zigeunern aufgezogen wurde, bläst virtuos Trompete.
Die Studenten bringen der Kurfürstin ein Ständchen, geraten aber mit den Landsknechten in Streit. Der Rektor verweist sie daraufhin Studenten von der Universität. Als Landsknechte ziehen sie nun fröhlich von dannen.

ERSTER AKT
Bei den Vorbereitungen zum Fridolinsfest treffen der Landsknecht Konradin und der Trompeter Werner nach langer Zeit wieder aufeinander. Die beiden kommen der Gräfin Wildenstein und deren Nichte Maria zuhilfe, denen aufsäßige Bauern den Weg zur Kirche versperren.
Maria und Werner finden aneinander Gefallen.
Doch Maria soll nach dem Willen ihres Vater mit dem Sohn des von der Gicht geplagten Freiherrn von Schönau verheiratet werden. Der Freiherr macht Werner, als er von seiner mutigen Tat erfährt, zu seinem Schlosstrompeter an. Er darf Maria unterrichten.

ZWEITER AKT
Werner hat ein Lied für Maria komponiert. Dem treuen Freund Konradin gelingt es, die mißtrauische Gräfin abzulenken, sodaß Werner mit Marie kurz allein bleiben kann. Die beiden gestehen einander ihre Liebe, werden aber von der Gräfin überrascht. Der Trompeter muß das Schloß verlassen. Als von Verne sein Abschiedslied erklingt, bricht Maria weinend zusammen.

DRITTER AKT
Aufrührerische Bauern belagern Schloß Schönau. Ein Ausfallsversuch mißlingt. Doch Werner rückt mit einer Schar von Landsknechten an und schlägt die Rebellen in die Flucht. Als man den Verwundeten Retter verbindet, entdeckt man ein Mal an seinem Arm, das ihn als den verschollenen älteren Sohn des Grafen Wildenstein ausweist.
Einer Vermählung mit Maria steht nichts mehr entgegen.


An Aufführungen von Nesslers durch und durch »deutschem« Stück war nach 1945 kaum mehr zu denken. Ein Werk, in dessen Eingangsszene schon das Lied von »Alt Heidelberg« gesungen wird, galt als suspekt.


Aufnahmen

Hermann Prey hat als letzter Sänger versucht, die einst viel gespielte Oper vor dem Vergessen zu bewahren - den Tonfall des »Es hat nicht sollen sein...« traf er perfekt - im Querschnitt, den er früh in seiner Karriere für EMI aufgenommen hat ebenso wie in der späten Gesamtaufnahme unter Helmut Froschauer.
Die das einzige Tondokument blieb, die das Werk heute zugänglich macht (Capriccio).

DAS LIBRETTO

Personen des Vorspiels


WERNER KIRCHHOFER
CONRADIN
Der HAUSHOFMEISTER
Der REKTOR
LANDSKNECHTE und WERBER
STUDENTEN
Zwei PEDELLE
KELLERKNECHTE



Im Schloßhof zu Heidelberg


gegen Ende des dreißigjährigen Krieges


VORSPIEL
Der Heidelberger Schlosshof.

Nr. 1 - Studentenlied und Landsknechts-Chor

CHOR DER STUDENTEN
Alt Heidelberg, du feine,
Du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine
Kein' andre kommt dir gleich.

Stadt fröhlicher Gesellen,
An Weisheit schwer und Wein,
Klar ziehn des Stromes Wellen,
Blauäuglein blitzen drein.

WERNER
Und kommt aus lindem Süden
Der Frühling über's Land,
So webt er dir aus Blüthen
Ein schimmernd Brautgewand.

Auch mir stehst du geschrieben
Ins Herz gleich einer Braut,
Es klingt wie junges Lieben
Dein Name mir so traut.

CHOR DER STUDENTEN
Und stechen mich die Dornen,
Und wird mir's drauss zu kahl,
Geb' ich dem Ross die Spornen
Und reit' ins Neckarthal!«

CHOR DER LANDSKNECHTE
Ha! ha! ha! ha! ha! ha!

CONRADIN
Worauf wollt ihr denn reiten?
Habt ja kein Ross im Stall,
Habt ja kein Schwert zum Streiten.
Seid Federfuchser all'!

CHOR DER LANDSKNECHTE
Ha! ha! ha! ha! ha! ha!

CONRADIN
Da schaut den schmucken Landsknecht an:
Vom Kopf zum Fuss ein ganzer Mann,
Trägt Sporn und Hieber nicht zum Staat,
Mit Herz und Hand ist er Soldat.
Ihr müsst sitzen, ihr müsst schwitzen,
Im Colleg die Ohren spitzen,
Während wir zu Kampf und Siegen
Hoch zu Ross die Welt durchfliegen.

CHOR DER LANDSKNECHTE.
Wohlauf, Kameraden, mit fröhlichem Muth,
Feinsliebchen im Herzen, die Feder am Hut,
Im goldgelben Wamms, mit dem Schwert in der Hand,
Auf wieherndem Rosse ins weite Land!

HAUSHOFMEISTER
Aber – aber, meine Herren,
Welche nächtlich arge Störung!
Just als gäb' es hier Empörung,
Oder höllische Verschwörung!

CHOR DER STUDENTEN
In Ermanglung and'rer Geister
Kommt der Haus- und Kellermeister!
Mitternacht muss nahe sein.
Ha! ha! ha!

HAUSHOFMEISTER
Meine Herren, haltet ein!
Welche rohen Burschensitten!
Die Frau Kurfürstin lässt bitten,
Ihren Schlummer nicht zu stören
Und sich aus dem Schloss zu scheeren.

CHOR DER STUDENTEN
Hurrah, die Frau Kurfürstin!
Sicher wär's nach ihrem Sinn,
Wenn wir ihrer noch gedächten
Und ihr gleich ein Ständchen brächten.

EINIGE STUDENTEN
Ja, wahrhaftig, klug gedacht!
Sang und Klang bei stiller Nacht,
Der entzückt ja stets die Frauen.

ANDERE STUDENTEN
Doch wer wird sich wohl getrauen,
Ihre Durchlauchtigsten Gnaden
Kühnlich anzuserenaden?

ALLE STUDENTEN
Bruder Werner, du allein
Kannst den Worten Töne leihn –
Spielst die Gambe, bläs'st die Flöte
Und zumal erst die Trompete – –

WERNER
Die Trompete? – Ja, fürwahr:
Reicht mir 'ne Trompete dar!
Hab' in den Zigeunerhorden,
Drin ich aufgezogen worden,
Das Trompeten gut gelernt.
Gieb mir dein Kriegshorn, Spielgesell,
Du alter, wack'rer Degen, –
Im Mondstrahl blitzt es zauberhell
Und lockend mir entgegen.

Nr. 2 - Ensemble, Trompeterlied und Serenade (Minne-Lied)

CONRADIN
Solch' einem schmucken Herrn
Hilft jeder Landsknecht gern! –
Zwar ist wohl für die hohe Kunst
Mein Kriegshorn nicht gemacht,
Doch hat es mir des Feldherrn Gunst
In mancher Schlacht gebracht.
Hei, wenn's so in die Schweden klang:
»Zum Sturme – vorwärts marsch!«
Dann tönt es, wie ein Schlachtgesang,
Aus tausend Kehlen barsch:
»Haut zu, haut zu und schont sie nicht,
Bis euer Schwert in Stücke bricht!«
Doch nicht beim Reiterangriff nur
Ertönt' es auf des Feindes Spur,
Frisch zur Reveille schallt es früh,
Und erst am Abend spät für sie – –
So tön' auch nun zum Lied sein Klang,
Das einstmals Pfalzgraf Friedrich sang.

CHOR DER STUDENTEN UND LANDSKNECHTE
»Ich kniee vor Euch als getreuer Vasall,
Pfalzgräfin, schönste der Frauen!
Befehlet, so streit' ich mit Kaiser und Reich,
Befehlet, so will ich für Euch, für Euch
Die Welt in Fetzen zerhauen.
Ich hol' Euch vom Himmel die Sonn' und den Mond,
Pfalzgräfin, schönste der Frauen!
Ich hol' Euch die Sterne sonder Zahl,
Wie Fröschlein sollt Ihr die funkelnden all'
Gespiesst am Degen erschauen.
Befehlet, so werd' ich für Euch zum Narr,
Pfalzgräfin, schönste der Frauen!
Ja, Narre bin ich schon sonder Befehl,
Das Sonn'licht blendet mich allzuhell
Von Euren zwo Augen, den blauen.«

HAUSHOFMEISTER
Gegen Geister hilft der Pater,
Wasser gegen Katz' und Kater:
Wenn wir doch ein Mittel kennten
Gegen Landsknecht' und Studenten!
Die Frau Kurfürstin will schlafen,
Der Senat soll euch bestrafen; –
Geht ihr nicht, so schick' ich schnell
Noch zu Rektor und Pedell.

