Faust

Charles Gounod

Aufnahme-Klassiker mit Franco Corelli in der Titelpartie (Decca)

Uraufführung: 1859 (Neufassung 1869)

BESETZUNG

PERSONEN: Doktor Faust (Tenor) – Mephistopheles (Baß) – Valentin (Bariton) – Marguerite, Valentins Schwester (Sopran) – Wagner/Brander (Baßbariton) – Siebel, Margaretes junger Verehrer (Sopran) – Marthe Schwerdtlein, Nachbarin (Mezzosopran)

Deutschland, XVI. Jahrhundert



HANDLUNG

1. Akt
Faust hadert mit dem Leben. Sein Streben nach tiefster Erkenntnis führt nie zum Ziel. Er greift zum Giftbecher, doch der Morgengesang junger Mädchen und Burschen bringt ihn zur Räson. Gott verfluchend, ruft er den Teufel herbei.
Mephisto verspricht Jugend und neue Liebe, wenn Faust ihm seine Seele verschreibt.
Der zum Jüngling verwandelte Faust erblickt das Bild einer jungen Frau, die ihn fesselt.

2. Akt.
Kirchweihfest. Valentin, zieht in den Krieg und bittet seine zechenden Freunde, sich seiner Schwester Margarete anzunehmen.

Kavatine: Avant de quitter ces lieux

Mephisto umgaukelt das Volk mit seinem »Rondo vom Goldene Kalb.

Le veau d'or

Wagner und Valentin prophezeit er den nahen Tod. Siebel, so verkündet er, alle für Margarete bestimmten Blumen würden in seiner Hand verwelken. Nur das Kreuzzeichen kann Mephistos Hexenmeisterkünste bannen.

Walzerszene

Faust erkennt in Margarete sein Traumbild. Doch sie weist ihn ab. Er spricht sie an, wird aber abgewiesen. Mephisto rät zur Geduld.

3. Akt.
Mephistos Zauber wirkt: Siebels Blumenstrauß welkt rasch dahin. Erst durch den Gebrauch von Weihwasser erhalten sie ihre Frisch wieder. Faust schwärmt von Margarete.

Kavatine: Salut! Demeure chaste et pure

Mephisto legt ein Schmuckkästchen vor Margaretes Tür. Das Mädchen träumt singend am Spinnrad von dem schönen Herrn, der sie beim Fest angesprochen hat.

Il était un roi de Thule

Als sie den Schmuck entdeckt, ist sie entzückt.

Arie Ah! je ris
Mephisto lenkt die Nachbarin Marthe mit galanter Konversation ab, damit Faust mit Margarete sprechen kann. Doch das Mädchen vertröstet ihren Vereher.

Als er nächtens Margaretes geheimes Liebesgeständnis vernimmt, kann Faust nichts zurückhalt. Er dringt in Margaretes Gemach ein.

4. Akt.
Margarete, von Faust verlassen, beklagt ihr Schicksal. Siebel kann sie nicht trösten. In der Kirche betet sie für das Kind, das sie erwartet und »für ihn«, den Vater dieses Kindes. Die Kirchengesänge, die Stimme ihres Gewissens und Mephistos höllische Einflüsterungen steigern sich zum unerträglichen Chor.

Valentin kehrt siegreich aus dem Feld zurück.

Déposons les armes

Er findet den verstörten Freund Siebel, Faust, der versucht, Margarete wieder zu gewinnen und Mephisto, der eine anzügliche Serenade singt.

Déposons les armes

Valentin fordert Faust zum Duell und unterliegt dank Mephistos Zauberkünsten. Sterbend verflucht er seine Schwester.

5. Akt
Mephisto führt Faust zur Walpurgisnacht und reicht ihm einen Vergessenstrunk.

Bacchanal

Als Faust Margaretes Bild mit einem blutroten Mal um den Hals sieht, drängt es ihn in die Realität zurück – Er findet Margarete im Kerker. Sie hat im Wahn ihr Kind getötet. An der Stimme erkennt sie den Geliebten. Doch schreckt sie vor der Erscheinung Mephistos zurück. Sie betetg zu Gott, stößt Faust von sich und stirbt. Ostergesänge verkünden ihre Erlösung



Gounod kannte Gérard de Nervals Übersetzung von Goethes Faust, die auch Berlioz als Grundlager seiner Damnation de Faust gedient hatte, seit Jugendtagen. Schon während seines Aufenthalts in Rom skizzierte er eine Vertonung der Walpurgisnacht. Doch erst Anfang der Fünfzigerjahre faßte er den Entschluß, Michel Carrés Faust et Marguerite zur Grundlage einer Oper zu machen.

Nach einer Ablehnung des Projekts durch die Pariser Opéra entwarf Gounod seinen Faust zunächst als Nummernoper mit Dialogen. So wurde das Werk als eine neuartige Mischform zwischen großer Oper und Opéra-Comique 1859 im Théâtre Lyrique uraufgeführt.

Die architektonisch elaborierte Form des Mittelakts mit seiner raffinierten formalen Steigerung von Margaretes Ballade über die Bravour-»Juwelen«-Arie zum Ensemble (Quartett Prenez mon bras), mit dem das große Liebesduett vorbereitet wird, wies der Komposition einen Platz in der großen Oper zu.

Gounod eliminierte in der Folge die gesprochenen Dialoge. Bereits für die Straßburger Premiere, 1860, steuerte er Rezitative bei. Für London komponierte er die Romanze des Siebel am Beginn des vierten Akts. 1864 folgte auch Valentins Avant de quitter ces lieux. Eine große Ballettmusik für die Walpurgisnacht und Mephistos Serenade ergänzten die Pariser Neufassung, die nach mehr als 300 Aufführung des Originals 1869 an der Opéra uraufgeführt wurde. Diese Version der Oper erlebte in italienischer Übersetzung 1883 ihre Premiere an der New Yorker Metropolitan Opera. Dort wurde sie zum meistgespielten Stück des Repertoires.

Aufnahmen

Wie bei den italienischen Repertoirestücken blieb auch bei Gounods Meisterwerk die Landnahme der großen, heldischen Stimmen nicht aus. Eine typische Aufführung des Faust mit Kalibern wie Franco Corelli in der Titelpartie und Nikolai Ghiaurov als Mephisto galt über viele Jahre als Gipfel des Melomanen-Glücks.

Die Besinnung auf die Werte des Belcanto und des dezenteren Vokalstils der französischen Opéra Comique ließ zuletzt auch für Faust Deutungen zu. Die um die Wiedergewinnung französischer Kultur bemühte Stiftung im venezianischen Palazzo Bru Zane brachte eine Gesamtaufnahme der Urfassung des Werks von 1859 heraus - mit leichten, beweglichen Stimmen: Benjamin Bernheim als Faust und Veronique Gens als Marguerite sichern den bekannten Nummern in ihrer ursprünglichen Gestalt, dezent getragen von den Talens Lyriques unter Christophe Rousset ein völlig ungewohntes Klangbild.

Aus den vielen Aufnahmen der gewohnten Zweitfassung ragt ein Livemitschnitt von 1949 aus San Franciso heraus, der einen der schönsten Tenortöne dokumentiert, der je von Mikrophonen eingefangen wurde. Er stammte aus der Kehle des jungen Giuseppe di Stefano und krönte dessen Arie Salut! im Mittelakt - Sir Rudolf Bing, der Direktor der New Yorker Metropolitan Opera, war von di Stefanos Leistung so begeistert, daß er den Tenor vom Fleck weg engagierte.

↑ DA CAPO