** O P E R

Faust



Musik von Louis Spohr

Opernausgrabungen sind meist ein Risiko. Im Regelfall endet ein solches Abenteuer mit der Erkenntnis, daß es seine Gründe hat, wenn ein Stück von den Zeitgenossen nach der Uraufführung der langsamen Verstaubung im Archiv überantwortet wird.

Im Falle des Faust von Louis Spohr, 1814 in Wien entstanden und 1818 im Theater an der Wien uraufgeführt, könnte das anders sein. Dieses Werk könnte durchaus ein Repertoirestück sein.

Es ist doch so, daß in den Spielplänen unserer Opernmuseen eine Lücke zwischen der Wiener Klassik und dem Fliegenden Holländer klafft. Von der deutschen Romantik wissen wir, anders als von dem, was Wagner später als "welschen Dunst und Tand" bezeichnete, wenig bis nichts. Selbst Weber hat man uns zuletzt madig gemacht. So trifft uns das Wagnersche Musikdrama unvorbereitet. Spohrs Faust sei deshalb auch all jenen ans Herz gelegt, die einen kleinen musikhistorischen Kurs absolvieren möchten, um nachzuhören, wie sich ein genialischer Komponist langsam von Mozart emanzipiert und zu klanglichen und dramaturgischen Möglichkeiten vordringt, die später von Mendelssohn oder Schumann stilistisch unvermischt erschlossen werden sollten.

Spohr war ein virtuoser Komponist, der sein Handwerk beherrscht, der dort, wo er in Mozarts Gefolge arbeitet, respektable Ergebnisse erzielt, dort, wo er Zukunftsahnungen hat, sogar packende, effektvoll orchestrierte romantische Geheimnisklänge imaginiert. Allzu menschlicher Faust Sein Faust präsentiert sich als Getriebener, der Mephisto dazu nützen will, übermenschlich scheinen zu dürfen, der aber letztlich allzumenschlich daran zerbricht, daß es nie möglich ist, sich die Liebe zweier Damen auf Dauer gleichzeitig zu erhalten. Ein reduzierter Don Giovanni also, dessen Seelenqualen ebenso wie die seiner Mitmenschen vom Komponisten mit zum Teil aberwitzig komplizierten musikalischen Mitteln zum Tönen gebracht werden.

Spohr hat etwa der schönen Kunigunde, die Faust sozusagen an ihrem Hochzeitstag verführt, zwei Arien komponiert, die technisch anspruchsvoller sind als alles, was Mozart je einer Primadonna zugemutet hat. Von lyrischem Espressivo hat der Sopran blitzschnell in halsbrecherische Koloraturen zu wechseln. Der Stimmumfang wird ins Extreme geweitet. Woraus zu lernen ist, daß das Wagnis einer Faust-Wiederbelebung nur gelingen kann, wenn ein allererstes Ensemble zur Verfügung steht.

Sphrs Faust auf CD


cpo-Produktion aus Bielefeld
Diane Jennings in der Primadonnenrolle.



↑DA CAPO