DIE STUDENTEN
Zum Pedell? Hei duida!
Nennst du ihn, gleich ist er da.
Pedelle sind der Segen
Von jeder Zeit,
Im Sonnenschein und Regen
Zum Fang bereit.
Sie essen nicht,
Sie trinken nicht,
Vergessen nicht
Des Dienstes Pflicht:
Pedelle sind der Segen
Von jeder Zeit.

HAUSHOFMEISTER
Seht mir solche frechen Rotten
Selbst die Obrigkeit verspotten.
Sucht das Weite! macht euch fort!
Hier ist wahrlich nicht der Ort,
Noch bei Nacht zu commerciren; –
Will den Rektor gleich zitiren!

Nr. 3 - Duettino (Die Werbung)

CONRADIN
Ei, ei, Jungbürschlein wohlgemuth,
Du bläs'st ja wie ein Stabstrompeter!
In dir steckt echtes Reiterblut,
Du bist zu gut für Tint' und Feder.
Es fehlt zum Landsknecht, glaube mir,
Nur Federhut und Säbel dir.
laß dich mit meinem Hut' mal schmücken!
Trink' aus dem Humpen, Kamerad,
Auf uns're Rotte – – dann bist du Soldat!

WERNER
laßt ab! laßt ab! es ist mir bekannt,
Die Werbertrommel geht durchs Land; –
Ihr könntet selbst ja Werber sein.

CONRADIN
Ich, Werberoffizier! – O nein!

WERNER
Ein Reitersmann möcht' ich wohl sein;
Allein mein alter Pflegevater,
Der mich von den Zigeunern kaufte
Und dann auf seinen Namen taufte
Und hier an uns'rer alma mater
In beiden Rechten ist Professor,
Der möchte gern, ich würd' Assessor.

CONRADIN
Ei, Respect vor der Karriere!
Nun, so nimm dein Corpus juris,
Setz' dich auf die Bank und höre,
Wie vom Herrn Professor wird
Altes röm'sches Recht docirt.

WERNER
Römisches Recht, die grösste der Plagen?
Ach, ich hab' es längst im Magen! –
Möchte in die Ferne schweifen,
Wo der Mond die Nebel küsst,
Kühn die weite Welt durchstreifen,
Bis ein holdes Lieb mich grüsst.
Möcht' auf muth'gem Rosse jagen,
Kämpfen kühn mit dem Geschick,
Bis zwei liebe Augen sagen:
Ruhe aus, hier winkt dein Glück!

O Wonnegedanken,
O Träume voll Lust,
Ihr schlingt euch wie Ranken
Um meine Brust!
Brich, jugendlich Wagen,
Mit frischem Schein,
Wie rosiges Tagen
Ins Leben herein!

CONRADIN
Das nenn' ich Gedanken
Voll Lebenslust!
O, laß sie nicht wanken
In deiner Brust!

Die Jugend muß wagen,
Muß muthig sein –
Nicht grübeln, nicht zagen,
Dem Glücke sich weih'n.

Nr. 4 - Ensemble

CONRADIN
Darum greif' nach der Trompete,
Nimm ein schwarzgelocktes Mädchen,
Heißt sie Marthe oder Grete –
Wenn sie nur die Schönst' im Städtchen;
Zieh zu Roß landaus, landein,
Kannst bei uns Trompeter sein.

WERNER
Wie? Trompeter? – Potz Element!
Und in eurem Regiment?
Ei, das wär', wie ich's gewollt!

CONRADIN
So stoß' an und nimm dies Gold!

CHOR DER LANDSKNECHTE
Ja, stoß' an und nimm das Gold,
Dann ist's so, wie du's gewollt!
Bist dann unser Kamerad,
Juchhe! Landsknecht und Soldat.

WERNER
Nein, damit fangt Ihr mich nicht.

CONRADIN
Nun, so kenn' ich meine Pflicht:
Auf, ergreift mir den, Soldaten!

WERNER
Burschen 'raus!

DIE LANDSKNECHTE
D'rauf Kameraden!

CONRADIN
Ei, der kann's ja wie ein Reiter!

DIE STUDENTEN
Burschen drauf!

Nr. 5 - Finale

Rektor MAGNIFICUS
Haltet ein! nicht weiter!

HAUSHOFMEISTER
Seht Ihr es, Magnificenz?
Klar wird's Euch zur Evidenz:
Eure academ'sche Jugend
Ehrt nicht Ruh', noch Bürgertugend; –
Excernirt und excludirt.

EINIGE STUDENTEN
Relegirt und exmittirt?

ANDERE
Excernirt und excludirt?

Rektor
Alle – Alle relegirt!

WERNER
Relegiert von Bank und Schulden?

STUDENTENCHOR
Relegiert? O Schreckenswort!
Heidelberg, wir müssen fort!
Musenstadt, dir muss ich klagen
Was dein Strafgesetzbuch spricht:
Nachtigallen dürfen schlagen,
Doch Studenten dürfen's nicht.

WERNER
Herr Rektor magnificus,
Bringt dem Carcer unsern Gruss:
Nimmer sperrt Ihr uns mehr ein,
Wollen freie Reiter sein!

CHOR DER STUDENTEN
Nimmer sperrt ihr uns mehr ein,
Wollen freie Reiter sein!

WERNER
Ja, freie Reiter! – Nun wohlan,
Gebt her das Kriegshorn, den Hut mit der Feder –
Mein Handgeld her! Bin Reitersmann
Und wohlbestallter Kriegstrompeter.

ALLE
Wohlauf, Kameraden, mit fröhlichem Muth,
Feinsliebchen im Herzen, die Feder am Hut,
Im goldgelben Wamms, mit dem Schwert in der Hand,
Auf wieherndem Rosse ins weite Land!

Wo Muth, da ist Kraft, und wo Kraft, da ist Macht;
Je dichter der Feind, desto heisser die Schlacht;
Je heisser die Schlacht, desto kühler 's Quartier:
Stets vorwärts weht lustig des Landsknechts Panier!




Personen der Oper
DER GRAF VON WILDENSTEIN
GRÄFIN VON WILDENSTEIN, seine geschiedene Gattin und Schwägerin des Freiherrn von Schönau
DAMIAN, der Sohn des Grafen aus zweiter Ehe
DER FREIHERR VON SCHÖNAU
MARIA, seine Tochter
WERNER KIRCHDORFER, ein Student
CONRADIN, Landsknecht
Ein Diener
Ein Bote des Grafen
Ein Knecht
Vier Herolde

Bürgermädchen und Burschen. Bürger und Bürgerinnen von Säckingen. Hauensteiner Bauern. Volk. Schuljugend. Dechant und Kapläne. Bürgermeister und Rathsherren von Säckingen. Komture und Deutschritter. Fürst-Aebtissin und Edeldamen des Hochstifts. Landsknechte. Gefolge des Grafen von Wildenstein. Die Wirtin »zum güldenen Knopf« in Säckingen. Hauensteiner Dorfmusikanten

Ort
In und um Säckingen

Zeit
Nach dem 30jährigen Krieg, 1650

ERSTER AKT
Platz vor der Kirche St. Fridolini zu Säckingen.

Nr. 6 - Bauerntanz und Chor

CHOR
Der Hans schwingt die Liese, die Liese den Hans,
Juchheirassasa, die drehn sich beim Tanz; –
Hell tönet die Fiedel, und tief brummt der Baß,
Wie hebt das die Füße, wie lustig klingt das!

Der Schwarzwälder Bursch und die Höhgauer Maid,
Das giebt wohl ein Paar, daß das Herz sich dran freut;
Dem Burschen der Strauß und dem Mädel der Kranz,
Juchheisa, bald giebt's einen Hochzeitstanz!
Juchhe!

EINIGE ÄLTERE MÄNNER
Was fangt ihr so früh schon an?
Kann doch Abends Jedermann
Zu St. Fridolini Ehren
Noch genug den Tanzsaal kehren.

CHOR DER JUNGEN SÄCKINGER
O, Fridoline, Schutzpatron
Für alle jungen Leute,
Gegrüßt sei uns, du Nordlandssohn,
Dein schöner Festtag heute –
Gegrüßt im ersten Frühlingslicht,
Wo Welt und Herz die Rinde bricht
Und Alles blüht und sprießt:
Sei tausendmal gegrüßt,
O, heil'ger Fridoline!

