Bremer Freiheit
Adriana Hoelszky - nach R. W. Fassbinder
… daß eine Oper erst da anfangen kann, wo Menschen keine Möglichkeit mehr zu sprechen haben, wo ihre Gefühle so übermächtig werden, dass sie einfach nur noch singen können.
R. W. Fassbinder
Rainer Werner Fassbinders 1972 verfilmtes Stück über die Bemer Massenmörderin Geesche Gottfried war eines der meistdiskutierten deutschen Kunstprojekte im Zuge der Frauenrechtsbewegung der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre.
Adriana Hölszky machte aus dem Stoff eine Oper, die als spektakulärstes Projekt im Rahmen der von Hans Werner Henze initiierten Ersten Münchner Musikbiennale zur Uraufführung kam. Bremer Freiheit machte den Namen der Komponistin über Nacht bekannt.
Fassbinder hatte die wahre Geschichte der Geesche Gottfried, die eine Reihe von ihr nahestehenden Menschen umgebracht hat, »um Ordnung zu schaffen« - und die 1831 nach einem aufsehenerregenden Prozeß auf dem Bremer Domberg vor 30.000 Schaulustigen enthauptet wurde - in eine Art »Ballade von der Selbstbefreiung der unterjochten Frau« verwandelt. Damit traf Fassbinder den Nerv der Zeit.
Zum Zeitpunkt der Veroperung durch Hölszky war dieser Ansatz bereits historisch geworden. Dennoch wurde die ausdrücklich als Singwerk auf ein Frauenleben bezeichnete Kammeroper viel diskutiert. Hölszky betonte, nicht an feministischer Agitation interessiert zu sein, sondern an der Umsetzung der existentiellen Befindlichkeit ihrer Bühnenfigur in Klänge.
Dabei wählte sie radikale Ausdrucksmittel, auch formal: Lustig ist das Giftmord-Leben, heißt im Verlags-PR-Text zur Oper, Geesche Gottfried morde in heiterer Gelassenheit. Die Morde reihen sich aneinander wie die verfremdeten Nummern einer Art Grandguignol-Operette.
Hans Werner Henze, Leiter der Biennale und Widmungsträger des Werks, befand, das Vorhaben sei seiner jüngeren Kollegin gelungen:
Adriana Hölszky machte aus dem Stoff eine Oper, die als spektakulärstes Projekt im Rahmen der von Hans Werner Henze initiierten Ersten Münchner Musikbiennale zur Uraufführung kam. Bremer Freiheit machte den Namen der Komponistin über Nacht bekannt.
Adriana Hölszky
1953 | geboren in Bukarest (30. Juni) |
1959-69 | Klavierstudium am Musiklyceum Bukarest |
1961 | frühe Kompositionsversuche |
1972-75 | Studium (Komposition, Klavier) Musikhochschule Bukarest |
1976 | Übersiedelt in die BRD |
1977-80 | Kompositionsstudium in Stuttgart bei Milko Kelemen |
Pianistin im Lipatti-Trio | |
1977/78 | Sommerakademie MozarteumSalzburg (Antonio Janigro) |
1978/80 | Preise Kammermusikwettbewerbe Florenz und Colmar |
1978-84 | Darmstädter Ferienkurse |
1979 | 1. Preis beim Wettbewerbs Valentine Bucchi (Rom) für Pulsationen II |
1980 | Accademia Musicale Siena (Franco Donatoni) |
1980-89 | Lehrauftrag für Musiktheorie/Gehörbildung Hochschule Stuttgart |
1981 | Gaudeamus-Kompositionspreis für Omaggio a Michelangelo |
1982 | Max-Deutsch-Preis, Paris, für Space |
1983 | Aufführung von Space IGNM Worid Music Days, Aarhus |
1985 | Johann-Wenzel-Stamitz-Förderpreis |
1988 | Premiere Bremer Freiheit (1. Münchener Biennale) |
1989 | Aufführung Bremer Freiheit bei den Wiener Festwochen |
1990 | Uraufführung von "LICHTFLUG" bei den Donaueschinger Musiktagen |
1992 | Kompositionsseminare IRCAM (Paris) |
1993/94 | Auftragswerk für das Staatstheater Stuttgart. Libretto von Thomas Körner nach dem Schauspiel »Wände« von Jean Genet |
Fassbinder hatte die wahre Geschichte der Geesche Gottfried, die eine Reihe von ihr nahestehenden Menschen umgebracht hat, »um Ordnung zu schaffen« - und die 1831 nach einem aufsehenerregenden Prozeß auf dem Bremer Domberg vor 30.000 Schaulustigen enthauptet wurde - in eine Art »Ballade von der Selbstbefreiung der unterjochten Frau« verwandelt. Damit traf Fassbinder den Nerv der Zeit.
Zum Zeitpunkt der Veroperung durch Hölszky war dieser Ansatz bereits historisch geworden. Dennoch wurde die ausdrücklich als Singwerk auf ein Frauenleben bezeichnete Kammeroper viel diskutiert. Hölszky betonte, nicht an feministischer Agitation interessiert zu sein, sondern an der Umsetzung der existentiellen Befindlichkeit ihrer Bühnenfigur in Klänge.
Dabei wählte sie radikale Ausdrucksmittel, auch formal: Lustig ist das Giftmord-Leben, heißt im Verlags-PR-Text zur Oper, Geesche Gottfried morde in heiterer Gelassenheit. Die Morde reihen sich aneinander wie die verfremdeten Nummern einer Art Grandguignol-Operette.
Hans Werner Henze, Leiter der Biennale und Widmungsträger des Werks, befand, das Vorhaben sei seiner jüngeren Kollegin gelungen:
Der Hörer wird provoziert, gestört, es wird ihm auf die Nerven gegangen, an die Nieren. Es gibt Tiefschläge und Schienbeintritte. Es tut weh, doch ist es herrlich konsequent und rigoros gegen die überlieferten Vorstellungen von Gut und Böse gerichtet.Henze wünschte sogar
daß es der Komponistin gelingt, mittels ihrer Musik unsere Sympathien allesamt auf die Seite der Mörderin zu lenken.