Die Verurteilung des Lukullus
Paul Dessau nach Bert Brecht (1951)
GESANGSPARTIEN
Lukullus, röm. Feldherr (Tenor) – Friesgestalten: Der König (Bass) – Die Königin (Sopran) – Zwei Kinder (stumm) – Zwei Legionäre (Bässe) – Lasus, Koch des Lukullus (Tenor) – Der Kirschbaumträger (Tenor) – Totenschöffen: Das Fischweib (Alt) – Die Kurtisane (Mezzosopran) – Der Lehrer (Tenor) – Der Bäcker (Tenor) – Der Bauer (Tenor) – Tertullia, eine alte Frau (Alt) – Frauenstimmen (Soprane im Orchester) – Stimmen der drei Ausruferinnen (Soprane) – Der Totenrichter (Bass) – Eine kommentierende Frauenstimme (Sopran im Orchester) – Fünf Offiziere (drei Tenöre, zwei Bässe)Etliche Sprechrollen
Rom und das Schattenreich, Alter- tum (etwa 56 v. Chr.)
HANDLUNG
Der Trauerzug.
Die Großen Roms geben dem Felherrn das Letzte Geleit. Das Volk trotzt: »Wann wird man uns mit dem Gewäsch von Ruhm verschonen?«
Das Begräbnis.
Abschied der Lebenden.
Nach der Zeremonie geben sich die Offiziere ihren Vergnügungen hin.
In den Lesebüchern.
Schulkinder pauken die Daten der Kriege und Eroberungen.
Der Empfang.
Lukullus beschwert sich über die lange Wartezeit an der Pforte des Schattenreichs und muß von Tertullia erfahren, daß hier alle gleich gestellt seien - »denn auf den Nutzen eines Menschen geben sie das meiste«.
Wahl des Fürsprechers
Lukullus soll Rechenschaft ablegen: Hat er der Menschheit genützt oder geschadet? Zu seinem Fürsprecher wählt er Alexander den Großen - und muß erfahren: Alexander ist »hier unten« unbekannt. Lukullus bittet, man möge den Fries betrachten, der seine Grabstätte ziert: Er zeige seinen Triumphzug.
Herbeischaffen des Frieses.
Die Totenrichter lassen die Schatten der auf dem Fries abgebildeten Figuren herbeirufen
Das Verhör.
Ein König und eine Königin, deren Reich Lukullus unterworfen hatte, aber auch eine Kurtisane, die seine Krieger vergewaltigt hatten, belasten den Feldherrn schwer. Zwei Kinder erscheinen als Stellvertreter seiner Tausenden von unschuldigen Opfern in den 53 von Lukullus zerstörten Städten. Zu seiner Verteidung bringt Lukullus vor, es sei darum gegangen, Gold nach Rom zu bringen.
Rom.
In der Verhandlungspause hört Lukullus von zwei neuangekommenen Schatten Berichte über das harte Los der römischen Bevölkerung. – Danach erklärt ein römisches Fischweib, von Gold für Rom nie etwas bemerkt zu haben. Vielmehr hätte sei ihr Sohn in einem der blutigen Kriege als Legionär gefallen.
Das Verhör II.
Das Der spricht für Lukullus, dessen Lust an köstlichen Speisen ihm die Möglichkeit geboten hat, seine Kunst zur Perfektion zu führen. Einer der Schöffen lobt die Einführung des Kirschbaums aus Asien als bedeutende Tat des Feldherrn.
Das Urteil.
Die Schöffen fällen ihren Spruch: »80 000 Menschen für einen Kirschbaum! . . . ins Nichts mit ihm!«
In der Originalfassung - in Brechts 1940 im schweizerischen Exil geschriebenen Hörspiel für Radio Beromünster blieb der Schluß offen: Die Schöffen zogen sich lediglich zur Verhandlung zurück.
Eine Opernfassung erhoffte sich Brecht zunächst von Igor Strawinsky. Doch der lehnte ab. Der Amerikaner Roger Sessions machte aus dem Hörspiel das englischsprachige Radio-Stück mit Musik The Trial of Lucullus (1947). Das neue Finale schrieb Brecht unter dem Eindruck der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse.
Aus dem Titel Das Verhör des Lukullus wurde Die Verurteilung des Lukullus.
Hermann Scherchen dirigierte 1951 die Uraufführung der Opernfassung von Paul Dessau, der die Partitur - und die Zwischentexte - für spätere Einstudierungen wiederholt bearbeitet und vereinfacht hat.