CONRADIN
O, heil'ger Fridoline!

EINIGE JUNGE MÄDCHEN
Was seufzt Er, alter Landsknecht, denn,
Als ob ihm Lieb' im Herzen brenn'?

CONRADIN
O, heil'ger Fridoline,
Dem ich so gerne diene:
Warum gilt all dein Walten
Den Jungen nur? – Wir Alten
Sind doch auch nicht von Stein!

DIE JUNGEN MÄDCHEN
Ja, ja, das mag wohl sein!
Doch weise ist,
Wer nicht vergißt,
Wann für ihn Zeit zur Ruhe ist.

CONRADIN
Das nenn' ich mir doch Uebermuth!
Respect vor mir, du junge Brut! –
Glaubt ihr, der hohe Magistrat
Hat mich hierhergesetzt zum Staat? –
O nein, daß ich verständnißvoll
Euch Alle überwachen soll!

DIE JUNGEN MÄDCHEN
Ei, wahrlich eine schwere Pflicht;
Denn Alter schützt vor Thorheit nicht.

CONRADIN
Drum komm mal her, mein Käthchen,
Rothwangig Schwarzwaldmädchen,
Und gieb mir einen Schmatz,
Du süßer Herzensschatz!

CHOR DER HAUENSTEINER BAUERN
Was fällt dem alten Graukopf ein? –
Läßt er gleich das Charmiren sein!

CONRADIN
O, heil'ger Fridoline,
Ward bei der Liebe wettergrau:
Die Weiber kenn' ich ganz genau –
Wenn's keine Jungen für sie giebt,
Thun mit den Alten sie verliebt.
Drum halt' die Jungen mir vom Leib:
Möcht' auch noch meinen Zeitvertreib,
Und schenk' mir die Blondine,
O, heil'ger Fridoline!

CHOR
Der Hans schwingt die Liese, die Liese etc.

Nr. 7 - Ensemble und Rezitativ

DIE BAUERN
Das ist doch eine Sünd' und Schand!
Soldatenstand und Bauernstand,
Die passen nimmer zu einand.

CONRADIN
Ja, wir sind auch der Wehr stand,
Und ihr doch nur der Nährstand!

DIE BAUERN
Macht's auch wie unser Freiherr dort,
Der Vögte schickt von Ort zu Ort
Und alle Tage weiß ein Fest,
An dem er Steuern sammeln läßt.
Unser Land sei steuerfrei!

CONRADIN
Der Freiherr hat ganz Recht:
Der Bauer ist sein Knecht,
Den er vor Stolz und Ueberfluß
Stets väterlich behüten muß.

DIE BAUERN
Das ist so recht des Kriegsvolks Art,
Das stets sich um den Adel schaart; –
Doch bald heißt's: »Mitgegangen,
Darum auch mitgehangen.«

CONRADIN
Habt ihr's auf Landsknecht' abgesehn?
Hier seht ihr einen vor euch stehn,
Der Trutz dem Bauernvolke beut
Und solch Gesindel nimmer scheut.

DIE BAUERN
Verweg'ner Landsknecht, wehr' dich gut:
Der Bauernknüttel färbt mit Blut!

WERNER
Gemach, gemach, Freund Conradin!
Mußt du selbst bei Sanct Fridolin
Zum Raufen deine Klinge ziehn?

CONRADIN
Was seh' ich? Werner? Welche Freud'?
Du kommst mir just zur rechten Zeit:
Die Klinge 'raus! Hilf mir beim Streit!

WERNER
O nicht doch! Laß die Leute gehn,
Und freue dich, daß wir uns wiedersehn. –

CONRADIN
Kommst just zum Fest zur rechten Zeit.

WERNER
Das seh' ich, Freund! – Auf jedem Pfad
Der Strom der frohen Waller naht.

CONRADIN
Sanct Fridolini Fest ist heute,
Des Schutzpatrons der jungen Leute.

WERNER
Ich bin ja auch ein junges Blut
Mit frischem Sinn und keckem Muth:
Der Heil'ge mag mir gnädig sein!

Nr. 8 - Rezitativ, Ensemble und Duettino

WERNER
Viel bunte Nachen wiegt der Rhein –
Ei, wie das flaggt und weht!

CONRADIN
Nicht wahr?

WERNER
Und wen trägt jener dort?

CONRADIN
Ein Paar
Von wahrlich ganz verschied'ner Art.

WERNER
Wie sich mit Nacht der Morgen paart,
Schmiegt sich ans dunkle Trauerkleid
Der Andern eine junge Maid.
Sag an, wer ist das holde Bild,
Das wie ein Frühlingstraum so mild?

CONRADIN
Das ist des Freiherrn Töchterlein
Mit ihrer gestrengen Frau Base,
Der alten Gräfin Wildenstein.

WERNER
Nie ahnt' ich solcher Schönheit Wonne!

DIE SCHIFFSLEUTE
Macht Platz, ihr Bauern!

DIE BAUERN
Ei, wozu?
Hier hat der Bauer so viel Rechte,
Und mehr noch, als des Freiherrn Knechte.
Wir werden euch zum Trotze bleiben!
Laßt sehn! wer will uns hier vertreiben?

WERNER
Ich! – Weg, ihr Leute! Treibt ihr's so?
Ich will euch bessre Sitten lehren!

DIE BAUERN
Wart' nur, junger Spielmann,
Wollen die dich kennen lehren.

WERNER
Fürchtet nichts, ich biete Trutz,
Und vertraut euch meinem Schutz!

MARIA
Nehmet Dank! Ein braver Landsknecht,
Der bedrohte Frauen schützt!

WERNER
Ha, wie süß der Strahl der Freude
Jetzt aus ihren Augen blitzt!
Dankt mir nicht, mein holdes Fräulein!
That nicht mehr als meine Pflicht; –
Wollt ihr aber mich beglücken,
Unaussprechlich mich entzücken,
Schenkt mir ein Vergißmeinnicht
Aus dem Strauße, der euch schmückt.

MARIA
Wenn das Blümchen euch beglückt –
Von Herzen gern!

DIE BAUERN
Seht doch den Herrn!
Wie er mit dem Schloßfräulein
Thut so artig und so fein – –
Will der ein Trompeter sein?

GRÄFIN
Es ist empörend – dieses Volk! – Sagt an,
Wer aber ist der junge Mann
Von ritterlichem Wesen,
Der unser Schutz gewesen?

CONRADIN
Er nennt sich Werner, hohe Dame; –
Kirchhofer war des Mannes Name,
Der einst ihn bei Zigeunern fand
Und später dann nach sich benannt.

GRÄFIN
Wie? bei Zigeunern? Offenbar
War er doch nicht von ihrem Stamm! –
Mein Sohn wär' nun wohl auch so alt
Und von so lieblicher Gestalt,
Wär' er von solchen wilden Horden
Als Kind uns nicht gestohlen worden.

CONRADIN
Der machte sicher wohl mehr Staat
Als dieser schlichte Kamerad,
Der sonst ein Spielmann ohne Tadel.

GRÄFIN
Er war ja ganz mein Ebenbild –
Bis auf dies Mal am Arm mein Bild –
Und der nur Landsknecht, nicht von Adel!
Maria!

WERNER
O, Maria!
Im Himmel und auf Erden
Des schönsten Namens Klang!

GRÄFIN
O komm! Was weilst du hier so lang?

MARIA
Wollt' nur nicht ungeduldig werden?
Kommt, laßt uns in die Kirche gehn
Und uns vom Heil'gen Glück erflehn!

Nr. 9 - Finale (Der Kirchgang)

CHOR
O, heil'ger Fridoline,
Sei uns gebenedeit!
Schenk' unsern Fluren Segen
Und Sonnenschein und Regen
Zur rechten Zeit.

CONRADIN
O, heil'ger Fridoline,
Was hast du angericht't!
Ein Fräulein den Trompeter –
Das sieht doch wohl ein Jeder:
Das geht doch nicht!

CHOR
O, heil'ger Fridoline,
Du Schutz der Christenheit,
Gieb Liebe unsern Herzen
Und sei in Lust und Schmerzen
Gebenedeit!

WERNER
Maria, o Maria,
Du wundersame Maid,
Aus deines Auges Sonne
Lacht nun erst mir die Wonne
Der Frühlingszeit.

