IGOR STRAWINSKY 

Symphonie in C

  • Moderato alla breve
  • Larghetto Concertante
  • Allegretto
  • Largo - Tempo giusto, alla breve
  • Komponiert in den Jahren 1938 bis 1940 im Auftrag der amerikanischen Mäzenin Mildered Woods-Bliss, ist die klassizistisch angelegte Symphonie in C das Werk einer schwierigen Phase in Igor Strawinskys Leben.

    1937 war bei Strawinsky - wie zuvor bereits bei seiner Frau und den Töchtern - Tuberkulose diagnostiziert worden. Die Familienmitglieder wurden im Sanatorium Sancellemoz, (Haute-Savoie) in der Schweiz betreut. Tochter Ludmilla und Frau Catherine starben im Winter 1938/39. Im Juni 1939 während er selbst in Quarantäne war, erreichte Strawinsky auch die Nachricht vom Tod seiner Mutter.

    Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ließ bei Strawinsky den Entschluß reifen, in die Emigration zu gehen. Die ersten beiden Sätze seiner (dritten) Symphonie waren in Frankreich und in der Schweiz entstanden.

    Hindemiths Intervention

    Die Manuskripte brachten vor der Drucklegung eine kleine Odyssee hinter sich. Willy Strecker, Leiter des Schott-Verlags, nahm beide Sätze nach Fertigstellung an sich und brachte sie aus der Schweiz nach Deutschland, wo Strawinskys Musik mittlerweile verboten war, die Partitur aber gesetzt wurde. Die Manuskripte brachte dann Paul Hindemiths Frau in die USA, wo die Sätze III und IV vollendet und gedruckt wurden.

    Paul Hindemith selbst überreichte Strawinsky das Konvolut bei einer Begegnung - zwei Klassiker der Moderne im Exil.Nach seiner Übersiedlung in die USA schrieb Strawinsky die beiden anderen Sätze, das Allegretto vollendete er im August 1940 in Boston und zog in Hollywood im August den Schlußstrich hinter die Partitur.

    Die Uraufführung des Werks fand am 7. November 1940 in Chicago statt. Der Komponist selbst stand am Pult des Chicago Symphony Orchestra.

    Hauptwerk des Neoklassizismus

    Die Symphonie wurde zu einem der Hauptwerke der sogenannten neoklassizistischen Phase in Strawinskys Werk, die mit der Ballettmusik zu Pulcinella 1920 begonnen hatte. Formal nutzt Strawinsky die Muster der klassischen viersätzigen Symphonien Haydns und des frühen Beethoven - auch die Dauer mit etwa einer halben Stunden entspricht deren »Maßen«.

    Dem klassizistischen Zuschnitt der Komposition entspricht auch die vollkommen »abstrakte« nur nach musikalisch-formalen Gesichtspunkten gestaltete Musik - sie läßt nicht den geringsten inhaltlichen Bezug zur schwierigen persönlichen Situation des Komponisten zu und entspricht genau Strawinskys einst geäußerten ästhetischen Überzeugungen: Die beste Art Musik zu machen, entspreche der Tätigkeit des Mesners beim Glockleuten vor Beginn der Messe: Er zieht an einem Seil und irgendwo, scheinbar völlig losgelöst davon, ereignen sich die Klänge.

    Wie eine Stilübung in Sachen »Sonatenform« nimmt sich denn auch der erste Satz der Symphonie aus - wenn auch klanglich sofort als Musik von Strawinsky dechiffrierbar. Ironischerweise beginnt das Werk mit einem mehrfach repetierten H, dem Leitton, nicht dem Grundton der Komposition, die im übrigen durchaus die klassische tonale Balance zwischen Tonnika - Dominante und Subdominante wahrt, wenn auch mit subtilen Varianten.
    Auch kann die Tatsache, daß Strawinsky hier das erste Mal seit Jahrzehnten einen Satz in einem durchgehenden Metrum komponiert, nicht über das rhythmische Raffinement hinwegtäuschen. Immer wieder liegen die Akzente »Off-Beat« und überraschen wohl auch Hörer, die das Werk schon kennen, immer aufs neue.

    Apart, wie dieser Kopfsatz zu Ende geht: Er läuft mit einem großen, aus dem Hauptthema gebildeten Legatobogen aus, den Flöte und Klarinette im Abstand von zwei Oktaven über einem unabänderlichen Streicher-Ostinato aufspannen; bis die heftigen Schlußakkorde erklingen.

    Das Larghetto entstand im Sanatorium, im Frühsommer 1939. Elegische Dialoge, immer wieder auch unter Beteiligung solistischer Streicher prägen die Außenabschnitte, die einen heftig bewegten Mittelteil einschließen.

    ↑DA CAPO