Vier letzte Lieder
Richard Strauss (1948)
* 1. Frühling
* 2. September
* 3. Beim Schlafengehen
* 4. Im Abendrot
Die letzten bedeutenden Werke von Richard Strauss entstanden im Schweizer Exil nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs - nach Gedichten von Hermann Hesse (1-3) und Joseph von Eichendorff für Sopran und großes Orchester. Sie zeigen Strauss noch einmal auf der vollen Höhe seiner Meisterschaft, wie sonst nur an den Höhepunkten seiner Opern umflutet der Orchesterklang die weiten Phrasen der Sopranstimme in einem herbstlich-schönen, melancholischen Farbrausch, über dessen Abschiedsstimmung - wie sind wir wandermüde/Ist dies etwa der Tod? - zuletzt die vom Dichter besungenen Lerchentriller schweben.
Die vier Lieder wurden - offenbar auf Wunsch von Richard Strauss - von Kirsten Flagstad uraufgeführt. Die Premiere fand posthum unter Wilhelm Furtwänglers Leitung in London statt. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die folgende Aufführungsgeschichte, die beinah lückenlos von lyrischen Sopranen geschrieben wurde. Eine hinreißende Live-Aufnahme entstand im Jahr nach der Urafführung mit Sena Jurinac unter Fritz Busch in Stockholm, die was die Schönheit der Stimmführung betrifft, für viele Kenner nach wie vor erste Wahl geblieben ist (wenn auch der jugendliche Ton ein wenig querzustehen scheint gegen die Abschiedsstimmung vor allem des vierten Liedes. Es folgte die erste, exzellente Studioproduktion mit Lisa Della Casa unter Karl Böhm (1953).
Die Studio-Produktionen
Parallel dazu nahm Elisabeth Schwarzkopf die Lieder (unter Otto Ackermann) das erstemal auf und brachte einen schlankeren, beinah manierierten Ton ein, der in der Folge stilbildend bleiben sollte. Eine zweite Aufnahme der Schwarzkopf entstand 1965 unter Georg Szell.
Eher an der Jurinac orientierte sich Anfang der Achtzigerjahre Lucia Popp. Die Palme unter den lyrischen Sopranen, die den Zyklus im Plattenstudio realisiert haben, rechten die Rezensenten ziemlich einstimmig Gundula Janowitz, die mehrere grandiose Aufnahmen des Zyklus gemacht hat - am berühmtesten wurde die Berliner Einspielung unter Herbert von Karajan von 1974. Sie gilt gemeinhin als ideal und kann tatsächlich in der Harmonie zwischen der instrumental geführten, silberhell strahlenden Singstimme und dem farbenprächtigen Orchesterklang unter den Studioproduktionen als einzigartig gelten.
Heroische Stimmen im Gefolge der Flagstad haben sich nur selten an die Vier letzten Lieder gewagt. Birgit Nilsson hat 1970 eine Aufnahme unter Leif Segerstam gemacht, Nina Stemme 2006 eine unter Antonio Pappano.