VERWANDLUNG
Zimmer

Nr. 10 - Die Arie vom Zipperlein

FREIHERR
Da schlage doch das Wetter drein,
In das verdammte Zipperlein,
Daß ich mit meinem Hinkefuß
Nun hier im Lehnstuhl sitzen muß,

Es gab wohl eine schöne Zeit,
Da war es anders noch als heut'; –
Da jagt' ich durch die weite Welt,
Flink wie der Hirsch durchs Aehrenfeld,
Und manches holde Aeugelein
Das winkte hell wie Sonnenschein
Von ferne schon dem Reitersmann –
Doch heut' – was fang' ich heute an?
Da ward der alte Lehnstuhl mir
Zum unfreiwilligen Quartier,

Es meint wohl mancher lästerlich –
Und das ist doch ganz lächerlich! –
Das sollt' vom Wein gekommen sein, –
Der Hinkefuß von solchem Wein!
's war freilich stets mein stilles Glück,
Von jeder Rheinweinsort' ein Stück
Zu sehn in meinem Keller,
Und zu probiren früh und spät,
Wie es mit jedem Jahrgang steht –
Zumal beim Muskateller!

Das ist nun 'mal mein Lieblingswein
Und wird's trotz dir, o Zipperlein,
Bis an mein sel'ges Ende sein –
Bis an mein sel'ges Ende! –
Dann falt' ich still die Hände
Und sag': »Es muß geschieden sein,
Schenkt nochmals Muskateller ein!«
O Podagra, o Chiragra,
Dann ist es auch mit euch tralla!
Das bleibt mein Trost in dieser Welt,
Wenn's noch so schlecht mit mir bestellt!

Nr. 11 - Rezitativ, Melodram und Ariette

FREIHERR
Das kommt vom Grafen Wildenstein! –
Laß mir den Boten selbst herein,
Die Antwort ihm zu sagen.
Hm! was will er?
»Alter Freund!
Meine Frau ist jüngst gestorben,
Und ich will den alten Streit
Mit der Gräfin, deiner Schwäg'rin,
Die mein erst Gemahl gewesen,
Noch vor meinem Ende schlichten!«
Bravo! Bravo! das ist redlich!
Kennne d'ran den biedern Landsknecht
Und den alten Kameraden!
»Ausgehn darf kein edler Stamm; –
Darum macht' ich mir ein Plänchen! –
Sag', du hast doch eine Tochter,
Und ich habe einen Sohn; –
Beide sind von gutem Adel
Und gewiß d'rum ohne Tadel,
Und ich dachte lange schon
Wenn ich nun mit Damian käme
Und der deine Tochter nähme?«
Donnerwetter! – kurz, soldatisch
Und dabei doch diplomatisch –
Das gefällt mir! Hei – juchhei!
Ei, da bin ich gleich dabei!

»Au! ja so!«
So reite zurück in dein Donauthal
Und grüße den Freund mir viel tausendmal,
Und sag' ihm, er möge nur kommen,
Sein Antrag sei angenommen!
Und sag' ihm, ich könnt es ihm schreiben nicht,
Weil meine Rechte lähmte die Gicht:
Doch mög' er just am ersten Mai,
Zu meinem Geburtstag, erscheinen,
Daß dadurch um so größer sei
Die Freude für die Meinen,
Die ich dann überraschen will:
Drum schweig mir über Alles still! –

Ins Schloß kommt ein Freier
Von gräflichem Blut,
Da schmeckt mir's zur Feier
Noch einmal so gut!

Ihr einsamen Räume,
Bald kehrt euch zurück
Statt alternder Träume
Nun bräutliches Glück.

Nr. 12 - Terzett

MARIA
Zürne nicht' mein Väterchen,
Daß wir dich allein gelassen.

FREIHERR
Nein, ich hab indeß mein Pfeifchen
Recht von Herzen dampfen lassen.
Weiß ja schon, euch Frauenzimmer
Sieht man wiederkehren nimmer,
Ließ man euch zum Feste gehn.

GRÄFIN
Freilich konnt' es leicht gescheh'n,
Daß Ihr nimmer uns gesehen;
Denn die Hauensteiner Bauern,
Die mit Euch im Zwiste stehen,
Schienen uns dort aufzulauern.

FREIHERR
Dies Gesindel – diese Bande!
Ha! das ist doch eine Schande!
Nicht die Frauen auf den Gassen
Mehr in Sicherheit zu lassen!
Hätt' ich nicht das Zipperlein,
Haut' ich heut' noch auf sie ein.
Ach, wie fehlt dem alten Stamme
Doch so sehr ein frisches Reis? –
Töchterchen, 's wird hohe Zeit,
Einen Schirmherrn dir zu suchen.

MARIA
Väterchen, der wird sich finden; –
Vielleicht schneller, als wir's ahnen!

FREIHERR
Rings Empörung, drohn Gefahren
Uns im schwach besetzten Schlosse.
Kann nicht mal ein Zeichen geben,
Wenn man uns hier überfiel,
Den Verbündeten im Städtchen,
Meiner alten Landsknechtrotte;
Denn mein treuer Schloßtrompeter,
Der mir oft die Grillen wegblies,
Ging auch jüngst zu seinen Vätern,
Und verlassen sitz' ich hier.

MARIA
Einen prächtigen Trompeter
Wüßt' ich, Väterchen, für dich!

GRÄFIN
Meinst doch den nicht, der beim Feste
Vor den Bauern uns beschützt?

MARIA
Ja, Frau Base, er allein
Soll hier Schloßtrompeter sein!
's ist ein Spielmann ohne Tadel.

GRÄFIN.
Nein, Herr Schwager, folget mir!
Der paßt ganz und gar nicht hier
In dies Haus von altem Adel.

FREIHERR
Ei, das Blasen der Signale
Lernt man nicht im Ahnensaale;
Dient uns redlich nur der Mann,
Was geht uns sein Wappen an?

GRÄFIN
Nein, Herr Schwager, folget mir:
Der paßt ganz und gar nicht hier.

MARIA
Väterchen, glaub' mir!

GRÄFIN
Glaubt mir!

MARIA
Nur zum Besten rath' ich dir.
Ach, er ist so nett und fein –
Der muß dein Trompeter sein!

GRÄFIN
Nein, Herr Schwager, nein, nein, nein!
Meine Schwester, die hochselig,
Aergerte gewiß sich schmählich.

FREIHERR
O mein Gott, auch die Hochseligen
Sollen noch dies Schloß befehligen!

Nr. 13 - Rezitativ, Notturno und Lied

FREIHERR
Wenig Dank wißt ihr dem Retter,
Der Euch barg vor Bauernwuth.
Seltsam! einst, im Schlachtenwetter,
Opferte sein treues Blut
Auch ein Spielmann mir – aufs Neue
Denk' ich heute seiner Treue!
Spielmannstreue lebe hoch!
Ha! wer bläst dort unten am Rhein?
Das klingt ja, als wollte noch unter dem Rasen
Mein Schloßtrompeter sein Leibstück mir blasen!

MARIA
Das kann nur der hübsche Trompeter sein!

GRÄFIN
Das kann nur der kecke Trompeter sein!

MARIA
Er ist's! – er ist's! Ich erkenne ihn wieder!
Schwer nickt ihm die Feder vom Hute nieder.

»Wie stolz und stattlich geht er!
Wie adlich ist sein Muth!
Er ist nur ein Trompeter,
Und doch bin ich ihm gut.

Und hätt' er sieben Schlösser,
Er säh' nicht schmucker drein,
– Ach Gott, und doch wär's besser,
Er würd' ein And'rer sein!

Ach wär' er doch ein Ritter,
Ein Ritter vom gold'nen Vliess!
– O Lieb, wie bist du bitter,
O Lieb, wie bist du süss!«

Vater, jetzt naht er des Schloßparks Stufen!

FREIHERR
So sende hinunter und laß' ihn mir rufen!

GRÄFIN
Aber, aber, mein Herr Schwager,
Solchen fremden jungen Mann
Nehmt nicht gleich in Eure Dienste –
Seht ihn Euch erst näher an.

FREIHERR
Freilich, freilich, Schwägerin,
Müßt' er sein nach meinem Sinn;
Denn zu meinem Schloßtrompeter
Paßt in uns'rer Zeit nicht Jeder.

GRÄFIN
Viel zu jung ist er dazu.

FREIHERR
Ach, das läßt mich wohl in Ruh' –

GRÄFIN
Na, wenn Ihr nicht hören wollt,
Ihr vielleicht noch fühlen sollt.

MARIA
Väterchen, er kommt! – er kommt
Schon herauf die Treppen;
Höre auf den Stufen schon
Seinen Degen schleppen.

MARIA
Ha, da ist er! Welche Freude!
Ach, wie klopft mein Herz so laut!
Ist es Dank nur, ist es Liebe,
Daß es jubelt, wenn's ihn schaut?

WERNER
Ha, da ist sie! Welche Schönheit!
Blendet mich der Sonne Licht?
Niemals sah von solcher Anmuth
Leuchten ich ein Angesicht!

FREIHERR
Ha, da ist er! Kreuz Schwadronen,
's ist ein hübscher Bursch fürwahr!
Gluth im Auge, Muth im Herzen,
Wie's einst meine Sorte war!

Nr. 14 - Quartett, Lied und Finale

GRÄFIN
Ha, da ist er! Welche Kühnheit!
Bis ins Schloß verfolgt er sie! –
Ach! mein Schwager wird's bereuen:
Solchen Landsknecht sah ich nie.

WERNER
Herr Oberst, Ihr ließet mich rufen; –
Ich folgte Eurem Befehl!

FREIHERR
Ich wollt' Euch kennen lernen
Und mache d'raus kein Hehl! –
Habt diese beiden Damen,
Die von den Bauern bedroht,
Als sie zum Feste kamen,
Recht brav beschützt in der Noth, –
Nehmt Dank!

WERNER
Herr Oberst, dankt mir nicht!
Das war nicht mehr als Mannespflicht.

FREIHERR
Bescheidenheit und Tapferkeit
Sind nicht beisammen jederzeit:
Herr Spielmann, wohl gefällt mir das!
Kommt, setzt Euch zu mir! – Kind ein Glas.

MARIA
Laßt Euch den Trunk bekommen!

FREIHERR
Ja seid bei uns willkommen!

WERNER
Ihr heißet mich willkommen –
Ein Fremdling bin ich hier,
Unstät im Süd und Norden
Durchstreift' ich das Revier.

Im Süden Duft und Blüthen,
Im Norden Eis und Schnee,
Doch überall im Herzen
Der Sehnsucht stilles Weh.

Was ahnungsvoll ich suchte
Und dennoch nirgends fand,
Sah endlich nun mein Auge
In diesem schönen Land.

FREIHERR
Ich freue mich, daß Euch die Welt
Am Rheine hier bei uns gefällt; –
Drum kommen wir 'mal gleich zum Ziel,
Denn wißt, ich rede nicht gern viel! –
Ich brauche einen Schloßtrompeter –
Mein alter sank mir jüngst ins Grab;
Doch kann, mein junger Freund, nicht Jeder,
Was ich für ihn zu schaffen hab'.
Wird nicht nur allarmiren müssen,
Wenn diesem Schloß Gefahren drohn,
Muß auch noch manches Andre wissen:
Zum Beispiel, oft für Extralohn
Musik mit meiner Tochter treiben
Und zierlich für sie Noten schreiben.

WERNER
Fürwahr, Herr, das bedaur' ich sehr:
Allein ich bin kein Schreiber mehr.
Hab' nur noch Roß und Schwert geführt
Und keine Feder angerührt,
Seit als Student ich relegirt.

FREIHERR
Potz Element! Ihr habt studirt?

WERNER
Zu Heidelberg.

FREIHERR
Ei was?
War auch mal dort beim großen Faß
Erzählt mir doch: ist noch viel drin?
Und wie geht's Eurer Kurfürstin?

WERNER
Die Kurfürstin glänzt wie ein Edelstein,
Und goldig fließt aus dem Fasse der Wein.

FREIHERR
Da muß es noch herrlich zu Heidelberg sein!

WERNER
Gewiß!
»Alt Heidelberg, du feine,
Du Stadt an Ehren reich, –
Am Neckar und am Rheine
Kein' andre kommt dir gleich!«

FREIHERR
Das mein ich auch! – Ein schönes Lied!
Wie Rebengrün lacht's ins Gemüth!
Ihr scheint als echter Musikant
Frau Musika mir hoch zu ehren
Und werdet sicher recht gewandt
Darin auch nun mein Kind belehren.

WERNER
Ach, edler Herr, Ihr ehrt mich sehr –

FREIHERR
Und doch wird Euch das Jawort schwer?

WERNER
Maria! O, welch süßes Glück!
Ich muß! – ich kann nicht mehr zurück!

GRÄFIN
Ha! welches Glück in ihrem Blick; –
Umsonst beschwor ich das Geschick!

MARIA
Weiht' ihm ein schön Dukatenstück,
Drum bringt Sanct Fridolin mir Glück!

FREIHERR
Stoßt an! entschließt Euch auf gut Glück!
Schön klang mir Euer Probestück!

WERNER
Wohl, edler Herr, ich geh' drauf ein,
Will Euer Schloßtrompeter sein,
Fortan mit Leib und Leben
Nur Eurem Dienst ergeben.

FREIHERR
Schlag', junger Spielmann, nun d'rauf ein:
Sollst unser Schloßtrompeter sein,
Fortan mit Leib und Leben
Nur unserm Dienst ergeben.

MARIA
Ach, welches Glück! Er geht d'rauf ein,
Will unser Schloßtrompeter sein,
Fortan mit Leib und Leben
Nur uns allein ergeben!

GRÄFIN
O weh, o weh! Er drauf ein
Und will hier Schloßtrompeter sein!
Das wird was Schönes geben!
Was muß ich noch erleben!

FREIHERR, WERNER UND MARIA
Heil dir, du holde Spielmannskunst,
Zeig uns von Neuem deine Gunst; –
Im Schlosse hier, im alten,
Soll nun dein Zauber walten;
Und wieder tön' es fern und nah:
Heil dir, Heil dir, Frau Musica!

GRÄFIN
O trauet nicht der Spielmannskunst,
Stets warb sie um der Frauen Gunst,
Und wie einst bei uns Alten,
Wird sie's auch jetzt noch halten.
An allem Unglück, das geschah,
Trug stets die Schuld Frau Musica!


ZWEITER AKT
Platz im Garten des freiherrlichen Schlosses.

Nr. 15 - Rezitativ und Lied

WERNER
So wird es recht! – nur weiter so –
Und hurtig niedergeschrieben;
Aus jeder Note erkenn' ich froh
Das Lied von meinem Lieben.

»Am Ufer blies ich ein lustig Stück,
Wie klang die alte Trompete
Hell in den Sturm, der das Getön
Zum Herrenschloss verwehte!

Die Wasserfrau im tiefen Grund
Hört Sturm und Töne rauschen,
Sie steigt herauf, neugierig will
Die Klänge sie erlauschen.

Und als sie wieder hinabgetaucht« –
»Und als sie wieder hinabgetaucht« –

Das will mir noch nicht klingen,
Muß die Accorde gleich einmal
In andre Lage bringen.

»Und als sie wieder hinabgetaucht,
Erzählt sie den Fischen mit Lachen:
»O Rheineskinder, man erlebt
Doch sonderbarliche Sachen:

Sitzt oben Einer im Regensturm;
Was glaubt Ihr, das er triebe?
– Bläst immerzu dasselbe Lied,
Das Lied von seiner Liebe.«

Nr. 16 - Rezitativ, Duettino und Lied

CONRADIN
Was solch Landsknechtsmusicus
Selbst noch als Emeritus
Für die Menschheit leisten muß!

WERNER
Guten Morgen, Conradin!
Sag, mein Freund, wo willst du hin?

CONRADIN
Siehst du's denn nicht? – Ich will ins Schloß,
Vom gnäd'gen Herrn für unsern Troß
Beim Wiegenfest nach rhein'schen Sitten
Den Wein zum Maifest zu erbitten,
Das er mit Spielen mancherlei
Uns hier alljährlich feiern läßt.

WERNER
Ach ja, heut ist der erste Mai
Und uns'res Herrn Geburtstagsfest.

CONRADIN
Mir scheint, du bist hier so beglückt,
Daß du der ganzen Welt entrückt.

WERNER
Wüßt' ich nur erst gewiß und klar,
Ob meine schönste Hoffnung wahr.

»Als ich zum erstenmal dich sah,
Verstummten meine Worte,
Es löste all' mein Denken sich
In schwellende Accorde.

Drum steh ich arm Trompeterlein
Musicirend auf dem Rasen,
Kann dir nicht sagen, was ich will,
Kann meine Lieb' nur blasen.«

CONRADIN
Da schlage ja das Wetter d'rein!
Es leuchtet doch wohl Jedem ein:
Wenn's Feuer brennt, dann schlägt es Flammen.
Bist mit dem schönen Schloßfräulein
Doch nun schon manchen Tag zusammen.

WERNER
Gewiß! doch nie sind wir allein;
Denn ihre gnädigste Frau Base
Steckt hier in Alles ihre Nase.
Dort kommt sie schon wieder ...

CONRADIN
Laß mich nur machen!

Nr. 17 - Quartett (Die Lautenstunde)

MARIA
Ihr habt gewiß schon mein geharrt; –
Verzeiht, daß es so lange ward!
Habt Ihr mir auch, wie Ihr's versprach't,
Ein hübsches neues Lied erdacht?

WERNER
Hier, Fräulein, ist's, doch nicht ganz fertig; –
Freund Conradin hat mich gestört.

MARIA
Gerade so ist es gewesen,
Wie hier im ersten Vers zu lesen:

»Am Ufer blies ich ein lustig Stück,
Wie klang die alte Trompete
Hell in den Sturm, der das Getön
Zum Herrenschloss verwehte.«

GRÄFIN
Zeig' her und laß mich auch mit lesen! –
Ei sieh, das ist mir doch zu bunt:
»Die Wasserfrau im tiefen Grund –«
Meint er, daß ich die wohl gewesen?
»Die Wasserfrau im tiefen Grund
Hört Sturm und Töne rauschen,
Sie steigt herauf – neugierig will
Die Klänge sie erlauschen« –
Ich wär' heraufgestiegen? – ich?
Sogar neugierig nennt er mich?
Das ist doch wirklich fürchterlich!
Gelauscht soll ich haben? Was fällt ihm ein?
Ich mische mich nie in Fremdes hinein!

CONRADIN
's ist wahr! Was machst du für Geschichten,
Freund Werner; – sieh, das kommt vom Dichten!

GRÄFIN
– Es ist auf mich gemünzt; man braucht
Mit halbem Aug' nur hinzusehen:
»Und als sie wieder hinabgetaucht« –

CONRADIN
Wer weiß, was da erst noch geschehen!
Frau Gräfin, thut es mir zu Lieb
Und bittet unsern Herrn von mir,
Den Wein zum Fest uns zu gewähren.

GRÄFIN
Den kann Er selbst von ihm begehren!
Hab' keine Zeit – ich bleibe hier!

CONRADIN
Nun, wenn es sein muß – meinetwegen!

GRÄFIN
Wohl wär' ihnen das gelegen,
Wich ich plötzlich hier vom Platze;
Doch was thaten einst die Mäuse,
Als spazieren ging die Katze?
Sie tanzten und sprangen,
Juchhei'ten und sangen,
Und liebten sich,
Und übten sich
Im Küssen.

WERNER UND MARIA
Ach, wie käm' es uns gelegen,
Wich die Alte jetzt vom Platze;
Doch sie denkt wohl an die Mäuse,
Als spazieren ging die Katze:
Sie tanzten und sprangen,
Juchhei'ten und sangen,
Und liebten sich,
Und übten sich
Im Küssen.

CONRADIN
Ach, gnäd'ge Gräfin, hört:
Der Herr nach Euch begehrt.

GRÄFIN
Nach mir? – Nein, nicht ums Leben
Möcht' ich mich wegbegeben –
Jetzt hab' ich keine Zeit!

WERNER UND MARIA
Das thut uns wirklich leid!

GRÄFIN
Diese Männer! diese Männer
Sind doch keine Menschenkenner!
Trauen solchen jungen Leuten
Heut zu Tage viel zu viel!
Apropos, Herr Schloßtrompeter,
Muß beim Unterricht denn jeder
Lehrer gar so dicht und nah
Sitzen bei der Schül'rin da?

WERNER
Ja, Frau Gräfin, das muß Jeder;
Sonst giebt's keine Harmonie.

CONRADIN
Gott sei Dank, jetzt hab' ich sie!
Frau Gräfin, der Herr läßt Euch bitten,
Dabei zu sein,
Wenn wir die Bütten
Uns füllen im Keller
Mit Muskateller,
Denn nicht allein
Läßt er uns ein:
Ihr wißt, es ist sein Lieblingswein!

GRÄFIN
Ich – ich – ich?
Das ist doch ärgerlich!
Das kommt ihnen wohl gelegen u.s.w.

CONRADIN, WERNER UND MARIA
Ei, das kam uns recht gelegen u.s.w.

Nr. 18 - Liebesduett

WERNER UND MARIA
Gott sei gedankt, wir sind allein
Zum erstenmal mit unsern Träumen,
Hier, unter diesen grünen Bäumen,
Zum erstenmal allein – allein! –
Scheinst du nicht heißer, Gottessonne!
Lachst du nicht blauer, Himmelszelt?
Ach! warst du jemals so voll Wonne,
Du blüthenweiße Frühlingswelt? –
Der Blumen Geist und neues Leben,
Des Maien Duft, des Lenzes Weben,
Was dort so süß die Bienen saugen
Aus blühendem Kastanienzweig,
Lacht mir aus deinen holden Augen
Und macht mich unermeßlich reich.

MARIA
Gott sei Dank, Herr Werner – lange
Waren Beide wir bewacht,
Doch zu jeder Stunde hab' ich
Treulich nur an Euch gedacht; –
Seit ich Euch beim Feste fand,
War mein Herz Euch zugewandt.
Könnt's wohl in den Augen lesen,
Was Ihr mir seitdem gewesen:
Leben, Liebe, Glück und Traum –
Ach, die Wonne fass' ich kaum!

WERNER
»Als ich zum erstenmal dich sah,
Es war am sechsten Märze,
Da fuhr ein Blitz aus blauer Luft
Versengend in mein Herze.
Hat All' verbrannt, was drinnen stand,
Es ist mir nichts geblieben,
Doch epheugleich wächst aus dem Schutt
Der Name meiner Lieben.«

MARIA
Meinst du meinen Namen, Werner?

WERNER
Maria, o Maria!

GRÄFIN
Maria!

MARIA
Bäschen!

GRÄFIN
Hör' euch gar nicht musiciren!

MARIA
Bin gerade beim Pausiren –
Lauter lange, schöne Pausen.

GRÄFIN
Ja, das hör' ich, Kind, mit Grausen; –
Wart', ich komme gleich zurück!
WERNER UND MARIA.
Ach, das wär' ein kurzes Glück!

MARIA
Seht, vorüber zog das Wetter,
Und es rauscht der Morgenwind
Wie zur Mahnung durch die Blätter,
Daß allein wir wieder sind.
Nun soll sie uns nicht mehr stören,
Wollen uns nur angehören.

WERNER
Fräulein, Fräulein! welch Beginnen!
Nein, da gilt's auf List zu sinnen:
Laßt die Laute weiterklingen,
Was wir plaudern, laßt uns singen;
Dann wird Bäschen nimmer spüren,
Wie so süß wir musiciren.

MARIA
All mein Lieben, all mein Denken
Weht durch deine Lieder nur!
Darf ich mich in die versenken,
Folg' ich eig'ner Liebe Spur;
Denn es strahlt wie Morgenröthe
Jedes liebe Wort mich an,
Süß, wie eine Hirtenflöte,
Klingt dein Lied mir, trauter Mann!

WERNER
Wär' es möglich, o Maria?
Liebtest mich in meiner Kunst?

MARIA
Ich liebe dich von ganzem Herzen,
Nicht, wie du glaubst, nur deine Kunst, –
Ich liebe dich in Lust und Schmerzen,
Aus tiefster Seele lieb' ich dich!

WERNER
Welch' Glück, Maria, welche Gunst!
Du wärest mein? Du liebtest mich?

BEIDE
So unendlich heiß zu lieben,
Lieben und geliebt zu sein:
So mit ganzer Seele lieben,
Das ist Seligkeit allein; –
Das allein ist Glück, ist Leben,
Spricht das Herz mit Wonnebeben:
Dein, Geliebter / Geliebte, ewig dein!

Nr. 19 - Doppel-Ensemble

GRÄFIN
Zu Hilfe! Zu Hilfe! Was muß ich sehn?

CONRADIN
Ja, Ungeheures ist geschehn!

GRÄFIN
Meine Nichte – ein Trompeter.

CONRADIN
Gnädigste, glaubt mir: nicht Jeder
Küßt so süß wie ein Trompeter.

GRÄFIN
Ich erlag nur Seiner List! –
Und die Nichte, die vergißt,
Daß sie Edelfräulein ist,
Soll es schwer mir büßen.

MARIA
Liebes Bäschen!

GRÄFIN
Laß dein Näschen
Künftig mir von solchen Dingen.

MARIA
Es gehörte ja zum Singen!

WERNER UND CONRADIN
Freilich, das gehört zum Singen!

GRÄFIN
Das wird mir denn doch zu toll,
Und ich werde nichts verschweigen. –

MARIA
Nur nicht jetzt gleich, liebes Bäschen
Nehmet Rücksicht auf sein Fest!

WERNER UND CONRADIN
Nur nicht jetzt gleich, gnäd'ge Gräfin!
Nehmt doch Rücksicht auf sein Fest!

GRÄFIN
Nein, solch' eine wicht'ge Sache
Nimmer sich verschweigen läßt.

MARIA
Aber Bäschen!

GRÄFIN
Solche Späßchen
Muß ich, Kind, mir sehr verbitten,
Passen nicht in uns're Sitten!
Wasch' in Unschuld meine Hände –
's hat sein Ende!

CONRADIN, WERNER UND MARIA
Wascht in Unschuld Eure Hände –
Macht ein Ende!

FREIHERRIN
Wartet nur, mein Eidam soll
Euch die Herrenrechte zeigen!

DIE BAUERN
Nicht die Steuer, nicht der Zoll
Auf dem Rhein ist Euer eigen!

FREIHERR
Mit Karthaunen werd' ich füttern
Den, der mir mein Recht nicht läßt.

DIE BAUERN
Dann soll uns're Axt zersplittern
Dieses stolze Herrennest.

DER FREIHERR
Fort, ihr Bauern!

DIE BAUERN
Prüft die Mauern,
Eure Thore laßt vergittern
Wie den Knechten, geht's den Rittern:
Fallen sie in uns're Hände,
Ist's ihr Ende!

DER FREIHERR
Fallt ihr ihnen in die Hände,
Ist's eu'r Ende!

Nr. 20 - Quintett

GRÄFIN
Ach, was mußte hier passiren, –
Schwager, ich war nicht dran schuld!
Junges Volk will stets bewacht sein,
Hab' Euch oft genug gewarnt.

DIE ANDEREN
Edler Herr / Väterchen, wir gratuliren
Und erbitten Eure / Deine Huld!
Mögt / Magst mit Segen reich bedacht sein,
Nie vom Mißgeschick umgarnt.

FREIHERR
Dank Euch! Dank für so viel Segen; –
Freud und Glückwunsch allerwegen –
Doch des Schnatterns
Und Salbaderns
Ist es wahrlich nun genug –
Werde selbst ja nicht d'raus klug!

GRÄFIN
Schwager, ach! ein Nervenschlag
Trifft mich noch an diesem Tag –
Schreckliches hab' ich gesehen!

FREIHERR
Nun, was ist denn geschehen?

GRÄFIN
Der dort so verwegen ist,
Daß er Eure Tochter küßt!

FREIHERR
Der Trompeter?
Donnerwetter!
Hat wohl Fieber
In seinem Kopf?
Schütt' er sich drüber
'nen Wassertopf; –
Sicherlich dann fühlt
Er sich abgekühlt!

WERNER
Herr Oberst, Spott verdien' ich nicht.

MARIA
Nein, Vater, Spott verdient er nicht.

CONRADIN
Nein, wahrlich, Spott verdient er nicht.

FREIHERR
Meint ihr? Nun, so sag' ich's schlicht, –
Offenheit ist meine Pflicht:
Seid zu spät dazu gekommen.
Hab' mir einen Schwiegersohn
Schon aus meinem Stand genommen,
Und der wird noch heute kommen!
Auch für Euch, Frau Schwägerin,
Hab' ich eine Freud' im Sinn.
Bleibe Jeder bei seiner Art,
Trompeter, wer Trompeter ward!

VIER HEROLDE
Hört an, ihr Völker dieser Welt,
Die frohe Botschaft, die wir künden,
Und schmücket festlich Haus und Zelt
Mit Blumenzier und Laubgewinden;
Es naht euch heut' zu kurzer Rast
Ein hoher königlicher Gast:
Der holde Mai zieht mit uns ein,
Laßt ihn euch hochwillkommen sein!

Nr. 21 - Das Maifest
Festmarsch und Chor

CHOR
»Es kommt ein wundersamer Knab'
Itzt durch die Welt gegangen,
Und wo er geht, bergauf, bergab,
Hebt sich ein Glast und Prangen.
In frischem Grün steht Feld und Thal,
Die Vögel singen allzumal,
Ein Blüthenschnee und Regen
Fällt nieder allerwegen.
Drum singen wir im Wald dies Lied
Mit Hei- und Tralaleyen,
Wir singen's, weil es spriesst und blüht,
Als Gruss dem jungen Maien.«

Pantomime mit Tanz

Nr. 22 - Finale

FREIHERR
Ha, das sind sie!
Laßt sie ein!

GRÄFIN
Wer kommt?

FREIHERR
Der Graf von Wildenstein
Mit seinem Sohne Damian; –
Zum Eidam nahm ich den mir an.

FREIHERR
Willkommen! seid willkommen mir!

GRÄFIN
Bei Gott, der Wildensteiner hier! –
Ein And'rer wagt' es sicher nicht,
Zu treten vor mein Angesicht.

MARIA
Mein Bräutigam – solch Milchgesicht?
Nein, Väterchen, den nehm' ich nicht!

WERNER
Es steigt das Blut mir ins Gesicht,
Zu weichen solchem kleinen Wicht!

CONRADIN
Ei, seht mir doch solch Milchgesicht:
Das scheint mir auch der Rechte nicht!

GRAF VON WILDENSTEIN
Nur Courage, nur nicht ängstlich,
Und den Kopf hübsch in die Höh; –
Sieh, dort steht das Edelfräulein,
Roth wie Blut und weiß wie Schnee.

DAMIAN
Ja, Herr Vater.

FREIHERR
Nur nicht ängstlich, mein Herr Junker,
Jung gefreit hat nie gereut; –
Führ' Euch gleich zu meiner Tochter,
Werdet ja ein Paar noch heut'.

DAMIAN
Ja, Herr Oberst.

GRAF VON WILDENSTEIN
Jeder Hader hat sein Ende,
Jeden Kummer heilt die Zeit;
Wollen uns nicht länger grämen –
Einsam stehen wir nun Beid'; –
Laßt uns nicht ins Grab mitnehmen,
Was wohl Beide längst bereut.

GRÄFIN
Glaubt Ihr, Ihr scheucht mit einem Wort
Den lebenslangen Kummer fort? –
Ach, ein gekränktes Frauenherz
Genas noch nie von solchem Schmerz,
Wie Ihr ihn mir einst, harter Mann,
In jähem Zorne angethan.

FREIHERR
Keine Scenen,
Keine Thränen!
's ist ja indessen
Alles vergessen; –
Frisch und froh!

GRÄFIN
Wär's mein Sohn, den er mit sich gebracht,
Hätt' er Alles gut gemacht:
Aber so – –

DAMIAN
Hab' ich's, Herr Vater, auch gut gemacht,
Als ich ihr den Strauß gebracht?

GRAF VON WILDENSTEIN
Ja, mein Sohn.

DAMIAN
Sie sieht mich aber gar nicht an.

GRAF VON WILDENSTEIN
Thut nichts, mein Sohn, du wirst ihr Mann.

DAMIAN UND GRAF WILDENSTEIN
O ich / du glückseliger Damian!

FREIHERR
Hört an! verkünden will ich's laut
In alle Welt hinein:
Maria von Schönau ist die Braut
Des Junkers von Wildenstein!

MARIA
Mein Vater, halt ein,
Das kann nicht sein;
Nur wen ich liebe, werd' ich frei'n.

WERNER
O haltet ein,
Es kann nicht sein,
Ihr stört den seligsten Verein!

GRÄFIN
O nein, o nein,
Das darf nie sein,
Den Sohn der Verhaßten soll sie nicht frei'n!

CONRADIN
O nein, o nein,
Das darf nicht sein:
Der Milchbart soll nicht Herr hier sein!

DAMIAN
Maria mein?
Mein ganz allein?
Wie wird sich da mein Vater freu'n!

WILDENSTEIN
Was soll das sein?
Ein Wildenstein
Weicht nicht vor dem Trompeterlein!

FREIHERR
Es löst kein Flehn, kein Bitten mein Versprechen.
Dein Heim, o Spielmann, ist dies Schloß nicht mehr!

MARIA
Nein, ich kann dich nimmer lassen!

GRÄFIN
Armes Kind, du mußt dich fassen!

WERNER
Süßes Kind, du mußt dich fassen!

WERNER
»Das ist im Leben hässlich eingerichtet,
daß bei den Rosen gleich die Dornen steh'n,
Und was das arme Herz auch sehnt und dichtet,
Zum Schlusse kommt das Voneinandergeh'n.
In deinen Augen hab' ich einst gelesen,
Es blitzte drin von Lieb und Glück ein Schein!
Behüet dich Gott! es wär' zu schön gewesen,
Behüet dich Gott, es hat nicht sollen sein!«

CHOR
Kaum gefunden – schon getrennt!
Weine, wer solch Leiden kennt!

CONRADIN
Fasse Muth! die Zeit bringt Rath:
Komm und sei bereit zur That.

WERNER
»Die Wolken flieh'n, der Wind saust durch die Blätter,
Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld,
Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter,
Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt.
Doch wend' es sich zum Guten oder Bösen,
Du schlanke Maid, in Treuen denk' ich dein!
Behüet dich Gott! Es wär' zu schön gewesen,
Behüet dich Gott, es hat nicht sollen sein!«

CHOR
Armes, armes junges Paar,
Ach, wie kurz dein Glück nun war?
Trübe Augen, Abschiednehmen,
Scheidestunde, bringst nur Grämen!

MARIA
Schöner Traum, vom Mai geboren,
Bist mit ihm verweht – verloren!


DRITTER AKT
Hof mit Geschützen besetzten Wällen und Mauern des freiherrlichen Schlosses.

Nr. 23 - Arie

MARIA
»Jetzt ist er hinaus in die weite Welt,
Hat keinen Abschied genommen,
Du frischer Spielmann in Wald und Feld,
Du Sonne, die meinen Tag erhellt,
Wann wirst du mir wieder kommen?

Kaum daß ich ihm recht in die Augen geschaut,
So ist der Traum schon beendet; –
O Liebe, was führst du die Menschen zusamm',
O Liebe, was schürst du die süsse Flamm',
Wenn so bald und traurig sich's wendet?

Wo zieht er hin? Die Welt ist so gross,
Hat der Tücken so viel und Gefahren; –
Er wird wohl gar in das Welschland geh'n,
Und die Frauen sind dort so falsch und schön!
O mög' ihn der Himmel bewahren!«

Nr. 24 - Quintett und Lied mit Chor

FREIHERR
Schnell, ihr Knechte, schließt das Thor!
Zur Platteforme mit den Karthaunen!
Nehmt die Bauern scharf aufs Rohr; –
Zieht die Zugbrück' auf! zu schirmen
Gilt's das Schloß jetzt vor den Bauern!

GRÄFIN
Helft, Herr Schwager! Aus dem Schwarzwald
Kommen sie in hellen Haufen,
Hellebarden, Pickelhauben –

FREIHERR UND GRAF VON WILDENSTEIN
Laßt sie kommen! Mögt uns glauben:
Sollen all' im Rhein ersaufen;
Nicht so bald
Kehr' ein Bauer heim zum Wald!

DAMIAN
Ach! ich glaube gar, sie schießen!

GRÄFIN UND MARIA
Ist das Euch so unbequem?

DAMIAN
Schießen ist mir wohl genehm,
Aber nicht das Blutvergießen,
Das so leicht damit verbunden,
Da die Kugeln oft verwunden.

GRÄFIN UND MARIA
Ha, seht doch diesen Feigling an,
Das wär' mir just der rechte Mann!

FREIHERR
Hört! näher rücken sie schon an;
Ihr Frauen, geht ins Schloß hinan!

GRAF VON WILDENSTEIN
Horch! näher rücken sie schon an;
Jetzt zeig' als Held dich, Damian!

DAMIAN
Ja, mein Vater.

MARIA
Laß uns bleiben! Nicht ins Schloß,
Denn ich fürchte kein Geschoß! –

FREIHERR
Hört, es verlangt die Bauernrotte,
Daß wir das Schloß ihr übergeben.

GRAF VON WILDENSTEIN UND CHOR DER LANDSKNECHTE
Erkaufe sie's mit ihrem Leben!

FREIHERR
Nimm das zur Antwort, freche Rotte!

GRAF VON WILDENSTEIN
Mein tapf'rer Sohn soll ihnen zeigen,
Wie schwer die Mauern zu ersteigen.

DAMIAN
Ja, Vater.

FREIHERR
Junker Damian,
Der ist dazu der rechte Mann!

DAMIAN
Ja wohl, Herr Oberst.

FREIHERR
Schnallt, Junker, meinen Pallasch an
Und werft Euch in den Büffelkoller:
Ihr hört, der Sturm vor'm Thor begann.

DAMIAN
Ach ja, sie schießen immer toller.

FREIHERR
Ihr sollt die Bauern so verjagen,
Daß sie den Spaß nie wieder wagen.

DAMIAN
Ach, dürft' ich es ihm doch nur sagen:
Ich kann das Schießen nicht vertragen.

Nr. 25 - Schlachtgesang

FREIHERR, GRAF UND CHOR DER LANDSKNECHTE
Wohlauf denn zur Schlacht! die Lanzen erhoben!
Dem Feinde geboten die tapfere Brust;
Sie sollen nicht länger die Mauern umtoben,
Zu siegen, zu sterben ist krieg'rische Lust!
Wohlauf denn zur Schlacht!

FREIHERR
Hört an, wie sich der Bauer wehrt!

GRAF VON WILDENSTEIN
Gebt Acht! vor meines Sohnes Schwert
Macht ihre Schaar bald rechtsum kehrt.

FREIHERR
Ei freilich! würd' es anders sein,
Wär' er kein Graf von Wildenstein.

DAMIAN
Macht auf! – macht auf und laßt mich ein!

FREIHERR
Hört Ihr es, Graf? – So laßt ihn ein!

DAMIAN
Zu Hilfe, Vater! dies gemeine Volk
Versteht nicht einmal regelrecht zu fechten,
Hat mir den Helm zerhau'n, das Wamms zerfetzt
Und schlug mir selbst den Pallasch aus der Rechten!

FREIHERR
Vorwärts! besser ehrlich fallen,
Als von solchem Volk gefangen!

DIE LANDSKNECHTE
Vorwärts! besser ehrlich fallen,
Als von solchem Volk gefangen!

Nr. 26 - Finale

FREIHERR, GRAF VON WILDENSTEIN, GRÄFIN UND CHOR DER LANDSKNECHTE
Heil dem Tapfern! Heil dem Sieger!
Der des Feindes Hand
Uns entwand; –
Heil und Dank euch, tapf're Krieger!

MARIA
Du hier, mein geliebter Werner?
Welches Glück! Ich fass' es kaum!

WERNER
O Maria, du mein Leben!
O Maria, du mein Traum!

CONRADIN
Landknechts Treu' hat sich bekundet;
Dankt dies Glück des heimathlosen
Treuen Landsknechts Heldenmuth!

MARIA
Heil'ger Gott, er ist verwundet! –
Seht nur, seht, wie junge Rosen,
Quillt aus seinem Arm das Blut.

CONRADIN
Doch was muß ich hier entdecken?
Gräfin – seht! Ein Mal am Arme,
Just wie Eures –

GRÄFIN
Freude! Schrecken!
Helft mir! daß sich Gott erbarme!
Ach, mein Sohn – verwundet – –

FREIHERR
Und Maria wird dein Lohn;
Denn den feigen Damian
Nehm' ich nie zum Eidam an!

DAMIAN
Kommt, Herr Vater! – Ich packe ein
Und reite zurück nach Wildenstein.

GRAF UND GRÄFIN VON WILDENSTEIN
In Gottes Namen! doch Wildenstein
Wird nun dem rechten Erben sein.

GRÄFIN UND MARIA
Ach, wie mein Herz voll Freude bebt,
Als fühlt's sein Glück erwachen.

CONRADIN
»O Rheineskinder, man erlebt
Doch sonderbarliche Sachen!«

FREIHERR
Recht! so wird's wieder Sonnenschein
Auf Schönau und auf Wildenstein.

CHOR DER BÜRGER UND BÜRGERINNEN
Seht, da ist er – unser Retter
Der die Stadt vom Feind befreit
Und die Bauern in die Flucht trieb,
Dank und Preis sei ihm geweiht!

WERNER
»Jung Werner ist der glückseligste Mann
Im römischen Reich geworden;
Doch wer sein Glück ihm angethan,
Das sagt er nicht mit Worten –
Das sagt er nur mit Hei Juchhei! –
Wie wunderschön ist doch der Mai,
Feinslieb ich thu dich grüssen!

MARIA UND WERNER
»Feinslieb, ich thu dich grüssen!«
So unendlich heiß zu lieben,
Lieben und geliebt zu sein.
So mit ganzer Seele lieben,
Das ist Seligkeit allein!

ALLGEMEINER SCHLUSSCHOR
»Liebe und Trompetenblasen
Nützen viel zu guten Dingen,
Liebe und Trompetenblasen
Selbst ein adlig Weib erringen;
Liebe und Trompetenblasen,
Mög' es Jedem so gelingen
Wie dem Herrn Trompeter Werner
An dem Rheine zu Säckingen!«

↑DA CAPO

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